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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wollten . . .«
    »Dann brechen wir also auf !« antwortete Clovis Darden-
    tor fast seufzend.
    Die kleine Gesellschaft gönnte sich noch einen letzten
    Blick auf das wechselreiche Landschaftsbild im Westen, auf
    die Sonne, deren herabsinkende Scheibe über dem Hori-
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    zont schwebte und mit ihren schrägen Strahlen die weißen
    Villen von Terreno vergoldete.
    Dann lenkten alle nach dem engen Schraubengang ein,
    der sich innerhalb der Mauer hinabwand, überschritten die
    Brücke und den Hof und traten zum Tor hinaus.
    Die Galera wartete an der Stelle, wo sie zurückgelassen
    worden war; der Kutscher schlenderte am Wallgraben hin.
    Als der Führer ihn heranrief, wandte er sich mit jenem
    ruhigen, geometrisch gemessenen Schritt zurück, der den
    privilegierten Sterblichen eigen ist, die in keinem Fall Eile
    haben, vor allem nicht hier in dem glückseligen Land, wo
    das Leben so gemächlich dahinfließt.
    Herr Dardentor stieg schon auf den Wagen, ehe der Kut-
    scher auf der Vorderbank seinen Platz eingenommen hatte.
    In dem Augenblick aber, wo Marcel Lornans und Jean
    Taconnat den Fuß auf den Auftritt setzen wollten, jagte die
    Galera so schnell davon, daß sie zurückspringen mußten,
    um nicht beiseite geschleudert zu werden.
    Der Kutscher stürzte sich nun zwar auf sein Gespann,
    um die Tiere zurückzuhalten, doch vergebens. Die Maul-
    tiere bäumen sich, werfen den Mann um, und es ist ein
    Wunder, daß er von den Rädern des Wagens, der hüpfend
    davonrollte, nicht überfahren wurde.
    Der Kutscher und der Führer schreien gleichzeitig laut
    auf. Beide stürzen sich auf die Straße von Bellver, die die
    Galera in sausendem Galopp hinunterfliegt, jeden Augen-
    blick in Gefahr, entweder die seitlichen Abhänge hinabzu-

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    stürzen oder an den Tannen des düsteren Hochwalds zu
    zerschellen.
    »Herr Dardentor! . . . Herr Dardentor!« rief Marcel
    Lornans mit aller Kraft seiner Lungen. »Er wird sich um-
    bringen! . . . Schnell, Jean, ihm nach!«
    »Jawohl«, antwortete Jean Taconnat, »und doch . . . wenn
    dieser Zufall gelten sollte . . .«
    Wie es damit auch stand, jedenfalls galt es, die Gelegen-
    heit beim Schopf zu erfassen, das heißt hier, die Maultiere
    am Kopf zu packen. Diese rasten aber so schnell davon, daß
    man kaum hoffen konnte, sie einzuholen.
    Der Kutscher, der Cicerone und die beiden jungen Leute
    nebst einigen Bauern, die dazugekommen waren, nahmen
    nun, wie man sagt, die Beine unter den Arm.
    Inzwischen hatte Clovis Dardentor, der seine Kaltblütig-
    keit unter keinen Umständen verlor, die Zügel mit kräftiger
    Hand ergriffen und versuchte die Maultiere, die er zurück-
    zerrte, zum Stehen zu bringen. Das war aber dasselbe, als
    wenn er sich bemüht hätte, ein Geschoß in dem Moment
    aufzuhalten, wo es aus dem Feuerschlund flog, und für Vor-
    überkommende, die es versuchten, dasselbe, als wenn sie es
    im Flug hätten abfangen wollen.
    Die Straße hinunter ging es in tollster Fahrt, in wüten-
    den Sätzen über den Bergbach hin. Clovis Dardentor, der
    den Kopf oben behielt und der seine Galera wenigstens mit-
    ten auf der Straße zu halten vermochte, sagte sich, daß diese
    Höllenfahrt jedenfalls erst vor der Stadtmauer ein Ende
    nehmen und die erregten Tiere nicht durch ein Tor jagen
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    würden. Wenn er die Zügel wegwarf und aus dem Gefährt
    zu springen versuchte, wußte er recht gut, welcher Gefahr
    er sich aussetzte und daß es geraten wäre, in seiner Lage
    auszuharren, ob der Wagen nun umstürzte, so daß die Rä-
    der nach oben standen, oder ob er an irgendeinem Hinder-
    nis zertrümmert wurde.
    Die verteufelten Maultiere jagten aber mit einer Ge-
    schwindigkeit weiter, die auf Mallorca und auf den anderen
    Inseln des Archipels noch kein Menschenkind beobachtet
    hatte.
    Hinter Terreno folgte die Galera der Außenmauer, oft im
    schrecklichen Zickzack hin und her geschleudert, hüpfend
    wie eine Ziege, springend wie ein Känguruh, an den ersten
    Toren der Mauer vorüber, bis sie nach der Puerta Pintada
    an der Nordostecke der Stadt gelangte.
    Die beiden Maultiere mußten dieses Tor besonders gut
    kennen, denn sie stürmten ohne jedes Zaudern darunter
    weg. Jetzt gehorchten sie offenbar weder der Stimme noch
    den Händen Clovis Dardentors. Sie allein gaben der Galera
    die Richtung, kamen in gestrecktem Lauf immer mehr ins
    Feuer, ohne auf Passanten zu achten, die entsetzt aufschrien,
    sich unter den Haustüren verkrochen oder in die

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