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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wie diese Liebe - sie sind das gleiche. Weißt du nun, wie sehr ich dich hasse?‹
    ›Ja‹, flüsterte ich und neigte den Kopf. Doch Claudia war von mir gegangen, hatte sich in Madeleines Arme geflüchtet. Die zog sie an sich, als könne sie Claudia vor mir schützen, könne sie - was für eine Ironie! - vor sich selber schützen. ›Weine nicht, weine nicht‹, flüsterte sie Claudia ins Ohr und streichelte ihr Gesicht und Haar so ungestüm, daß es ein menschliches Kind zerdrückt hätte.
    Claudia lag wie verloren an Madeleines Brust, mit geschlossenen Augen, entspanntem Gesicht, als sei alle Leidenschaft aus ihr gewichen, den Arm um den Hals der Frau geschlungen, den Kopf in Taft und Spitze gebettet. Die Tränen trockneten auf ihren Wangen, und sie lag so still, als habe dieser Ausbruch nichts hinterlassen als Ermattung und Vergessen, als sei ich nicht da, das Zimmer um sie herum nicht vorhanden. Und so schienen sie vereint, ein sterbliches Weib, das jetzt hemmungslos zu weinen anfing und in den Armen etwas hielt, das sie unmöglich verstehen konnte, dieses helle, ungebärdige und unnatürliche Kindwesen, das sie zu lieben glaubte. Am liebsten hätte ich es aus ihren Armen gerissen und die Worte zunichte gemacht, die ich soeben gehört hatte; doch ich saß nur da und dachte immer wieder: Der Haß ist so groß wie die Liebe - die Liebe ist so groß wie der Haß.
    Madeleine flüsterte Claudia etwas ins Ohr, und Claudia sagte ganz ruhig zu ihr: ›Verlasse uns!‹
    ›Nein!‹ rief Madeleine. Sie schüttelte den Kopf, drückte Claudia fest an sich, mit geschlossenen Augen und an allen Gliedern zitternd. Doch Claudia glitt von ihrem Schoß, zog sie aus dem Sessel und führte sie zur Tür des Salons. Dort blieben sie stehen. Madeleine in völliger Verwirrung und um sich blickend wie am Abend zuvor im Theater das unglückselige Opfer, das nicht gewußt hatte, wo es war. Claudia war einen Augenblick verschwunden, und nun tauchte sie wieder auf, mit einer großen Puppe, einer Mädchenpuppe mit rabenschwarzem Haar und grünen Augen, in Seide und Spitze gekleidet, mit einem süßen Gesicht und großen Augen und klingelnden Porzellanfüßchen. Claudia legte sie Madeleine in die Arme. Und sie nahm sie und ließ sich willenlos von Claudia ins Nebenzimmer führen. ›Leg dich nieder‹, sagte Claudia, und sie sanken zusammen in die Kissen der Chaiselongue; und ich sah noch, wie die Puppe zu Boden glitt und Madeleines Hand danach griff, und hörte, wie Claudia leise zu Madeleine sagte; sie solle ruhig und geduldig sein. Ich fürchtete ihre Schritte auf dem Teppich, als sie zurückkam, die Tür, die sie hinter sich zumachte, um Madeleine von uns auszuschließen, und ich fürchtete ihren Haß, der wie ein tödlicher Dunst zwischen uns lag. Doch als ich aufblickte, stand Claudia traumverloren da; Bitterkeit und Groll waren von ihrem Gesicht geschwunden, und es war ausdruckslos wie das jener Puppe.
    Ich sagte: ›Alles, was du gesagt hast, ist wahr. Ich verdiene deinen Haß. Ich habe ihn vom ersten Augenblick an verdient, als Lestat dich in meine Arme legte.‹
    Zuerst schien sie mich gar nicht zu beachten, und ihre Augen waren von einem weichen Glanz erfüllt. Ihre Schönheit brannte sich in meine Seele, so daß ich es kaum ertragen konnte, dann sagte sie, und es klang fast wie eine Frage: ›Du hättest mich damals töten können, trotz Lestat.‹ Sie sah mich ruhig an. ›Willst du es jetzt tun?‹
    ›Es tun!‹ Ich legte den Arm um sie, zog sie an mich, erwärmt von ihrer sanfter gewordenen Stimme. ›Bist du von Sinnen, mich so etwas zu fragen? Ob ich es jetzt tun will!‹
    ›Ich möchte, daß du es tust‹, sagte sie. »Beuge dich nieder, wie du es damals getan hast; sauge das Blut aus mir. Tropfen um Tropfen, mit deiner ganzen Kraft; ich werde keinen Widerstand leisten. Ich bin klein und schwach - du kannst mich zerdrücken wie eine Blume.‹
    ›Ist das dein Ernst?‹ erwiderte ich. ›Meinst du, was du sagst? Dann kannst du mir ebensogut dieses Messer hier in die Brust stoßen!‹
    ›Würdest du mit mir sterben?‹ fragte sie mit spöttischem Lächeln. ›Würdest du wirklich mit mir sterben? Verstehst du nicht, was in mir vorgeht? Daß er mich umbringt, dieser Meister-Vampir, dem du hörig bist und der deine Liebe nicht mit mir teilen will, nicht ein Fünkchen davon. Ich sehe seine Gewalt in deinen Augen; ich sehe dein Elend, deinen Jammer, die Liebe zu ihm, die du nicht verbergen kannst. Dreh dich um, du sollst mich

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