Charlie Chan macht weiter
höflich.
»Sie müssen entschuldigen, aber meine Nerven sind durch die Ereignisse der letzten Monate total ruiniert.
Gott sei Dank, daß die Reise in San Francisco beendet ist, und ich frage mich, ob ich mich wohl jemals noch mal auf Tour begebe. Habe schon dran gedacht, mich zur Ruhe zu setzen – und warum nicht gleich jetzt.«
»Ob Sie das tun oder nicht, ist Ihre private, persönliche Angelegenheit«, teilte Chan ihm mit. »Nicht so privat ist Frage nach Namen des Mörders, der Sie auf dieser Reise mit seiner Gegenwart beehrt hat. Das ist Angelegenheit, die ich untersuchen will – mit voller Amtsgewalt. Wenn Sie Ihre Gruppe um zehn Uhr im Salon versammeln, werde ich Kampagne in Angriff nehmen.«
Lofton funkelte ihn an. »Wie lange, o mein Gott, wie lange noch?«
»Werde mich so kurz wie möglich fassen.«
»Sie wissen genau, was ich meine. Wie lange noch muß ich meine Leute für derartige Verhöre zusammenscharen? Ist doch noch nie etwas dabei herausgekommen – und es wird auch in Zukunft nichts rauskommen, wenn Sie mich fragen.«
Charlie musterte ihn kritisch. »Und es täte Ihnen leid, wenn es anders käme?«
Lofton hielt seinem Blick stand. »Warum sollte ich Ihnen etwas vormachen? Ich sehne mich nicht nach einer abschließenden Publicity-Gloriole. Das würde unweigerlich das Ende meiner Rundreisen sein. Und dazu auch noch ein sehr unangenehmes. Ich wünsche mir, daß die ganze Geschichte im Sande verläuft. Sie sehen, ich versuche aufrichtig zu Ihnen zu sein.«
»Danke. Ziemlich erfrischend.« Charlie verneigte sich.
»Natürlich werde ich die Leute zusammentrommeln. Aber wenn Sie noch weitere Hilfe von mir erwarten, dann haben Sie sich getäuscht und sind an der falschen Adresse.«
»Falsche Adresse ist immer schreckliche Zeitvergeudung«, versicherte ihm Chan.
»Ich bin froh, daß Sie das einsehen«, sagte Lofton und erhob sich.
Er steuerte auf die Tür zu, Chan folgte ihm unterwürfig.
Der Kapitän des Schiffes begrüßte ihn sehr viel herzlicher. Der alte Seebär hörte sich die Geschichte der Verfolgungsjagd mit steigender Entrüstung an.
»Da kann ich nur hoffen, daß Sie Ihren Mann schnappen«, sagte er schließlich. »Ich werde Ihnen jegliche nur mögliche Unterstützung zukommen lassen. Aber wenn Sie zu mir kommen und mich bitten, jemanden unter Arrest zu stellen, und es ist die falsche Person, komme ich in Teufels Küche. Wir müssen daher sehr sicher sein bei unserem Vorgehen.«
»Mann, dem großes Schiff wie dieses untersteht, sollte immer sicher sein bei dem, was er tut. Verspreche, jegliche Vorsicht walten zu lassen.«
»Ich vertraue Ihnen.« Der Kapitän lächelte. »Ich bin in den letzten zehn Jahren nicht einmal über den Pazifik gefahren, ohne von Ihnen zu hören. Trotzdem muß ich Ihnen meine Lage klarmachen. Falls eine Verhaftung notwendig werden sollte, so lassen Sie uns doch versuchen, sie im Hafen von San Francisco vorzunehmen. Das würde uns viele Komplikationen ersparen.«
»Ich hoffe, es geht so aus«, bemerkte Chan.
Der Kapitän nickte. »Ich auch – von ganzem Herzen.« Charlie kehrte zurück aufs Promenadendeck. Kashimo flitzte an ihm vorbei, in einer neuen Uniform, die ihm nur teilweise paßte. Pamela Potter saß in einem Liegestuhl und winkte. Er ging zu ihr.
»Ihre Freundin, Mrs. Luce, ist noch nicht auf?« fragte er.
»Nein. Sie schläft lange auf See und frühstückt in ihrer Kabine, Möchten Sie jetzt gleich mit ihr sprechen?«
»Möchte gern mit Ihnen beiden sprechen, aber Sie allein sind in sehr angenehmer Weise ausreichend. Gestern abend habe ich Sie gegen neun Uhr am Pier abgesetzt. Sagen Sie mir, welche Teilnehmer der Reisegesellschaft Sie von da ab, bis Sie sich zur Ruhe begaben, gesehen haben.«
»Wir haben einige gesehen. In der Kabine war es ziemlich warm. Deshalb setzten wir uns in die Liegestühle in der Nähe der Gangway. Bald darauf kamen die Minchins an Bord, und Sadie blieb stehen, um uns ihre Tagesbeute zu zeigen. Als nächster kam Mark Kennaway. Er ging gleich weiter, denn er glaubte, Mr. Tait würde ihn bereits für seine Gutenachtgeschichte erwarten. Und nach ihm eilten die Benbows die Gangway hoch, Eimer beladen mit verschossenen Filmen. Wenige Minuten später kehrte Mr. Kennaway zu uns zurück. Er sagte, Mr. Tait schiene nicht an Bord zu sein, was ihn sehr überraschte.«
»Das waren alle? Niemand mit einem Malakkastock?«
»Oh – Sie meinen Mr. Ross! Ja, er war einer der ersten, glaube ich. Er hinkte an Bord…«
»Pardon
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