Clovis Dardentor
ernsteren Folgen haben würden.
Um acht Uhr speisten Alle gemeinschaftlich… eine schweigsame Mahlzeit, während der Alle wie auf Verabredung des Ueberfalls durch die Raubthiere gar nicht erwähnten.
Beim Nachtisch aber stand Herr Dardentor auf und wandte sich an Louise in so ernstem Tone, wie man ihn von ihm gar nicht gewöhnt war.
»Liebes Fräulein, begann er, Sie haben mir das Leben gerettet…
– O, ich bitte Sie, Herr Dardentor, rief das junge Mädchen, deren Wangen sich purpurroth färbten.
– Ja, gerettet… gerettet aus einem Kampfe, worin ich ohne Ihr muthiges Eintreten das Leben verloren hätte! Mit Erlaubniß Ihrer Frau Mutter wär’ es nun, da Sie den im Artikel 345 des Civilgesetzbuches vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen, mein lebhaftester Wunsch, Sie zu adoptieren…
– Herr Dardentor… rief Frau Elissane, ich bin ganz bestürzt über Ihren Vorschlag…
– Keine Widerrede, unterbrach sie der Perpignaneser, denn wenn Sie nicht zustimmen…
– Nun, wenn ich nicht zustimme…
– Heirate ich Sie, verehrte Frau, und da wird Fräulein Louise ganz von selbst doch meine Tochter!«
Sechzehntes Capitel.
Worin eine den Wünschen des Herrn Dardentor entsprechende Lösung diesen Roman abschließt.
Am nächsten Morgen um neun Uhr entführte der Zug von Sidi-bel-Abbès den Bruchtheil der Karawane, der nach vierzehntägiger Reise nach seinem Ausgangspunkte zurückkehren sollte.
Dieser Bruchtheil umfaßte Herrn Dardentor, Frau und Fräulein Elissane, das Désirandelle’sche Ehepaar und dessen Sohn Agathokles, ferner Jean Taconnat und Marcel Lornans, von Patrice zu schweigen, der nur danach verlangte, sein ruhiges, regelmäßiges Leben in dem Hause am Logeplatze in Perpignan wieder aufzunehmen.
Freiwillig oder gezwungen verblieben in Sidi-bel-Abbès der Führer Moktani, der hier die sorgsamste Pflege fand und von Dardentor königlich belohnt worden war, sowie die beiden Eingebornen, die im Dienst der Algerischen Eisenbahngesellschaft standen.
Herr Eustache Oriental, der Vorsitzende der Gastronomischen Gesellschaft in Montélimar, war nicht der Mann dazu, sofort eine Stadt zu verlassen, der man den Spitznamen »Biscuitville« gegeben hat, ohne sie bezüglich der Leckereien, die sie bot, durchstudiert zu haben.
Die bedeutende Ortschaft zählt siebzehntausend Bewohner, darunter viertausend Franzosen, fünfzehnhundert Juden, und der Rest Eingeborne. Diese Arrondissementshauptstadt gehörte früher zu dem Gebiete der Beni-Amor, die über die Grenze zurückweichen und nach Marokko flüchten mußten. Die neue, aus dem Jahre 1843 stammende Stadt zeigt mit ihren, vom Mekerra bewässerten Umgebungen ein blühendes Gedeihen. Auf einer Abdachung des Tessala erbaut, liegt sie in einer Höhe von vierhundertzweiundsiebzig Metern halb im Grün versteckt.
Doch trotz aller Reize, die die Stadt hat, war es jetzt Herr Dardentor, der die schleunigste Abreise betrieb. Niemals hatte er noch eine solche Sehnsucht empfunden, nach Oran zurückzukehren.
Es dürfte ja niemand verwundern, daß sein Anerbieten, Louise Elissane zu adoptieren, im Princip gern angenommen worden war und auch ohne die Verpflichtung für die vortreffliche Dame, die Gattin des Herrn Dardentor zu werden! Ein Adoptivvater mit zwei Millionen, der Junggesell zu bleiben entschlossen war, der wird wohl nirgends unter der Sonne ausgeschlagen. Der Form und der Discretion halber setzte Frau Elissane der Sache zwar erst einigen Widerstand entgegen, doch das war nicht von Dauer. Das junge Mädchen mochte immerzu sagen:
»Ueberlegen Sie sich es reiflich, Herr Dardentor!
– Ist schon alles überlegt, gab er ihr zur Antwort.
– Sie können nicht das Opfer bringen….
– Ich kann es und ich will es, Töchterchen!
– Sie werden es vielleicht bereuen….
– Nie, Papas Herzblättchen!«
Schließlich hatte Frau Elissane als eine praktische Frau, der die Vortheile der Sache einleuchteten – was ja nicht schwierig war – Herrn Dardentor ihren herzlichen Dank ausgesprochen.
Auch die Désirandelle’s konnten sich vor Freude nicht fassen. Welch große Mitgift brachte nun Louise ihrem einstigen Gatten zu!… Welch ein Vermögen wurde das in Zukunft! Welch reiche Erbin!… Und alles das für Agathokles, denn jetzt zweifelten sie gar nicht mehr, daß ihr Freund, ihr Landsmann Clovis Dardentor, seinen väterlichen Einfluß zum Besten des guten Jungen geltend machen müsse. Das war gewiß sein Hintergedanke bei der Sache gewesen… ihr Sohn würde nun
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