Chaos Erde
unglaublich viel zu tun hat – das ist ein ungewöhnlicher Witz, weil der CB dabei recht gut davonkommt –, und schließlich hat der CB die Nase voll und sagt: >Nun sehen Sie doch mal her, ich sitze ja schon bis über die Ohren im Scheiß.< Natürlich ist das sofort im wahrsten Sinne des Wortes der Fall, und der Besucher merkt am eigenen Leibe, wie es ist, wenn man bis über die Ohren in der Scheiße steckt, ho-ho-ho! Nicht daß die Yelignesen Ohren hätten, wie wir sie kennen, darum erzählt man den Witz zumeist mit der Formulierung >bis über die Kiemen.< Und da fällt mir noch der ein, wie der CB ruft: >Mir dreht sich der Kopf!< Sofort dreht er sich wirklich, und zwar dermaßen schnell, daß…«
Verspätet drang es in Kardinal Nummerneuns Bewußtsein, daß Nixy und die Päpstin ihn mit Mienen ansahen, deren Eiseskälte an flüssiges Helium erinnerte, und auch Quaddel nicht sonderlich belustigt wirkte. Er verstummte und schluckte.
»Entschuldigung«, nuschelte er. »Es ist nur“ so, ich war gestern abend auf einer Feier einiger Jungs von der Schweizergarde, da fing einer mit CB-Witzen an, und dann ging’s damit immerzu weiter und weiter… Tut mir leid.«
»Das will ich hoffen«, knurrte die Päpstin. »Und nun antworte Mr. Quaddel.«
»Nennen Sie mich Rimpoche«, sagte Quaddel gewohnheitsmäßig. »Oder Rimski, wenn’s Ihnen leichter fällt.«
»Nennen Sie mich >Eure Kalamität<«, lautete die grobe Erwiderung. »Aber ich habe nicht Sie gemeint«, fügte die Päpstin danach etwas versöhnlicher hinzu. »Also, Nummerneun?«
Der Kardinal lehnte sich in seinem Sessel zurück, faltete die Hände und schloß die Augen. »Ich wollte sagen«, erklärte er, »Sie werden in einem halben Dutzend Standardwerke an herausragender Stelle erwähnt.«
»Als was?« fragte Nixy einen Augenblick, bevor Quaddel selbst fragen konnte.
Ein Achselzucken. »Als erfolgreicher Großschwindler, habe ich den Eindruck.«
»Na, die Befähigung dazu ist ihm durchs Einfrieren jedenfalls nicht abhanden gekommen!« brauste Nixy auf. »Ich hätte so was nie für möglich gehalten, aber bis jetzt hat er Sie, Madam Päpstin, davon überzeugt, er sei ein hyperreicher Mafioso, und Ihnen eingeredet, Kardinal, er sei irgendein wohlhabender Guru, und…« Ein Tremor verzerrte ihr die Stimme. »Und mir hat er vorgetäuscht, ein halbwegs netter Kerl von der Sorte zu sein, die wir Anangaranga-Jones normalerweise nicht kennenlernen, wenigstens nicht, wenn wir weiblich sind, und nun… nun… Das kann doch einfach nicht wahr sein!«
Ihre Stimme erstickte in einem Schluchzen. Erstaunt wandte sich Quaddel ihr zu und sah Tränen so hemmungslos ihre Wangen hinabrinnen, wie sie kurz zuvor bei ihm geflossen waren.
Nixy allerdings vergoß sie nicht aus Erheiterung.
Ein langes, trostloses Schweigen entstand. Währenddessen fragte sich Quaddel, was sich wohl ergeben haben mochte, hätte der Mitarbeiter des CB die vergangene Woche andernorts als in Rom zugebracht.
In Quaddels Bewußtsein festigten sich Entschlüsse. Endlich ergriff er das Wort, hörte seine Stimme knirschen wie Kies auf dem Grund eines von Hochwasser durchschäumten Flußbetts.
»Ja, ich hatte ein Religionsgeschäft. Ich hatte einen Haufen reicher Deppen um mich gesammelt. Aber es war nie das, was ich wollte, ich schwöre, daß ich mir nie so was gewünscht hatte. Als ich erfuhr, daß ich an Leukämie litt, war ich froh, das ersparte es mir, Courage zu zeigen. Ich meine, ich brauchte mich nicht hinzustellen und zu verkünden, daß ich das Scheißspiel nicht mehr mitmache. Und außerdem habe ich durch die Krankheit erfahren, was für abstoßende Figuren meine Eltern waren, und das Gesindel, das sie um uns scharten. Wäre ich nicht unter der Wirkung von Beruhigungsmitteln gewesen, nachdem ich abgetaut worden bin, wahrscheinlich hätte ich dermaßen vor Wut gekocht, daß sich die Erdatmosphäre erhitzt hätte…«
Neue Stille ergab sich. Nixy nutzte sie, um sich die Tränen abzuwischen. Sie war es, die das Schweigen brach.
»Warum?«
»Irgendwie ist es schwierig, es zu erklären… Keine Bange.« Quaddel hob die Hand, um Unterbrechungen zuvorzukommen. »Ich muß mich ja irgendwann den Fakten stellen. Bisher habe ich nie damit gerechnet, jemals dazu Gelegenheit zu finden. Vor meiner nächsten Inkarnation wollte ich wegen des Mists, den man mir in meinem damaligen Leben zugemutet hatte, mindestens tausend Jahre lang schlafen.« Plötzlich packte ihn Neugier. »Übrigens, reinkarnieren
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