Club Dead
eine Stimme von der Türschwelle.
Ich blinzelte und richtete mich auf. Mein Gastgeber lehnte am Türpfosten, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Alles in Ordnung?"
Ich nickte zögernd.
„Fehlt er Ihnen?"
Es war mir zu peinlich, meine Geldsorgen zu erwähnen, und natürlich waren die auch nicht wichtiger als Bill. Um die Dinge zu vereinfachen, nickte ich also.
Alcide setzte sich neben mich und legte den Arm um meine Schultern. Wie warm der Mann war. Er roch nach Waschmittel, nach Weichspüler, und Irish Moos-Seife und nach Mann. Ich schloß die Augen und zählte wieder einmal bis zehn.
„Er fehlt Ihnen", sagte er, wie um sich selbst zu bestätigen. Mit der Linken langte er am eigenen Körper vorbei, um meine Linke zu ergreifen, während er mich fester in den rechten Arm nahm.
Sie wissen ja gar nicht, wie sehr er mir fehlt! schoß es mir durch den Kopf.
Anscheinend entwickelt nämlich der Körper, hat man sich erst einmal an regelmäßigen, phantastischen Sex gewöhnt, eine Art Eigenleben, sobald man ihm dieses wunderbare Freizeitvergnügen wieder raubt - mal ganz abgesehen von der Sache mit dem Umarmen und Kuscheln. Mein Körper jedenfalls flehte mich förmlich an, ich möge doch bitte diesen Alcide ganz einfach rücklings aufs Bett werfen und den Rest ihm überlassen. Er hätte zu gern mit diesem stattlichen Mann getan, wonach ihm der Sinn stand, und zwar auf der Stelle.
„Ja, er fehlt mir wirklich, ganz gleich, welche Probleme wir haben", sagte ich mit ganz dünner, zittriger Stimme. Ich wagte nicht, die Augen zu öffnen, aus Furcht, in Alcides Augen etwas glimmen zu sehen, etwas, das mir den letzten Anstoß hätte geben können. Dann wäre ich nicht mehr zu halten gewesen.
„Was meinen Sie - wann sollten wir aufbrechen?" fragte ich, um der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben.
Wie warm er war.
Eine andere Wendung! „Soll ich uns etwas kochen, ehe wir losziehen?" Das schien mir das Mindeste, was ich tun konnte. Kurz entschlossen schoß ich vom Bett wie ein Schachtelteufelchen und warf Alcide das natürlichste Lächeln zu, das ich zustande bringen konnte. Wenn ich nicht sofort aus der unmittelbaren Nähe dieses Mannes verschwand, würde ich hemmungslos über ihn herfallen.
„Ach, lassen Sie uns doch ins Mayflower Cafe gehen. Ein nettes Restaurant, sieht aus wie eine dieser altmodischen Gaststätten und ist auch eine, aber es wird Ihnen dort sicher gefallen. Alle gehen dorthin - vom Senator bis zum Tischler, alle möglichen Leute. Sie schenken allerdings keinen Wein aus, nur Bier - macht Ihnen das etwas aus?" Ich zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf. Natürlich nicht. „Ich trinke nicht oft", erklärte ich.
„Ich auch nicht", antwortete er. „Das mag daran liegen, daß mein Vater die Tendenz hat, von Zeit zu Zeit zu viel zu trinken. Dann trifft er immer falsche Entscheidungen." Alcide schien seine Worte sofort zu bereuen. „Nach dem Mayflower Cafe gehen wir in den Club", setzte er kurz angebunden hinzu. „Dieser Tage wird es früh dunkel, aber die Vamps tauchen erst auf, wenn sie ein wenig Blut intus, ihre Damen abgeholt und ein paar Geschäfte erledigt haben. Wir sollten da so gegen zweiundzwanzig Uhr auflaufen. Das heißt, wir sollten gegen acht essen gehen. Ist das in Ordnung?"
„Sicher." Nur daß ich nun nicht wußte, was ich die ganze Zeit bis dahin mit mir anfangen sollte, denn es war erst zwei Uhr nachmittags. Alcides Wohnung brauchte nicht saubergemacht zu werden, und es gab auch keinen Grund zu kochen. In meinem Koffer befanden sich Liebesromane für den Fall, daß ich lesen wollte. Angesichts der Verfassung, in der ich war, wäre eine solche Lektüre meinem ... Gemütszustand jedoch wohl kaum zuträglich gewesen.
„Hören Sie, wäre es in Ordnung, wenn ich kurz losgehe und ein paar Kundenbesuche erledige?" erkundigte sich mein Gastgeber besorgt.
„Natürlich, machen Sie das ruhig!" Um so besser, dachte ich, dann war er wenigstens nicht in meiner unmittelbaren Nähe. „Erledigen Sie ruhig alles, was Sie erledigen müssen. Ich habe mir etwas zum Lesen mitgebracht, und dann gibt es ja auch noch das Fernsehen." Ich konnte mir ja erst mal den Krimi zu Gemüte führen.
„Wenn Sie möchten ... ich weiß nicht... meine Schwester Janice hat einen Schönheitssalon nur ein paar Straßen weiter, in der Altstadt. Janice hat einen Mann aus Jackson geheiratet. Wenn Sie möchten, könnten Sie rübergehen und sich dort generalüberholen lassen."
„Ach ich ... nun ... das."
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