Celinas Tochter
daà es nicht so gut war.«
Die beiden starrten sich lange an. Sein Gesicht war zerfurcht und verwittert wie ein Berghang, aber eines der attraktivsten, das sie je gesehen hatte.
Wann immer sie zusammen waren, wurde sie sich unwillkürlich seiner bewuÃt, seines Körpers, der Art, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Sie sah ein, daà das vom professionellen Standpunkt aus unmoralisch und leichtsinnig war, und vom persönlichen her kompromittierend. Er hatte zuerst ihrer Mutter gehört.
Dennoch spürte sie zu oft den Drang, ihn zu berühren oder von ihm berührt zu werden. Gestern nacht wäre sie gerne länger in seiner Umarmung geblieben und hätte sich ausgeweint. Gott sei Dank war er vernünftigerweise gegangen.
Zu wem nur? fragte sich Alex. Wo und wann hatte das unbefriedigende Liebesspiel stattgefunden? War es passiert, bevor oder nachdem er sie in ihrem Motelzimmer aufgesucht hatte? Warum war es nicht gut gewesen?
Einige Sekunden verstrichen, bis sie den Kopf senkte und sich wieder den Akten zuwandte.
Aber so einfach lieà er sich nicht ignorieren. Er streckte die Hand aus, nahm ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Ich hab Ihnen gesagt, daà Celina verbrannt wurde.«
Sie sprang auf. »Nachdem Sie und Richter Wallace die
Köpfe zusammengesteckt und es besprochen haben. Mir kommt das etwas zu passend vor.«
»Sie haben Freude daran, sich Dinge einzubilden.«
»Warum hat Junior dann nicht erwähnt, daà Celina verbrannt wurde, als er mich auf dem Friedhof sah? Ich überlege, ob sie tatsächlich dort beerdigt ist. Deswegen gehe ich all diese Akten durch.«
»Warum sollte ich Sie anlügen?«
»Um mich daran zu hindern, die Leiche exhumieren zu lassen.«
»Und noch einmal, warum? Was hab ich denn davon? Was bringt mir das?«
»Lebenslänglich«, sagte sie grimmig. »Der Gerichtsmediziner könnte Sie als ihren Mörder identifizieren.«
»Ah...« Da ihm kein passendes Schimpfwort einfiel, schlug er mit der Faust in seine Handfläche. »Ist es das, was sie euch bei den Juristen beibringen â nach Strohhalmen haschen, wenn alles andere schiefgeht?«
»Genau.«
Er stemmte seine Hände auf den Schreibtisch und beugte sich vor. »Sie sind keine Anwältin, Sie sind eine Menschenjägerin.«
Das tat weh, weil Alex sich ohnehin wie eine vorkam. Diese Suche hatte etwas von einer verzweifelten Inquisition, die in ihrem Mund einen schlechten Nachgeschmack hinterlieÃ. Sie setzte sich wieder und legte ihre Hände auf die offenen Akten.
Dann wandte sie sich ab und sah hinaus in die winterliche Landschaft. Die kahlen Ãste der Platanen waren von Eisröhren umschlossen. Kleine Hagelkörner hämmerten gegen die Fensterscheiben. Der Himmel und alles darunter waren tot, armselig grau, alle Konturen verwischt. Die Welt sah monochrom aus â ohne Licht und Schatten.
Doch einige Dinge waren schwarz-weiÃ. Vor allem das Gesetz.
»Das könnte stimmen, wenn da nicht ein Verbrechen
passiert wäre, Reede«, sagte sie und drehte sich wieder zu ihm. »Aber es ist passiert. Jemand hat diesen Stall betreten und meine Mutter erstochen.«
»Mit einem Skalpell. Richtig«, sagte er voller Abscheu. »Können Sie sich Angus, Junior oder mich mit einem chirurgischen Instrument in der Hand vorstellen? Warum sollten wir sie nicht mit bloÃen Händen töten? Sie erwürgen?«
»Weil ihr alle zu clever seid. Einer von euch hat es so hingedreht, daà es als eine Wahnsinnstat deklariert werden konnte.« Sie legte die Hand an ihre Brust und fragte ganz ernst: »Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie da nicht wissen wollen, wer dieser jemand war und warum er es getan hat? Sie haben Celina geliebt. Wenn Sie sie nicht getötet haben...«
»Das habe ich nicht.«
»Wollen Sie denn dann nicht wissen, wer es war? Oder haben Sie Angst, daà sich herausstellt, daà ihr Mörder jemand ist, den Sie lieben.«
»Nein, ich will es nicht wissen«, sagte er mit Nachdruck. »Und bis Sie einen Durchsuchungsbefehl haben...«
»Miss Gaither?« Mr. Davis betrat das Zimmer. »Ist es das, wonach Sie suchen? Ich habe es in einem Aktenschrank in meinem Lager gefunden.« Er reichte ihr eine Mappe und huschte dann rasch aus dem Raum, um Reedes giftigem Blick zu entkommen.
Alex las den Namen, der auf der Akte stand. Sie warf einen Blick
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