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Cash

Cash

Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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er die mühelosen Proportionen eines Teenagers zur Schau stellte, mit diesem Mädchen und jenem Mädchen, mit Billy, mit seiner Mutter, mit Minette und Nina, bei der Herstellung seines wohl ersten Tattoos, worüber die Kids in den Reihen so begeistert lachten, wie sie nur konnten. Billy strahlte sie jetzt an, während sie sich tapfer bemühten, dem Euphemismus feiern gerecht zu werden.
    Die Musik ging in »He 's a Rebel« über, noch so ein Schlag in die Magengrube für den Mann, aber, dachte Matty, welches Stück wäre das nicht. Die Dias waren offenbar chronologisch geordnet: Ike in irgendeiner europäischen Stadt mit Kumpels im College-Alter, auf einem Podium lesend und gestikulierend vor einer Menge, die dieser ähnlich war, auf einem Futon mit einer langhaarigen Frau, den Handrücken schützend vor den Augen, nachdem der Blitz offensichtlich beide aufgeweckt hatte. Erneut pfiff das Publikum anerkennend.
    Diese Bilder schienen Billy leichter zu fallen - sein Sohn als Mann, vermutete Matty, der wahrscheinlich weniger Nestwärme brauchte als eine gelassene, unterstützende Bewunderung oder was immer ein normaler Vater für sein Kind jenseits der Pubertät zu empfinden hat.
    Das Problem mit Matty Junior war, dass er ein Rüpel war, und es war so schwer, einen Rüpel zu lieben. Aber er war schon immer ein mittelkluger, übergroßer Junge gewesen, der, obwohl völlig unsportlich, seiner Größe wegen zum Football und Basketball gedrängt worden war und sich so zum Affen gemacht hatte. Ziemlich bald hatte Matty sich angewöhnt, all seine Spiele zu meiden. Und damals stritt er dauernd mit Lindsay und trank zu viel. Matty erinnerte sich jetzt an einen Abend, als der Junge im Pyjama ins Wohnzimmer kam, bestimmt nicht älter als sieben, und Matty halbwegs zugedröhnt rausplatzte: »Allmächtiger, ist das 'ne Wuchtbrumme«, als hätten sie gute Chancen auf den ersten Preis bei der Landwirtschaftsausstellung. Und als er zehn war, wurde er für irgendwelche Ausfälle zum Schulpsychologen geschickt. Das sollte vertraulich sein, doch alle seine Klassenkameraden wussten, wo er hinging, bevor er dort überhaupt angekommen war, und an dem Tag kam Matty Junior hysterisch lachend nach Hause. »Ich bin ein Spasti! Ich bin ein Spasti! Ich musste zum Seelenklempner, und so nennen mich die anderen!«, heulte er vor Lachen, doch er wollte nicht angefasst werden. Matty ging trotz Sorgen einfach zur Arbeit, und Lindsay war diejenige, die am Tag darauf zur Schule ging und Krach schlug.
    Auf dem letzten Dia streckte Ike dem Fotografen den nackten Hintern entgegen, und als das Begleitstück, Wilson Picketts »International Playboy«, den Putz von den Wänden pustete, brachen die Reihen erneut in begeistertes Grölen aus. Da drehte sich Billy auf einmal zu Matty um, als wären sie die ganze Zeit im Gespräch gewesen. »Verfluchte Kids, was?«, sagte er, die Stimme rau vor Dankbarkeit, und drückte Mattys Arm.
     
    Der erste Redner, ein fahrig wirkender junger Mann in Ikes Alter, trat in der erwartungsvollen Stille nach Boulwares Begrüßung ans Mikro, stand da und blinzelte ins Publikum, als leuchtete ihm eine Taschenlampe in die Augen. Selbst von der Mitte der riesigen Halle aus konnte Matty sehen, dass seine Hände zitterten. »Ich heiße Russell Cafritz?«
    «Russell...«, murmelte Billy.
    »Und ich kannte Ike seit sieben Jahren, da wohnten wir im ersten Semester an der Ohio State in einem Zimmer.« Er hustete in die Faust und verlagerte das Gewicht, so dass die Schuhe sich berührten. »Weiter, Russ«, rief einer im Publikum, und er lächelte dankbar. »Das erste ... Ich will euch erzählen, was Ike in der ersten Woche, die wir zusammen gewohnt haben, für mich getan hat. Ich hatte solches Heimweh, also ... Ich habe mich immer in den Schlaf geweint, länger, als ich zugeben mag, bis Ike eines Abends zu mir kam, sich auf mein Bett setzte und sagte, dass es ihm genauso geht. Er sagte: >Ich mache Folgendes, vielleicht solltest du das auch ausprobieren: Ruf eine Weile nicht zu Hause an. Du bist nicht allein, du hast mich, ich bin dein Zimmerkumpel, versuch einfach, nicht so oft zu Hause anzurufen, und schäm dich nicht deswegen. Mit etwas Glück werden wir beide damit fertige Und wir schafften es. Na, ich jedenfalls.< Ich glaube, Ike hatte mich angelogen, ich glaube nicht, dass er auch nur einen Tag in seinem Leben Heimweh hatte. Aber was ich sagen wollte ... Ich komme aus Columbus. Meine Eltern wohnten zehn Blocks vom Campus entfernt, aber

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