Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
Vom Netzwerk:
doch kam er zurück, während sanft das Lied »Sag mir, wo die Blumen
sind« erklang. »Der Minister . . .« begann er von neuem. »Er hat nichts übrig
für umschweifige Erklärungen. Er sagt immer: Ich glaube nur, was auf einer
Postkarte Platz hat. Er wartet ungeduldig auf handgreifliche Resultate.«
    »Sie
vergessen Prideaux nicht, ja? Einfach alles, was Sie über ihn finden können;
jeder kleinste Wisch ist besser als gar nichts.« Smiley ließ Lacon eine Weile
hierüber nachglotzen, dann zu einem zweiten Abgang ansetzen: »Verrennen Sie
sich auch nicht in eine fixe Idee, George? Es ist Ihnen doch klar, daß Prideaux
höchstwahrscheinlich kein einziges Wort von Witchcraft gehört hat, ehe er angeschossen wurde? Ich begreife wirklich nicht,
warum sie nicht bei der Hauptsache bleiben können, anstatt dieses Herumwühlens
in . . .« Aber inzwischen hatte er sich bereits aus dem Zimmer hinausgeredet.
    Smiley
wandte sich dem letzten Stoß zu: »Operation Witchcraft, Schriftwechsel mit Department.« Department war eine von Whitehalls
zahlreichen beschönigenden Umschreibungen für den Circus. Dieser Band bestand
aus offiziellen Aktennotizen, gewechselt zwischen dem Minister einerseits und
- sofort zu erkennen an seiner berühmten Schulschrift - Percy Alleline andererseits,
der damals noch auf den unteren Sprossen von Controls hierarchischer Leiter
schmachtete.
    Ein recht
glanzloses Denkmal, fand Smiley bei der Durchsicht dieser vielbenutzten Akten,
für einen so langen und grausamen Krieg.
     
    George
Smiley füttert sein Gedächtnis mit Akten aus Oliver Lacons Geheimarchiv
     
    Als Smiley
nun in die Lektüre von Lacons Akten einstieg, erlebte er diesen langen und
grausamen Krieg in seinen wichtigsten Schlachten noch einmal. Die Gegenspieler
waren Alleline und Control, der Ursprung des Krieges im dunkeln. Die Akten
enthielten einen denkbar dürftigen Bericht; Smileys Gedächtnis enthielt weit
mehr. Bill Haydon, der die Ereignisse ebenso sorgfältig wie besorgt verfolgt
hatte, behauptete, die beiden Männer hätten einander in Cambridge hassen
gelernt, wo Control sich kurze Zeit als Lehrer und Alleline als Student
aufgehalten hatten. Laut Bill sei Alleline Controls Schüler gewesen, ein
schlechter Schüler, und Control habe sich über ihn mokiert, was sehr wohl
möglich war. Die Geschichte war so grotesk, daß Control nicht umhin konnte, sie
noch hochzuspielen:
    »Percy und
ich sind Blutsbrüder, höre ich. Haben uns gemeinsam in diesen Stechkähnen, den Punts, getummelt, man stelle sich vor!« Er sagte nie, ob
es wahr war.
    Derartige
Halbmythen konnte Smiley mit ein paar Tatsachen aus dem früheren Leben der
beiden Männer zurechtrücken. Während Controls Herkunft unbekannt war, stammte
Percy Alleline aus dem Süden Schottlands und war in einem Pfarrhaus geboren;
sein Vater war ein presbyterianischer Eiferer, und wenn Percy auch nicht seinen
Glauben hatte, so hatte er doch zweifellos seine sektiererische Unduldsamkeit
geerbt. Er verpaßte den Krieg um ein paar Jahre und kam von einer Firma in der
City zum Circus. In Cambridge hatte er sich ein bißchen als Politiker (gleich
rechts von Dschingis Khan, sagte Haydon, der weiß Gott selber kein
Scheiß-Liberaler gewesen war) und ein bißchen als Sportler hervorgetan. Er war
von einem unbedeutenden Menschen namens Maston angeworben worden, der eine
Zeitlang versucht hatte, sich ein Plätzchen bei der Gegenspionage einzurichten.
Maston sah für Alleline eine große Zukunft voraus, fiel jedoch selber in
Ungnade, nachdem er seinen Schützling frenetisch feilgeboten hatte. Die
Personalabteilung des Circus expedierte Alleline, um ihn loszuwerden, nach
Südamerika, wo er unter konsularischer Tarnung zwei volle Dienstperioden
ableistete, ohne nach England zurückzukehren.
    Sogar
Control gab später zu, wie Smiley sich erinnerte, daß Alleline dort vorzüglich
gearbeitet habe. Den Argentiniern gefiel die Art, wie er ritt und Tennis
spielte, und sie hielten ihn für einen Gentleman - so Control - und nahmen
daher an, er müsse dumm sein, was Percy niemals völlig war. Als er die Stelle
an seinen Nachfolger übergab, hatte er an beiden Küstenstrichen seine
Agentenkette gezogen und war auch schon auf dem Vorstoß nach Norden. Nach einem
Heimaturlaub und einer mehrwöchigen Instruktion wurde er nach Indien versetzt,
wo seine Agenten ihn als den wiedererstandenen britischen Sahib zu betrachten
schienen. Er predigte ihnen Loyalität, zahlte ihnen so gut wie gar nichts und
verbriet sie,

Weitere Kostenlose Bücher