Challenges (Beachrats: Teil 9) (German Edition)
deine Mutter und ich denken, dass du noch nicht alt genug bist, um zu wissen, was du wirklich fühlst. Du bist schließlich erst vierzehn, Sean.«
»Ich bin fünfzehn«, sagte ich. »Und ich werde im Oktober sechzehn.«
»Trotzdem«, sagte er und sah auf seine Uhr. »Ich fürchte, wir müssen die Unterhaltung an dieser Stelle abbrechen. Ich habe heute Abend noch eine Verabredung.«
Das war es. Mein großes Coming Out. Sie glaubten mir einfach nicht. Sie trauten mir auch nicht zu, dass ich wusste, was ich empfand und sie wollten sich auch nicht die Zeit nehmen, sich damit zu beschäftigen.
»Vergiss nicht, dass ich morgen zu dieser Konferenz nach Stanford fliege«, sagte meine Mutter, als Dad aufstand und sie auf die Wange küsste.
»Richtig, das hätte ich beinahe vergessen. Und ich muss nächste Woche nach Richmond.«
Es war das erste Mal, dass ich von beiden Reisen hörte.
Als ich noch klein war, engagierten sie einen College -Studenten, um in unserem Haus zu bleiben und meinen Babysitter zu spielen, aber das hatte aufgehört, als ich zwölf war. Seitdem ließen sie mich einfach alleine. Und zwar ziemlich oft.
Ich war ein vernachlässigtes Kind. Ich hatte so viel Geld und materielle Dinge, mit denen ich nichts anzufangen wusste. Ich lebte in einem wundervollen Haus, hatte die besten Klamotten und wusste, dass ich einen tollen Wagen bekommen würde, sobald ich alt genug war, um fahren zu können. Darüber hinaus bekam ich pro Woche zweihundert Dollar Taschengeld. Ich hatte alles, abgesehen von Eltern, die mir zuhörten oder sich für mich interessierten. Ich lebte im Luxus, aber trotzdem ging es mir beschissen.
»Hast du es deinen Eltern gesagt?«, fragte Jared mich am nächsten Tag.
»Ja, aber sie haben mir nicht geglaubt. Es gibt in unserer Familie keine genetischen Hinweise auf Homosexualität, also bin ich nicht schwul.«
»Das ist ziemlich extrem.«
»Ich weiß«, stimmte ich zu.
Jared war ein ziemlich cooler Typ, aber er wollte oft mit Kerlen in seinem Alter herumhängen. Ich meine, ich sehe älter aus als ich bin, aber das änderte nichts daran, dass ich erst fünfzehn war.
Als die Polizei in einem Club, in den er mich mitgenommen hatte, eine Razzia durchführte, war die Kacke so richtig am Dampfen. Sie verhafteten mich wegen Alkoholkonsums bei Minderjährigen und natürlich riefen sie mitten in der Nacht meine Eltern an. Ironischerweise war es der vierte Juli, der Unabhängigkeitstag.
»Wer war der Kerl, mit dem du zusammen warst?«, verlangte mein Vater zu wissen, als wir nach Hause kamen.
»Sein Name ist Jared und er ist mein Freund. Wir gehen seit einem Monat miteinander aus.«
»Ausgehen?«, fragte er.
Er sagte es in einem fassungslosen Ton, als hätte ich ihm gerade einen Mord gestanden.
»Ja, Dad«, bestätigte ich ihm. »Schwule Kerle gehen auch miteinander aus, weißt du?«
»Rede nicht in diesem Ton mit mir«, warnte er mich. »Ich möchte, dass du sofort aufhörst, ihn zu sehen. Er ist viel zu alt, um dein Freund zu sein und das Fiasko heute Abend beweist es.«
Ich antwortete nicht.
»Sag schon etwas«, forderte er mich auf.
»Was soll ich sagen, Dad? Er ist mein Freund. Ich mag ihn und wir haben Spaß zusammen. Warum sollte ich aufhören, mit ihm auszugehen?«
»Du bist unmöglich«, sagte er. »Deine Mutter und ich haben morgen volle Terminkalender. Wir reden ein anderes Mal darüber. Geh ins Bett, es ist zwei Uhr morgens.«
Und so war es eben. Schwul zu sein war okay, außer für mich. Einen Freund zu haben war okay, außer für mich. Eine unabhängige Person zu sein war okay, außer für mich.
Direkt nach dem vierten Juli erwirkte mein Dad eine einstweilige Verfügung gegen Jared und er ließ mich sofort fallen, wie eine heiße Kartoffel. Ich verstand, dass er es tun musste, wenn er keine Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen wollte.
Gegen Ende August entdeckte ich dann Jeffs Blog. Er schrieb dort schon seit mehreren Monaten und ich verschlang die Beiträge in seinem Archiv wie ein Verhungernder, dem plötzlich ein Festmahl vorgesetzt wird. Ich las über die Leute in Newport Beach und ich hatte Sehnsucht danach, in dieser Umgebung zu sein. Jeff war ein guter Autor und er malte mit seinen Worten Bilder einer unglaublich glücklichen, schwulen Familie, die einen großen Freundeskreis hatte, in dem sich alle liebten oder zumindest gegenseitig respektierten. Ich wusste einfach, dass ich dort hinmusste, um ein Teil davon zu werden.
Ich schrieb Jeff eine E-Mail, in der
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