Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
sie sahen, dass ich ein ganz reales Wesen war. Ich löste mich von Raymond, zog meinen Dolch und schnitt mir damit in die Hand; dann ließ ich sie zusehen, wie die Wunde heilte. Sie hielten alle die Luft an. »Ich muss jetzt fort. Raymond, mein Lieber, ich danke dir.«
    »Einen Moment noch«, sagte ein Mann, der Älteste der Anwesenden, der die ganze Zeit, auf einen Stock gestützt, im Hintergrund gestanden hatte. »Ich habe eine letzte Frage an Euch, Marius.«
    »Fragt!«, sagte ich sofort. »Wisst Ihr etwas über unsere Anfänge?«
    Ich war etwas verblüfft. Ich konnte mir nicht vorstellen, was er meinte. Dann sagte Raymond: »Weißt du etwas darüber, wie und wo die Talamasca einst entstanden ist? Das wollen wir wissen.«
    »Nein«, antwortete ich in stummer Verwunderung. Alle schwiegen, und mir wurde klar, dass sie selbst nichts Genaues über die Entstehung der Talamasca wussten. Und dann fiel mir wieder ein, dass Raymond etwas in der Art bei unserem ersten Treffen erwähnt hatte.
    »Ich hoffe, ihr findet eure Antworten«, sagte ich. Dann verschwand ich in der Dunkelheit. Aber ich entfernte mich nicht, sondern tat das, was ich bei meiner Ankunft hier versäumt hatte. Ich blieb in der Nähe, gerade so weit weg, dass ich außerhalb ihrer Hör- und Sichtweite war. Und dann belauschte ich sie mit meinem vampirischen Gehör in ihren Türmen und Bibliotheken.
    Sie waren so geheimnisvoll, so ihrer Sache hingegeben, so gelehrsam.
    Vielleicht würde ich sie in ferner Zukunft wieder einmal aufsuchen, um mehr über sie zu erfahren. Aber jetzt musste ich erst einmal zurück in den segensreichen Schrein, zu Bianca. Sie war noch wach, als ich ankam, und hatte die hundert Kerzen entzündet. Manchmal vergaß ich dieses Zeremoniell, deswegen erfreute mich der Anblick umso mehr.
    »Nun, bist du zufrieden mit deinem Besuch bei der Talamasca?«, fragte sie frei heraus. Sie hatte diese verführerisch schlichte Miene aufgesetzt, die mich immer dazu brachte, ihr alles zu erzählen. »Ja, es war sehr erfreulich. Sie sind wirklich die ehrenwerten Gelehrten, als die sie sich darstellen. Ich erzählte ihnen so viel wie möglich, aber bei weitem nicht alles, was es zu erzählen gäbe. Das wäre töricht gewesen. Aber sie streben wirklich nur nach Wissen, und so waren sie überglücklich mit dem Wissen, das ich ihnen vermittelte.«
    Sie kniff die Augen zusammen, als könne sie sich nicht recht ein Bild von der Talamasca machen, und das verstand ich nur zu gut. Ich setzte mich neben sie, schlang die Arme um sie und wickelte uns beide in den pelzgefütterten Umhang.
    »Du riechst nach dem reinen, kalten Wind«, sagte sie. »Vielleicht soll es ja so sein, dass wir in diesem Schrein leben, dass wir dem kalten Firmament und den ungastlichen Bergen gehören.« Ich sagte nichts, aber ich hatte nur einen Gedanken: die ferne Stadt Dresden. Pandora kehrte stets – früher oder später – nach Dresden zurück.

 
     
     
31
     
    H undert Jahre mussten vergehen, ehe ich Pandora fand. Während dieser Zeit erwarb ich ungeheure Kräfte. In jener Nacht auf meinem Weg zurück aus England stellte ich alle meine Fähigkeiten auf die Probe und verschaffte mir die Gewissheit, dass ich nie wieder Santino und seinen ruchlosen Anhängern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein würde. Auch anschließend überließ ich Bianca des Nachts häufig sich selbst, um mich immer wieder meiner überlegenen Kräfte zu versichern. Und nachdem ich mir meiner Schnelligkeit, der Gabe des Feuers und der unschätzbaren Gabe, mit geistiger Kraft töten zu können, ganz sicher war, machte ich mich nach Paris auf, einzig mit dem Gedanken, Amadeo und seine Ordensbrüder auszuspionieren. Ehe ich zu diesem Wagnis aufbrach, gestand ich Bianca, was ich vorhatte. Natürlich flehte sie mich inständig an, mich nicht in eine solche Gefahr zu begeben, aber ich beschied ihr: »Nein, lass mich nur gehen. Inzwischen könnte ich Amadeo vielleicht sogar über diese weite Strecke hören, wenn ich es darauf anlegte. Aber ich brauche Gewissheit. Und ich sage dir noch etwas: Ich habe kein Verlangen, ihn zurückzugewinnen.«
    Das machte sie traurig, aber sie schien es zu verstehen. Sie blieb an ihrem gewohnten Platz im Schrein sitzen, nickte nur und nahm mir das Versprechen ab, dass ich gut auf mich aufpassen würde. Kaum in Paris angekommen, lockte ich mit der Gabe der Bezauberung einen der zahlreichen Mörder von seinem Platz in einem gemütlichen Gasthof und tat mich an ihm gütlich, dann fand

Weitere Kostenlose Bücher