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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Kopf schräg, um die vergrößernde Wirkung seiner Brillengläser zu erhöhen.
    »Mit
welchem Dschunkentyp haben wir's zu tun?« fragte Martello.
    »Achtundzwanzig-Mann-Langleiner,
Sir, beködert für Haie, Goldmakrelen und Meeraale.«
    »Hat Drake
auch diesen Typ benutzt?« fragte Martello.
    »Ja«,
sagte Smiley, der noch immer auf die Karte blickte. »Ja, das hat er.«
    »Und sie
kann so weit hereinkommen, wie? Vorausgesetzt, das Wetter tut mit?«
    Wiederum
gab Smiley die Antwort. Bis auf den heutigen Tag hatte Guillam ihn im ganzen
Leben noch nicht einmal das Wort Boot aussprechen hören.
    »Der
Tiefgang eines Langleiners beträgt weniger als fünf Faden«, erklärte er. »Die
Dschunke kann so nah herankommen, wie sie will, immer vorausgesetzt, daß die
See nicht zu rauh ist.« Fawn auf seiner Hinterbank ließ ein unbändiges Lachen
los. Guillam fuhr in seinem Sessel herum und schleuderte ihm einen mörderischen
Blick zu. Fawn feixte und schüttelte den Kopf, er vermochte sich vor Freude
über die Allwissenheit seines Herrn und Meisters gar nicht zu fassen..
    »Aus wie
vielen Dschunken besteht eine Flotte?« fragte Martello. »Zwanzig bis dreißig«,
sagte Smiley. »Schach«, sagte Murphy schwach.
    »Was wird
also unser Nelson machen, George? Sich an den Rand der Meute schieben, ein
bißchen rumzockeln?«
    »Er wird
zurückbleiben«, sagte Smiley. »Die Flotten formieren sich in Kiellinie. Nelson
wird seinen Skipper anweisen, die Nachhut zu bilden.«
    »Gott
geb's«, murmelte Martello vor sich hin. »Murphy, welches sind die
traditionellen Erkennungszeichen?«
    »Sehr
wenig bekannt in dieser Gegend, Sir. Die Bootsleute sind notorisch schwer zu
fassen. Haben keinen Respekt vor dem Seerecht. Draußen auf dem Meer setzen die
Boote überhaupt keine Lichter, schon aus Furcht vor den Piraten.«
    Smiley war
wieder für die Welt gestorben. Er war in hölzerne Starre versunken, und obwohl
seine Augen unverwandt auf die große Seekarte blickten, war er im Geist, wie
Guillam wußte, überall, nur nicht bei Murphys öden, statistischen Aufzählungen.
    Nicht so
Martello.
    »Wie
umfangreich ist der gesamte Küstenhandel, Murphy?
     »Sir, es
gibt keine Kontrollen und keine Angaben.
     »Bestehen
Quarantänekontrollen, wenn die Dschunken in die Gewässer von Hongkong
einfahren, Murphy?« fragte Martello.
     »Theoretisch
sollte jedes Fahrzeug anhalten und sich kontrollieren lassen, Sir.«
    »Und in
der Praxis, Murphy?«
    »Dschunken
haben ihre eigenen Gesetze, Sir. Technisch gesehen ist es den Dschunken
verboten, zwischen Victoria Island und Kowloon Point zu verkehren, Sir, aber
das letzte, was die Briten sich wünschen, ist ein GekabbeL mit Festlandchina
wegen der Wegerechte. Verzeihung, Sir.«
    »Keine Ursache«,
sagte Smiley höflich und wandte den Blick nicht von der Karte. »Briten sind
wir, und Briten werden wir bleiben.« Es ist sein Karla-Gesicht. Das gleiche,
das er immer hat, wenn er das Foto ansieht. Sein Blick fällt darauf, er ist
erstaunt und scheint es eine Weile zu studieren, die Konturen, die
verschwommenen, blicklosen Augen. Dann erlischt in seinen eigenen Augen langsam
das Licht und irgendwie auch die Hoffnung, und man spürt, daß er sich in
äußerster Erregung in sich selber zurückzieht. »Murphy, sprachen Sie nicht
soeben von Positionslichtern?« fragte Smiley, wobei er den Kopf ein wenig
drehte, die Karte jedoch nicht aus den Augen ließ. »Ja, Sir.«
    »Ich
erwarte, daß Nelsons Dschunke drei Lichter setzt«, sagte Smiley. »Zwei grüne
untereinander am Heckmast, und ein rotes Licht steuerbords.«
    »Ja, Sir«,
sagte Murphy wieder.
    Martello
versuchte, Guillams Blick zu erhaschen, aber Guillam spielte nicht mit.
    »Vielleicht
aber auch nicht«, warnte Smiley nach einigem Überlegen. »Vielleicht setzt sie
überhaupt keine Lichter und signalisiert erst, wenn sie ganz nah ist.«
    Murphy
nahm seinen Vortrag wieder auf. Ein neues Kapitel: Nachrichtenverbindungen.
    »Sir, zu
den Nachrichtenverbindungen ist zu sagen, daß nur wenige Dschunken ein eigenes
Funkgerät haben, aber fast alle haben einen Empfänger. Gelegentlich kauft ein
Skipper ein Walkie-Talkie mit etwa einer Meile Reichweite, um das Trawlen zu
erleichtern, aber sie machen es schon so lange, daß sie einander kaum etwas
mitzuteilen haben dürften. Ferner, wie sie ihren Weg finden, also dazu sagt
Navy Int., es grenze an ein Wunder. Wir haben zuverlässige Informationen,
wonach manche Langleiner mit Hilfe eines primitiven Kompasses navigieren

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