Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
unendlicher Ferne ein schwaches Licht zu erkennen, und in qualvoller Vorsicht kroch er inmitten des Gestanks und des Geheuls auf allen vieren in diese Richtung. Er tastete sich mühsam voran, damit er nicht mit einem der zahlreichen großen Pfeiler zusammenstieß oder in die abscheuliche Grube stürzte, die er geöffnet hatte.
Einmal berührten seine zitternden Finger etwas, worin er die Stufen erkannte, die zu dem teuflischen Altar führten, und schreckte voller Ekel zurück. Ein andermal stieß er auf die durchlöcherte Steinplatte, die er entfernt hatte, und an dieser Stelle nahm seine Vorsicht beinahe erbärmliche Ausmaße an, doch er ertastete die gefürchtete Öffnung nicht, noch entstieg ihr irgendetwas, um ihn aufzuhalten. Was sich dort unten auch befand, es gab keinen Laut mehr von sich und regte sich auch nicht. Offenkundig war ihm die Verdauung der elektrischen Taschenlampe nicht gut bekommen.
Jedes Mal, wenn Willetts Finger auf eine durchlöcherte Steinplatte stießen, erbebte er. Manchmal, wenn er über eine davon kroch, nahm das Stöhnen darunter zu, doch meistens löste er keinerlei Reaktionen aus, da er sich äußerst leise voranbewegte. Mehrere Male wurde der Lichtschimmer vor ihm beträchtlich schwächer, und ihm wurde bewusst, dass die verschiedenen Kerzen und Lampen, die er angezündet hatte, eine nach der anderen ausgingen. Die Vorstellung, sich in dieser unterirdischen Welt albtraumhafter Irrgärten ohne Streichhölzer in völliger Finsternis zu verlaufen, trieb ihn dazu aufzustehen und zu rennen, was er nun in einiger Sicherheit tun konnte, da er die offene Grube passiert hatte. Er wusste, war das Licht einmal erloschen, wäre seine einzige Hoffnung auf Rettung ein Suchtrupp, den Mr. Ward vielleicht nach einigem Warten losschicken würde. Bald jedoch kam er aus dem offenen Raum in den engeren Korridor und konnte den Lichtschein mit Bestimmtheit einer Tür auf der rechten Seite zuordnen. Einen Moment später hatte er sie erreicht und stand wieder in der geheimen Bibliothek des jungen Ward. Zitternd vor Erleichterung sah er das flackernde Licht der letzten noch brennenden Lampe, die ihn in die Sicherheit geleitet hatte.
4
Rasch füllte Willett die ausgebrannten Lampen mithilfe eines Ölvorrats auf, der ihm zuvor schon aufgefallen war, und als der Raum wieder hell erleuchtet wurde, sah er sich nach einer Laterne für weitere Erkundungsgänge um. Ganz egal, wie sehr das Grauen ihn gepackt hatte, noch immer überwog seine finstere Entschlossenheit, jeden Stein umzudrehen, um die entsetzlichen Gründe für Charles Wards bizarren Wahnsinn aufzudecken. Als er keine Tragelaterne fand, nahm er sich eine der kleinen Standlampen und füllte sich zudem die Taschen mit Kerzen und Zündhölzern. Er nahm auch eine volle Kanne Öl mit, um eine Reserve zu haben, falls er hinter der schrecklichen Halle mit dem unreinen Altar und den unbeschreiblichen verschlossenen Brunnenschächten ein verborgenes Labor entdecken sollte. Um diese Halle ein zweites Mal zu durchqueren, würde er viel Kraft und Mut aufbieten müssen, doch es musste sein. Glücklicherweise befanden sich weder der fürchterliche Altar noch der offene Schacht in der Nähe der Mauer mit den vielen Zellen, die das Gebiet der Höhle umschloss und deren schwarze, rätselhafte Torbögen das nächste Ziel seiner systematischen Suche darstellten.
Und so kehrte Willett in die große Halle voller Gestank und erbärmlichem Geschrei zurück, dämpfte das Licht seiner Lampe ab, um jeden Blick auf den höllischen Altar oder die offene Grube mit der durchlöcherten Steinplatte daneben zu vermeiden. Die meisten der finsteren Torbögen führten lediglich in kleine Kammern, von denen manche leer standen und andere offensichtlich als Lager benutzt worden waren. In einigen dieser Lagerräume sah er ein paar eigenartige Anhäufungen verschiedener Utensilien – einer war vollgestopft mit modrigen, staubbedeckten Ballen ausrangierter Kleidung, und Willett schlug der Puls höher, als er sah, dass es sich augenscheinlich um Kleidung handelte, wie sie vor anderthalb Jahrhunderten getragen wurde. In einem weiteren Raum fand er zahlreiche moderne Kleidungsstücke, als habe man hier einen Vorrat angelegt, um eine große Gruppe von Männern einzukleiden.
Was ihm jedoch am meisten Unbehagen bereitete, waren die riesigen Kupferkessel, die er gelegentlich sah – sie und die dunklen Verkrustungen darauf. Sie gefielen ihm noch weniger als die mit unheimlichen Figuren bemalten
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