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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wir sind keine Götter. Menschen zu sein ist das, was die meisten von uns sich ersehnen. Es ist das Menschliche, was für uns zum Mythos geworden ist.«
    Es brachte mich um, sie anzusehen. Ich dachte daran, wie ihr Blut in mich geströmt war, an die Fähigkeiten, die sie mir verliehen hatte. Daran, wie es gewesen war, mit ihr durch die Wolken zu reisen. Ich dachte an das Wohlgefühl in dem haitianischen Dorf, als die Frauen mit ihren Kerzen gekommen waren und ihre Choräle gesungen hatten.
    Blutige Tränen liefen Akascha übers Gesicht. Ihre Lippen bebten, und das weiche Fleisch auf ihrer Stirn war von Linien echten Kummers durchfurcht.
    Dann straffte sie sich. Sie wandte sich von mir ab, und ihr Gesicht wurde wieder ausdruckslos und von wunderschöner Ebenmäßigkeit. Sie sah an uns vorbei, und ich fühlte, daß sie ihre Kraft sammelte, um es zu tun, und daß die anderen besser schnell handelten. Ich wünschte mir so etwas - einen Dolchstoß etwa; es wäre besser, wenn sie sie jetzt erledigen würden; und ich fühlte, wie mir die Tränen übers Gesicht liefen.
    Aber es geschah noch etwas anderes. Von irgendwoher kam ein mächtiger, weicher, melodischer Klang. Glas zersplitterte, eine Menge Glas. Daniel zeigte plötzlich ganz offen Erregung. Jesse auch. Die Alten indessen waren erstarrt und lauschten. Wieder zersplitterte Glas; irgend jemand betrat dieses weiträumige Haus durch einen der vielen Eingänge.
    Akascha trat einen Schritt zurück. Es schien, als sähe sie eine Vision, während das Treppenhaus vor der offenen Tür von einem lauten Geräusch erfüllt wurde. Irgend jemand war unten im Flur.
    Akascha aber ging vom Tisch zum Kamin. Sie schien sich vor aller Welt zu fürchten. War das möglich? Wußte sie, wer da kam, und war das auch ein Alter? Und fürchtete sie, daß der mehr zustande bringen würde als diese wenigen?
    Nein, das war es letztlich nicht wirklich, zumindest nicht allein;
    sie war vielmehr innerlich geschlagen, und aller Mut verließ sie. Am Ende war es die Not, die Einsamkeit. Ich hatte mit meinem Widerstand begonnen, und sie hatten ihn unterstützt, und dann hatte ich ihr noch einen Schlag versetzt. Und nun war sie wie gelähmt von diesem lauten, hallenden und unbestimmten Geräusch. Doch sie wußte, wer diese Person war, das spürte ich. Und die anderen wußten es auch.
    Das Geräusch wurde lauter. Der Besucher kam die Treppen herauf. Das Oberlicht und die alten Eisenmasten bebten von den Erschütterungen jedes schweren Schritts.
    »Aber wer ist das!« sagte ich plötzlich. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Da war wieder das Bild, das Bild mit dem Leichnam der Mutter und den Zwillingen.
    »Akascha!« sagte Marius. »Gib uns die Zeit, um die wir bitten. Warte einen Moment. Das reicht!«
    »Reicht wofür?« rief sie scharf, fast wild.
    »Für unsere Leben, Akascha«, sagte er. «Für unser aller Leben!«
    Ich hörte Khayman leise lachen, ihn, der nicht ein einziges Mal gesprochen hatte.
    Die Schritte waren auf dem Treppenabsatz angelangt.
    Maharet stand an der offenen Tür, und Mael stand neben ihr. Ich hatte nicht einmal bemerkt, daß sie sich bewegt hatten.
    Dann sah ich, wer und was es war. Die Frau, die ich flüchtig gesehen hatte, wie sie durch den Dschungel wanderte, sich aus der Erde wühlte, die endlosen Meilen über die dürre Ebene marschierte. Der zweite Zwilling aus den Träumen, die ich nie verstanden hatte! Und sie stand jetzt im Dämmerlicht des Treppenhauses und starrte auf die Gestalt Akaschas, die etwa dreißig Fuß weiter mit dem Rücken zur Glaswand und dem lodernden Feuer stand. Oh, dieser Anblick! Ich hörte die anderen nach Luft ringen, selbst die Alten, selbst Marius.
    Eine dünne Erdschicht überzog ihren ganzen Körper, sogar ihr gekräuseltes Haar. Obwohl er aufplatzte und abbröckelte und auch vom Regen aufgeweicht war, haftete der Schlamm immer noch an ihr, haftete an ihren nackten Armen und bloßen Füßen, als wäre sie daraus gemacht, aus der Erde selbst. Er verwandelte ihr Gesicht in eine Maske. Und aus dieser Maske blickten ihre nackten, rotgeränderten Augen. Sie war mit einem Lumpen bekleidet, einer schmutzigen und zerrissenen Decke, die sie mit einem Hanfseil um ihre Taille zusammenhielt.
    Welch eine Anwandlung mochte solch ein Wesen veranlaßt haben, sich zu bedecken, welch zarte menschliche Sittsamkeit hatte diesen menschlichen Leichnam bewogen, innezuhalten und sich dieses schlichte Gewand anzufertigen, welches leidende Überbleibsel des menschlichen

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