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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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erst vierundfünfzig, als sie starb, aber sie hatte wie neunzig ausgesehen. O Gott, das tat erbärmlich weh. Trotzdem wußte ich nicht, was ich tun oder sagen sollte, und mein Herz klopfte rasend schnell. Dann kam die Erleichterung, strömte durch mich und überwältigte mich, so daß ich wieder atmen, mich entspannen und sogar ein zittriges Lächeln zustande brachte. Am Schluß würde alles gut ausgehen. Eines Tages würde ich Tom, Fanny, Keith und Unsere-Jane wieder vereinen, unter meinem eigenen Dach. Aber das konnte warten, bis ich meine Zukunft mit einer guten Ausbildung sicher im Griff hatte.
    »Für Winterhaven gibt es eine ellenlange Warteliste, aber ich kann sicher ein paar Fäden ziehen und dich hineinbringen – das heißt, wenn du eine gute Schülerin bist. Du wirst eine Aufnahmeprüfung bestehen müssen, um deinen Bildungsstand feststellen zu lassen, Mädchen aus aller Welt wollen unbedingt nach Winterhaven. Wir werden zusammen einkaufen gehen, du und ich, und Jillian ihren eigenen Angelegenheiten überlassen. Du wirst besonders warme Kleider brauchen, Mäntel, Stiefel, Hüte, Handschuhe, Abendkleider und Sportkleidung. Du wirst die Familie Tatterton vertreten, und wir haben gewisse Standards gesetzt, nach denen du leben mußt. Du wirst Taschengeld brauchen, um deine Freunde einzuladen und dir, was immer du möchtest, kaufen zu können.« Wie verhext war ich in diesen faszinierenden Wunschvorstellungen von Reichtum versunken, wo ich alles, was ich wollte, kaufen konnte und wo die College-Erziehung, die immer weit außerhalb der Reichweite gelegen hatte, plötzlich greifbar nahe war.
    »Diese Frau, Sarah, die du erwähntest, dieses Mädchen, das dein Vater kurz nach Leighs Tod heiratete, wie war sie?«
    Warum wollte er das wissen? »Sie stammte aus den Bergen, war groß und grobknochig, mit leuchtenden rotbraunen Haaren und grünen Augen.«
    »Es interessiert mich nicht, wie sie aussah. Wie war sie?«
    »Ich liebte sie, bis sie sich…« und ich wollte ergänzen, »von uns abwandte«, bevor ich plötzlich verstummte. »Ich liebte sie, bis sie weglief, weil sie herausgefunden hatte, daß Pa im Sterben lag.«
    »Du mußt Sarahs Namen aus deinem Gedächtnis streichen. Und du darfst nicht darauf hoffen, sie wiederzusehen.«
    »Ich habe keine Ahnung, wo Sarah ist«, entgegnete ich hastig, als ob ich Sarah verteidigen müßte, die es ja versucht hatte, aber gescheitert war…
    »Heaven, wenn ich etwas in vierzig Jahren gelernt habe, dann die Tatsache, daß böse Saat immer aufgeht.«
    Ahnungsvoll starrte ich ihn an.
    »Noch einmal, Heaven, wenn du ein Mitglied dieser Familie wirst, muß du deine Vergangenheit aufgeben, alle Freunde, die du damals gewonnen hast, alle Kusinen, Tanten oder Onkel. Du wirst dir ein höheres Ziel setzen, als nur noch ein Lehrer zu sein, der sich in den Bergen vergräbt, wo sich nichts verbessern wird, bis sich die Leute endlich dazu entscheiden, selbst etwas zu verbessern. Du wirst nach dem Standard der Tattertons und der VanVoreens leben, die keine Durchschnittsbürger wurden, sondern außergewöhnliche. Wir verpflichten uns nicht nur in Worten, sondern tatsächlich – und das betrifft beide Geschlechter.«
    Was für ein Mann war er, um soviel zu fordern? Kalt und gemein, dachte ich und versuchte intensiv meine wahren Gefühle zu verbergen, auch wenn ich wütend aufstampfen und ihm geraderaus erzählen wollte, was ich von derart grausamen Einschränkungen hielt. Und ich begann zu vermuten, weswegen meine Mutter davongelaufen war. Dieser grausame, fordernde Mann! Und dann, typisch Casteel-Lumpenpack, schoß mir ein heimtückischer Gedanke durch den Kopf: Nicht einmal Tony Tatterton konnte meine Gedanken lesen. Von meinen Briefen an Tom und Fanny würde er keine Ahnung haben. Er wollte ein Diktator sein – gut, sollte er doch. Ich würde mein eigenes Spiel spielen.
    Demütig senkte ich den Kopf. »Alles, was du sagst, Tony.« Daraufhin ging ich kerzengerade und mit hocherhobenem Kopf die Treppe hinauf. Bittere Gedanken begleiteten meine Schritte. Je mehr sich die Dinge veränderten, desto mehr blieben sie die alten. Ich war unerwünscht – sogar hier.

 
    5. K APITEL
     
    W INTERHAVEN
     
     
     
    Gleich am nächsten Tag übernahm Tony mein Leben, als ob weder ich noch Jillian irgend etwas dazu zu sagen hätten. Er entwarf Stundenpläne für jede Minute meines Tages und verdarb so einiges von dem Vergnügen, das ich dabei gehabt hätte, wenn er etwas langsamer eine Prinzessin aus

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