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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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vibrieren. Die Brücke unter ihren Füßen erzitterte. Charlotte wollte schon weiterlaufen, doch Ubirè hielt sie an ihrem Arm.
    »Hörst du das?«
    Charlotte nickte. »Was ist das?«
    »Ich habe dieses Geräusch schon einmal gehört, in meinen Träumen. So klingt das Ende der Welt.«
    Urplötzlich stimmten die Krieger ihre Gesänge wieder an. Jeder Krieger sang für sich, trotzdem ergänzten sich die Melodien wie bei einem Kanon. Die Krieger schienen genau zu wissen, welche Melodiebögen sie singen mussten, um das Lied kraftvoll und stark werden zu lassen. Ihre Stimmen bildeten einen merkwürdigen Gegensatz zu dem Klirren und Dröhnen, das von der Ferne zu ihnen herüberdrang. Ja, es klang fast so, als gehörten die beiden Klänge zusammen. Eliza, die direkt hinter Charlotte stand, lauschte nachdenklich in den Regen hinaus. »Eigenartig«, sagte sie. »Es steckt eine ungewöhnliche Kraft in diesem Lied, findest du nicht?«
    »Doch«, entgegnete Charlotte. »Ich frage mich, ob das ein Zufall ist …«

 
58
     
     
    Im Tempelbezirk war das nackte Chaos ausgebrochen. Die Söldner liefen zwischen den emporschießenden Kristallen herum und versuchten, die panisch herumspringenden Pferde und Maultiere einzufangen, die irgendein Idiot von der Leine gelassen hatte. Die Tiere waren in ihrer Angst genau ins Zentrum der größten Aktivität gerannt und sahen sich nun von Mauern grüner Kristalle umringt.
    Max beobachtete, wie ein Pferd, beim Versuch zu flüchten, einen Söldner zu Boden stieß und ihn blutend und um Hilfe schreiend im Staub liegen ließ. Seine Kollegen hatten alle Hände voll zu tun, ihn aus der Gefahrenzone zu schleppen, ehe das Tier ein weiteres Mal über ihn hinwegtrampelte. Humboldt war der Einzige, der Ruhe bewahrte. Mit weit ausgebreiteten Armen stellte er sich vor die Tiere. »Ho! Wollt ihr euch wohl wieder beruhigen! Ganz ruhig jetzt. Ich führe euch hier heraus, vertraut mir.« Das Leittier, eine stolze braune Stute, die ursprünglich Archer gehört hatte, riss den Kopf hoch und stieg auf ihre Hinterläufe. Sie scheute, doch sie krümmte dem Forscher kein Haar. Als sie wieder herunterkam und den Kopf senkte, packte Humboldt sie am Zügel und streichelte ihr beruhigend über den Hals. »Ho, meine Schöne! Siehst du, es gibt keinen Grund, sich zu fürchten. Ich bringe euch jetzt raus hier. Folge mir einfach.«
    Doch sie hatten nicht mit den Söldnern gerechnet. Kaum, dass sie das Gelände verlassen wollten, trat ihnen Melvyn Parker in den Weg, das Gewehr im Anschlag. »He, Leute, kommt schnell her!«, schrie er. »Die Gefangenen haben sich befreit!«
    »Nimm deine Waffe runter!« Patrick riss ihm zornerfüllt das Gewehr weg. »Wir lassen hier niemanden zurück. Wo ist Wilson?«
    Der Söldner war einen Moment lang verwirrt, dann schüttelte er den Kopf. »Keine Ahnung. Wir haben ihn seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen. Sein Pferd, ein Maultier und ein Großteil unseres Proviants sind auch verschwunden.«
    »Ich habe gesehen, wie er einen der Meteoritensplitter eingesteckt hat und getürmt ist!«, rief einer der Männer.
    »Er hat uns sitzen lassen, dieses feige Schwein«, sagte Patrick. »Das hatte ich fast erwartet.«
    »Es ist Sir Wilson, von dem Sie da reden.« Melvyn Parker war sichtlich irritiert. »Ein Mann von Anstand und Ehre. Die Königin persönlich hat ihn zum Ritter geschlagen.«
    »Was beweist, dass selbst unsere Monarchin nicht vor Irrtümern gefeit ist.« Patrick schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich befindet er sich bereits auf dem Weg nach Hause, zusammen mit dem Meteoritensplitter und unserem Proviant.«
    »Aber … aber was sollen wir denn jetzt tun?«
    Aus den skrupellosen, abgebrühten Halunken war plötzlich ein Haufen führungsloser, ängstlicher Kinder geworden. Nur Patrick schien die Kontrolle zu behalten. »Beruhigt euch!«, rief er und hob beide Arme. »Ich übernehme die Führung. Ihr werdet tun, was ich euch sage. Zuerst mal müssen wir von hier verschwinden. Lauft zurück zum Lager, schnappt euch alles, was nicht niet- und nagelfest ist, und dann nichts wie zurück zur Brücke. Wir treffen uns dort.« Niemand schien Einwände zu haben. Die Männer nickten und machten sich auf den Weg.
    »Und Sie?«, fragte Parker.
    »Ich helfe Humboldt, die Pferde und Maultiere zusammenzutreiben. Wir kommen dann ebenfalls dorthin. Also los jetzt!«
    Wäre die Situation nicht so dramatisch gewesen, Max hätte vielleicht laut gelacht. Aus Patrick war ein richtiger Anführer geworden. So

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