Castle 2: Naked Heat - In der Hitze der Nacht (German Edition)
hinein, doch das Schloss ließ sich nicht öffnen. Er fummelte daran herum und übte mehr Druck aus, da er sich erinnerte, dass der Bart des Schlüssels frisch geschliffen war, sodass er vielleicht ein wenig hin und her bewegt werden musste, bis er richtig im Schloss eingerastet war. Doch es tat sich immer noch nichts. Er sah genauer hin und erkannte, dass er den Schlüssel versehentlich ins Schloss des Fachs mit der Nummer 416 gesteckt hatte, als er vom Mann hinter der Theke abgelenkt worden war.
Der Schlüssel glitt widerstandslos in Schloss Nummer 417, und nach einer kurzen Drehung öffnete sich die Tür. Rook ließ sich auf ein Knie hinunter und sah mit pochendem Herzen hinein.
Zwei Minuten später befand er sich in einem weiteren Taxi nach Tribeca und versuchte erneut, Nikki zu erreichen. Sie war immer noch im Vernehmungsraum. Dieses Mal hinterließ Rook keine Nachricht. Er lehnte sich auf der Rückbank des Taxis zurück und nahm den beschriebenen Stapel Papier heraus. Die Seiten waren gewellt, weil sie halb zusammengerollt worden waren, um in das Postfach zu passen, also strich er sie auf seinem Oberschenkel glatt und hielt das mit einer Büroklammer zusammengehaltene Bündel ins Licht, um den Titel des Kapitels noch einmal lesen zu können.
KAPITEL ZWANZIG
ABBLENDE
ACHTZEHN
Nikki Heat hatte ein Faible für Hände. In einem Vernehmungsraum waren die körperlichen Reaktionen der Person auf der anderen Seite des Tisches ebenso wichtig wie das, was die Person sagte – oder nicht sagte. Gesichtsausdrücke waren natürlich am entscheidendsten. Doch auch die Körperhaltung, das Verhalten (unruhig, nervös, gelassen, kontrolliert und so weiter), der Hygienezustand und die Kleidung spielten eine Rolle. Und nicht zuletzt die Hände verrieten ihr viel. Soleil Grays Hände waren vom ständigen Tanztraining schlank und stark gewesen. Stark genug, wie sich herausstellte, um Mitchell Perkins mit solcher Heftigkeit zu überwältigen, dass die Leute davon ausgegangen waren, der Angreifer wäre ein Mann gewesen. Am Tag zuvor hatte Nikki während der Vernehmung der Sängerin den Schnitt an ihrem Knöchel falsch gedeutet und ihn einem Unfall bei den Proben zugeschrieben anstatt einem Straßenüberfall.
Nun versuchten Selbstzweifel, die Kontrolle über Heat zu übernehmen und sie mit der bösartigen Vorstellung zu quälen, dass sie die Tragödie hätte verhindern können, wenn sie sich diese Hand nur mit einem offeneren Blick für die Ursache der Verletzung angesehen hätte. Sie teilte dieser Idee mit, dass sie sich hinten anstellen sollte. Sie würde sich später um sie kümmern.
Morris Granvilles Hände waren weich und blass, als ob er sie jeden Tag in Bleiche baden würde. Außerdem kaute er offenbar an seinen Nägeln, obwohl er es nicht vor ihren Augen tat. Geschwollene und gereizte Hautstellen umgaben den Nagelstummel an der Spitze jedes Fingers, und wo die Nagelhaut keine Kruste gebildet hatte, lag sie offen. Sie dachte über diese Hände und seinen einsamen Lebensstil nach und beschloss, ihre Voreinschätzung sofort zu beenden.
Seine Gedanken kreisten ebenfalls um Soleil Gray, und Nikki entging nicht, dass ihr verhasster Moment des Ruhms genau das war, was Morris Granville zu ihr geführt hatte. Er hatte nach Detective Heat verlangt, weil ihre Verbindung zu der verstorbenen Sängerin öffentlich bekannt war. Auf diese Weise konnte er diesen besonderen Moment der Bindung mit ihr teilen: die Nacht, in der er sah, wie sich Soleil auf dem Bürgersteig vor einem Club mit ihrem ehemaligen Verlobten Reed Wakefield stritt.
„Und Sie sind sich sicher, dass es die Nacht war, in der Reed Wakefield starb?“, fragte Heat. Sie war das bereits mehrfach mit ihm durchgegangen, hatte dieselbe Frage in der letzten halben Stunde auf viele verschiedene Arten gestellt und dabei nach einem Ausrutscher gesucht. Morris Granville war ein echter Prominentenstalker. Aus diesem Grund ließ Heat große Vorsicht walten. Sein Erlebnis mochte ein wichtiges fehlendes Teil des Puzzles liefern, doch Heat wollte sich nicht in einem schwachen Moment der Hoffnung blind auf diese Chance stürzen.
Nikki hatte sämtliche Rückmeldetests durchgeführt. Sie hatte ihn gefragt, welcher Tag es gewesen war. „Der vierzehnte Mai.“ Welcher Wochentag es gewesen war. „Ein Freitag.“ Wie das Wetter gewesen war. „Es nieselte immer mal wieder. Ich hatte einen Regenschirm dabei.“ Ob es Sicherheitsleute gegeben hatte. „Ich sagte doch schon,
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