Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
reduzierte sich, bis es nur noch sie und ihn gab. Ein eigenartiges Rauschen dröhnte in ihren Ohren. Ihr Körper schien bleischwer und doch lebendig zu sein, und jeder Nerv in ihr schrie auf - ob vor Angst oder vor Verlangen, wusste sie selbst nicht zu sagen. Und es kümmerte sie nicht.
Destiny hatte fast ihr ganzes Leben allein verbracht und war kaum jemals mit Menschen in Berührung gekommen, außer um Nahrung zu sich zu nehmen; und sie hatte so gut wie nie mit jemandem gesprochen. Aber hier in diesem Lokal war sie umringt von Leuten und überwältigt von dem Geräusch von Herzschlägen und dem Geruch nach Blut, Alkohol und Parfüm. Die Musik hämmerte in einem primitiven Rhythmus. Der Lärm war ohrenbetäubend, die Gerüche erstickend. Das alles war zu viel für sie. Sie hätte nie zulassen dürfen, dass die Tür zu ihrer Vergangenheit auch nur einen Spaltbreit aufgestoßen wurde. Und dann war noch Nicolae hier, in einem Moment, in dem sie sich völlig verloren fühlte. Auf ihre ungewöhnliche körperliche Reaktion auf ihn war sie nicht vorbereitet gewesen.
»Wie in aller Welt kommen Sie auf die Idee, ich könnte Destiny etwas antun ?« MaryAnn wirkte eher schockiert als verängstigt. »So etwas würde mir im Traum nicht einfallen. Destiny ist verstört, und zwar mit Recht, aber nicht meinetwegen. Sind Sie ein Freund von ihr ?«
Destiny ließ langsam ihren Atem heraus und versuchte, sich unter diesen starken Fingern, die ihren Nacken massierten, zu entspannen. MaryAnns Stimme brachte sie schlagartig in die Wirklichkeit zurück. So tun, als ob. Sie beherrschte die Kunst der Täuschung meisterhaft, wenn es sein musste. Sein Daumen strich über die Pulsader an ihrer Kehle, die so hektisch pochte, hin und her, sanft und beruhigend. Nicolae konnte spüren, wie sie zitterte - wie hätte es anders sein können? Er konnte ihr Herz laut schlagen hören, und dieser verräterische Puls sagte ihm weit mehr, als ihr lieb war. Aber sie konnte einfach nicht aufhören zu zittern. Sie, die immer so diszipliniert war, konnte unter der Liebkosung seiner Finger ihren eigenen Puls nicht kontrollieren.
»Vielleicht habe ich die Situation missverstanden. Ich konnte quer durch den Raum spüren, wie durcheinander Destiny war, und dachte, Sie würden sie so aus der Fassungbringen.« Nicolae lächelte die Frau charmant an und verbeugte sich leicht. Seine makellosen weißen Zähne blitzten, und der Ausdruck auf seinem sinnlichen Gesicht war freundlich und liebenswürdig. Er wirkte wie ein Adliger aus der Alten Welt, wie ein Schlossherr, der seine Gäste begrüßt. Er beugte sich weiter nach vorn und hauchte einen Kuss auf Destinys dunkles Haar. Einige Strähnen verfingen sich einen Moment lang in den Bartstoppeln an seinem Kinn und verbanden sie miteinander. »Ich kann es nicht ertragen, wenn sie verstört ist. Verzeihen Sie, wenn ich Sie erschreckt habe. Mein Name ist Nicolae von Shrieder.«
»MaryAnn Delaney.« MaryAnn konnte den Blick nicht von Destinys blassem Gesicht wenden. Einen Moment lang glaubte sie, winzige Blutstropfen auf Destinys Stirn zu sehen, aber Nicolae beugte sich über die junge Frau, sodass er MaryAnn mit Kopf und Schultern die Sicht versperrte, und küsste sie zart auf die Stelle. Als er sich aufrichtete, waren die kleinen Tropfen nicht mehr zu sehen, und MaryAnn war überzeugt, sich das Ganze nur eingebildet zu haben.
Nicolaes Zunge flüchtig über ihre Haut huschen zu fühlen, war mehr, als Destiny ertragen konnte. Noch eine Minute, und sie würde völlig die Beherrschung verlieren. Sie hatte keine Ahnung, wozu sie imstande wäre, wenn sie hysterisch wurde, doch Selbstbeherrschung bedeutete ihr alles, und sie war fest entschlossen, sich nicht gehen zu lassen. Destiny stemmte ihre Hände gegen den Tisch, stieß mit ihrem Stuhl absichtlich an Nicolae und sprang auf, in der sicheren Annahme, ihn zu überrumpeln.
Als hätte er ihre Bewegungen dirigiert, drehte Nicolae sie genau in seine Arme und zog sie an sich. »Entschuldigen Sie uns«, bat er MaryAnn und wirbelte Destiny elegant auf die Tanzfläche.
»Was machst du denn?« Zu ihrem Entsetzen bebte ihre Stimme. Ihr Hunger wurde zu Gier, zu einem schrecklichen, unerbittlichen Verlangen, das sie nicht ignorieren konnte. Ihr Gesicht schmiegte sich in die Wärme seiner Schulterbeuge. Sie erinnerte sich daran, wie er geschmeckt hatte. Mit seinem Blut auf ihrer Zunge war der unersättliche Hunger zum ersten Mal gelindert worden, und die ständige Qual in ihrem
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