Carre, John le
entsetzliche Lärm.« Sie kehrten zu ihrem Mercedes
zurück.
Eine Weile steckten sie mitten in der Kolonne. Die Lastwagen drängten
sie an den Wegrand, und Flüchtlinge klopften höflich ans Fenster und fragten,
ob sie mitfahren dürften. Einmal glaubte Jerry, Deathwish den Hunnen auf dem
Sozius eines Krads zu sehen. An der nächsten Gabelung befahl Keller dem
Chauffeur, links abzubiegen.
»Ist privater«, sagte er und legte die gute Hand wieder auf das Knie des
Mädchens. Aber Jerry dachte an Frost im Leichenschauhaus und an das Weiß seines
schreienden Kiefers.
»Mein altes Mütterchen hat's mir immer gesagt«, erklärte Keller in volkstümelndem Knautschton: >Mein Sohn,
geh im Dschungel nie den gleichen Weg zurück, den du gekommen bist.< Hon?«
»Ja?«
»Hon, jetzt ist Ihre Unschuld flöten. Entbiete meinen untertänigsten
Glückwunsch.« Seine Hand rutschte noch ein bißchen höher. Nun stürzte
Wasserrauschen über sie herein wie aus einer Unzahl geborstener Rohre, als ein
Wolkenbruch niederging. Sie kamen durch eine Ansiedlung voller Hühner, die wild
auseinanderstoben. Ein Barbiersessel stand leer im Regen. Jerry wandte sich zu
Keller um.
»Diese Sache über die Wirtschaft im belagerten Land«, begann er von
neuem, als sie ihr Interesse wieder einander widmeten. »Marktbeherrschende
Kräfte und so weiter. Glauben Sie, diese Story könnte gehen?«
»Könnte schon«, sagte Keller leichthin. »Ist schon ein paarmal gegangen.
Aber es gibt immer Varianten.«
»Wer sind die Hauptmacher?«
Keller nannte einige.
»Indocharter?«
»Indocharter gehört auch dazu«, sagte Keller. Jerry machte einen kühnen
Vorstoß:
»Ein Clown namens Charlie Marshall fliegt für sie, Halbchinese.
Jemand hat gesagt, er würde reden. Kennen Sie ihn?«
»Nö.«
Er fand, daß er weit genug gegangen war. »Welche Maschinen verwenden
sie vorwiegend?«
»Was sie kriegen können. DC 4 zum Beispiel. Eine genügt nicht. Man muß mindestens zwei haben, eine
zum Fliegen, die andere zum Ausschlachten für Ersatzteile. Billiger, eine
Maschine am Platz zu halten und auszuschlachten als den Zoll zu bestechen,
damit man die Ersatzteile auslösen kann.«
»Wie hoch ist der Profit.«
»Nicht druckbar.«
»Viel Opium dabei?«
»Draußen am Bassac ist eine ganze verdammte Raffinerie. Sieht aus wie
zu Zeiten der Prohibition. Ich kann eine Besichtigung arrangieren, wenn's das
ist, was Sie interessiert.« Das Mädchen Lorraine hatte sich dem Fenster
zugewandt und starrte in den Regen hinaus.
»Ich sehe keine Kinder, Max«, verkündete sie. »Sie sagten, ich soll
Ausschau halten, ob Kinder da sind oder nicht. Ich habe also Ausschau gehalten,
und sie sind verschwunden.« Der Fahrer hielt den Wagen an. »Es regnet, und ich
habe mal gelesen, wenn es regnet, kommen die Kinder in Asien aus den Hütten zum
Spielen. Also, wo sind die Kinder?« sagte sie. Aber Jerry interessierte sich
nicht dafür, was sie mal gelesen hatte. Er duckte sich und lugte durch die
Windschutzscheibe, alles zur gleichen Zeit, als er sah, was der Fahrer gesehen
hatte, und seine Kehle wurde trocken. »Sie sind der Boß, altes Haus«, sagte er
ruhig zu Keller. »Ihr Wagen, Ihr Krieg und Ihr Mädchen.«
Zu seinem Schmerz sah Jerry im Spiegel, wie sich in Kellers Bimssteingesicht
Erfahrung und Unvermögen mischten.
»Fähren Sie langsam auf sie zu«, sagte Jerry, als er nicht länger warten
konnte. »Lentement.«
»Ja, gut so«, sagte Keller. »Tun Sie das.«
Fünfzig Yards vor ihnen, in strömenden Regen gehüllt, hatte sich ein
grauer Lastwagen quer über den Weg gestellt und ihn blockiert. Im Spiegel war
ein zweiter Lastwagen hinter ihnen auszumachen, der den Rückweg versperrte.
»Besser, wir zeigen unsere Hände«, stieß Keller heiser hervor. Mit der
guten Hand kurbelte er sein Fenster herunter. Das Mädchen und Jerry taten es
ihm nach. Jerry wischte den Beschlag von der Windschutzscheibe und legte beide
Hände auf das Ablagebrett.
Der Fahrer hielt das Steuer ganz oben.
»Sie dürfen sie nicht anlächeln, Sie dürfen sie nicht ansprechen«,
befahl Jerry.
»Herrje«, sagte Keller. »Heiliger Gott.«
In ganz Asien, dachte Jerry, schrieben die Reporter ihre Lieblingsgeschichten
über das, was die Roten Khmer einem antaten, und die meisten waren wahr. In
diesem Fall wäre sogar Frost für sein vergleichsweise friedliches Ende dankbar
gewesen. Jerry kannte Reporter, die immer Gift bei sich hatten, sogar eine
versteckte Pistole, um sich eben diesen Fall zu ersparen.
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