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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Inhalt der beiden Gefäßformen. So konnte ein bläulich graues Pulver neben einem weißlich-rosafarbenem stehen, und das in einem Glas mit einem Henkel konnte sein genaues Gegenstück in einem ohne Henkel haben. Das Auffälligste an den Pulvern war die Tatsache, dass sie überhaupt nicht haften blieben, denn als Willett sich eines davon in die Hand schüttete und es wieder zurück in sein Gefäß gab, blieben auf seiner Handfläche keinerlei Rückstände zurück.
    Die Bedeutung der beiden Schilder beschäftigte ihn, und er fragte sich, warum dieser Vorrat an Chemikalien so streng von denen in den Regalen des Labors getrennt wurde. ›Custodes‹ und ›Materia‹, das waren die lateinischen Begriffe für ›Wächter‹ und ›Material‹ – und dann fiel ihm plötzlich ein, wo er das Wort ›Wächter‹ schon einmal im Zusammenhang mit diesem grausigen Rätsel gesehen hatte. Es war natürlich in dem letzten Brief an Dr. Allen, der angeblich vom alten Edward Hutchinson stammte. Der Satz hatte gelautet: »Unnötig ist’s, die Wächter in Form zu halten und sie einander die Häupter fressen zu lassen, und im Falle einer Entdeckung sorgt dies für weitere Unannehmlichkeyten, wie Ihr nur allzu gut wißt.«
    Was mochte das bedeuten? Aber halt – gab es nicht noch eine weitere Bezugnahme auf ›Wächter‹ in dieser Angelegenheit, an die er sich beim Lesen von Hutchinsons Brief gar nicht erinnert hatte? Damals, in den Tagen bevor er so verschwiegen wurde, hatte Charles ihm von dem Tagebuch Eleazar Smiths erzählt, in dem die Beobachtung von Curwens Farm durch Weeden und Smith beschrieben wurde, und in dieser fürchterlichen Chronik war eine belauschte Unterhaltung erwähnt worden, ehe der alte Hexenmeister sich sicherheitshalber ganz unter die Erde zurückgezogen hatte. Smith und Weeden hatten geschworen, dass sie schreckliche Gespräche belauschen konnten, an denen Curwen, bestimmte Gefangene und die Wächter dieser Gefangenen teilgenommen hätten. Diese Wächter hatten sich also, laut Hutchinson oder dessen Avatar, die Häupter abgefressen und deshalb hatte Dr. Allen sie nicht in der rechten Form bewahren können. Und wenn nicht in Form, wie sonst als in Gestalt der ›Saltze‹, zu denen diese Hexerbande anscheinend so viele menschliche Leichen oder Knochen wie nur möglich reduzieren wollte?
    Das also war der Inhalt dieser Lekythen-Gefäße: das ungeheuerliche Ergebnis unheiliger Riten und Taten, das sie anscheinend zu derartiger Gehorsamkeit zwang, dass sie ihren gotteslästerlichen Meistern zur Verfügung stehen mussten, sobald diese sie mithilfe teuflischer Beschwörungsformeln erweckten, zur Abwehr oder zur Befragung von jenen, die nicht so bereitwillig waren! Willett erschauderte bei dem Gedanken an das, was er durch seine Hände hatte rieseln lassen, und einen Augenblick lang wollte er voller Panik aus dieser Höhle voller scheußlicher Regale mit stummen, doch vielleicht lauernden Wächtern fliehen.
    Er dachte an die ›Materia‹ – in den unzähligen Phaleronbehältern auf der anderen Seite des Raumes. Sie enthielten ebenfalls Salze – und wenn dies nicht die Salze von ›Wächtern‹ waren, was dann? Gott! War es möglich, dass hier die sterblichen Überreste der Hälfte der titanischsten Denker aller Epochen lagen, von den hinterlistigsten Leichenschändern aus ihren Grüften geraubt, wo die Welt sie für sicher gehalten hatte, dem Willen von Wahnsinnigen untertan, die ihr Wissen für einen noch verstiegeneren Zweck einsetzen wollten? Einen Zweck, dessen letzte Konsequenzen, wie der arme Charles in seinem panischen Brief angedeutet hatte, »die gesamte Zivilisation, alle Naturgesetze, vielleicht sogar das Los des Sonnensystems und des Universums« betreffen würden? Und Marinus Bicknell Willett hatte ihre Asche durch seine Finger rieseln lassen!
    Dann bemerkte er eine kleine Tür am Ende des Raumes und beruhigte sich so weit, dass er sich ihr nähern und das grob gemeißelte Zeichen darüber untersuchen konnte. Es war nur ein Symbol, doch es erfüllte ihn mit unbestimmter spiritueller Furcht, denn ein Freund von ihm, der zu morbiden Träumen neigte, hatte es einst auf ein Blatt Papier gezeichnet und ihm ein paar der Bedeutungen enthüllt, die es in den finsteren Abgründen des Schlafes hat. Es handelte sich um das Zeichen von Koth, das die Träumenden über dem Bogengang eines gewissen schwarzen Turmes sehen, der sich einsam im Zwielicht erhebt – und Willett behagte es gar nicht, was ihm sein Freund

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