Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
die natürlichen Wellen durch das Gewicht. Deshalb kräuseln sie sich auch bei Regen, wie du erzählt hast.«
»Was hat das damit zu tun?« schrie ich noch mal. »Tut mir leid, daß meine Haare nicht platinblond sind wie bei meiner Mutter und bei Jillian! Aber Troy mag sie, er hat es mir schon oft bestätigt. Er liebt mich, Tony, und er hat so lange dazu gebraucht, bis er’s mir gestand. Er hat mir auch erzählt, daß er schon mit seinem Leben abgeschlossen hatte, bis ich erschien. Ich konnte ihn überzeugen, daß seine Vorahnung über einen frühen Tod gar nicht zutreffen muß.«
Zum zweiten Mal stand er auf, dehnte und streckte sich wie eine Katze. Dann beugte er sich vor, um seine Bügelfalte zwischen Daumen und Zeigefinger glattzustreichen. »Ich gestehe, daß ich keine besondere Vorliebe für derart dramatische Geständnisse besitze. Ich würde es vorziehen, wenn alle Dramen auf Bühne oder Leinwand beschränkt blieben, denn ich bin ein sehr beherrschter Mensch. Trotzdem muß ich jemanden wie dich bewundern, jemanden, der leicht explodiert. Vielleicht hat du keine Ahnung davon, aber Troy hat dasselbe Temperament, nur lädt er sich langsam auf. Und wenn er explodiert, geschieht’s innerlich und richtet sich gegen ihn selbst. Deshalb auch meine Vorsicht, ich betone nochmals, daß ich meinen Bruder mehr liebe als mich selbst. Er ist wie mein Sohn. Und ehrlicherweise muß ich auch zugeben, er ist der Grund, weshalb ich nie wirklich einen eigenen Sohn haben wollte. Denn der würde Troy um seine Erbschaft bringen. Vermutlich weißt du doch, daß Troy der Genius ist, der hinter Tatterton Toys steckt. Er ist derjenige, der schöpferisch arbeitet, der entwirft und erfindet. Ich dagegen fliege als vielgepriesener Handelsvertreter durch die Welt und bin nur das Aushängeschild. Selbst in zehn Jahren könnte ich keine einzige originelle Idee hervorzaubern, um ein neues Spielzeug oder Brettspiel zu erfinden. Dagegen gelingt Troy das mühelos. Er macht genauso Vorschläge für Spiele, wie er ständig neue Sandwiches erfindet, die er so mag.«
Ich konnte ihn nur noch anstarren. Warum erzählte er mir das alles gerade jetzt?
»Troy gehört der Vorsitz, und nicht irgendeinem Sohn, den ich haben könnte. Deswegen zieh dich bitte mit wenig Tam-Tam aus seinem Leben zurück. Ich werde dableiben und darauf aufpassen, daß er damit fertig wird. Du kannst zu deinem Freund Logan gehen, und ich werde dir auf ein Bankkonto zwei Millionen Dollar überweisen. Stell dir vor, zwei Millionen Dollar!«
Er lächelte mich an, charmant, gewinnend, bittend. »Tu’s für Troy, für dich und deine Karriere, die du anstrebst. Tu’s für mich und für deine Mutter, deine schöne, tote Mutter.«
»Was hat sie denn damit zu tun?« Laut kreischte ich los. Ich haßte ihn, weil er so viel schlechten Geschmack besaß, sie hier ins Spiel zu bringen.
»Alles…« Und er wurde immer lauter und zorniger, als ob meine Leidenschaft die Luft verbrauchen und ihm ein Feuer unter den Füßen anzünden würde.
17. K APITEL
M EINE M UTTER , MEIN V ATER
»Ich will es wissen, was es auch ist!« schrie ich. Dabei rutschte ich unruhig in meinem Sessel hin und her und beugte mich vor.
Tonys Stimme wurde hart. »Das ist nicht einfach für mich, Mädchen, ganz und gar nicht einfach. Ich versuche, dir einen Gefallen zu tun, aber damit erweise ich mir selbst ganz und gar keinen guten Dienst. Jetzt verhalt dich still, bis ich fertig bin… Dann kannst du mich so hassen, wie ich es auch verdiene.«
Diese eiskalten, blauen Augen lähmten meine Zunge. Regungslos saß ich da.
»Leigh schien mich von allem Anfang an zu hassen. Nie konnte sie mir verzeihen, daß ich ihre Mutter ihrem Vater weggenommen hatte. Ich versuchte, ihre Sympathie zu gewinnen, aber darauf legte sie keinen Wert. Ich tat ihr in keiner Hinsicht weh, aber ihr Vater war tief unglücklich. Und schließlich ließ ich es sein, sie überreden zu wollen. Es war mir klar, daß sie mir die Schuld daran gab. Desillusioniert kam ich aus meinen langen Flitterwochen mit Jill zurück. Aber ich versuchte, es niemandem zu zeigen. Jill ist absolut unfähig, irgend jemanden mehr zu lieben als sich selbst und ihr ewig junges Aussehen. Mein Gott, wie gern schaut diese Frau in den Spiegel! Ich hatte es satt, zuzusehen, wie immer jedes Haar genau an seinem Platz sein mußte, wie sie verstohlen prüfte, ob ihre Nase nicht glänzte und der Lippenstift verschmiert war.« Er lächelte schief und bitter.
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