Club Dead
Guten in der Stadt es diese Nacht vorgezogen hatten, zu Hause zu bleiben.
Dann befanden wir uns auch schon in der Limousine; mein Kopf ruhte auf Erics Schenkeln, uns gegenüber saßen Russel, Talbot und der kleine, schwarzgelockte Vampir. Als wir an einer roten Ampel halten mußten, trottete schwerfällig ein Bison an uns vorbei.
„Gut, daß die Innenstadt von Jackson im Dezember an den Wochenenden nachts so gut wie menschenleer ist!" bemerkte Talbot gerade, woraufhin Eric lachte.
Mir kam es vor, als führen wir eine ganze Weile. Eric strich mir den Rock über den Beinen glatt, strich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich sah zu ihm auf und ...
„... wußte sie, was er vorhatte?" fragte Talbot, als ich wieder zu mir kam.
„Sie sagt, sie hat gesehen, wie der Kerl den Pflock aus der Tasche zog", sagte Eric, der meisterhafte Lügner. „Sie war auf dem Weg zum Tresen, um sich etwas zu trinken zu holen."
„Da hatte Betty Joe ja Glück", bemerkte Russel in seinem weichen, schleppenden Südstaatenakzent. „Die jagt wohl noch immer hinter dem her, der entkommen ist."
Nun bogen wir in eine Auffahrt und hielten vor einem Tor. Ein bärtiger Vampir trat an den Wagen und spähte durch die Windschutzscheibe, wobei er jeden einzelnen Insassen sorgfältig musterte. Er war weitaus besser auf der Hut als der Wachmann in Alcides Wohnkomplex, dem seine Arbeit ziemlich egal gewesen zu sein schien. Dann vernahm ich ein elektronisches Summen, dann öffnete sich eine Tür, und wir fuhren eine Einfahrt entlang (unter den Rädern der Limousine knirschte Kies), die uns letztlich zu einem ungeheuer prächtigen Haus führte. Die Villa war so hellerleuchtet wie eine Geburtstagstorte, und als mich Eric nun ganz vorsichtig aus dem Auto hob, konnte ich sehen, daß wir unter einem Schutzdach vor dem Hauseingang gehalten hatten. Dieses war prunkvoll gestaltet und so prachtvoll verziert, wie ich es nie bei einer simplen Markise für möglich gehalten hätte. Auf diesem Anwesen ruhte selbst der Carport auf Säulen! Irgendwie rechnete ich jede Sekunde damit, Vivian Leigh die Treppe herunterschreiten zu sehen.
Dann wurde mir wieder schwarz vor Augen, und als nächstes befanden wir uns bereits im Foyer. Meine Schmerzen waren dabei, sich zu verabschieden, weswegen mir wunderbar leicht zumute war.
Da Russel der Besitzer dieser stattlichen Villa war, wurde sein Nachhausekommen als ganz große Sache behandelt. Als die Bewohner der Villa dann noch frisches Blut rochen, überschlugen sie sich fast im Bemühen, möglichst rasch herbeizueilen und sich um ihren Herrn und Meister zu scharen. Ich sah mich um und hatte das Gefühl, mitten in einer Talentshow gelandet zu sein, bei der nach dem attraktivsten Titelbildmodell für romantische Liebesromane gesucht werden sollte. Noch nie hatte ich so viele hübsche Männer auf einem Haufen gesehen, und allesamt waren sie, was ich unschwer feststellen konnte, nicht für mich bestimmt. Russel war eine schwule Vampirversion von Hugh Hefner, sein Haus die Playboy-Villa, Betonung auf 'Boy' .
„Wasser, Wasser überall und doch kein Tropfen zu trinken!" sagte ich, woraufhin Eric laut loslachte. Das mochte ich so sehr an diesem großen, blonden Vampir, dachte ich verträumt: Er verstand mich einfach.
„Gut! Die Spritze zeigt Wirkung", bemerkte ein weißhaariger Mann in karierter Hose und Freizeithemd. Er war ein Mensch, und irgendwie deutete alles an ihm darauf hin, daß er Arzt war; er hatte es nicht nötig, sich ein Stethoskop um den Hals zu hängen - ihn erkannte man auch so. „Brauchen Sie mich noch?" fragte er nun.
„Bleiben Sie doch noch eine Weile, wenn es Ihnen nichts ausmacht", schlug Russel vor. „Josh wird Ihnen sicher gern Gesellschaft leisten."
Leider bekam ich nicht mit, wie Josh aussah, denn nun trug mich Eric die Treppe hoch.
„Rhett und Scarlett", murmelte ich.
„Das verstehe ich nicht", sagte Eric bedauernd.
„Du willst mir doch nicht sagen, daß du Vom Winde verweht nicht gesehen hast!" Ich war entsetzt. Dann fragte ich mich, ob mein Erstaunen gerechtfertigt war: Warum sollte sich ein Wikinger, der Vampir geworden war, dieses Musterbeispiel südstaatlicher Mystik anschauen wollen? Bestimmt jedoch kannte er statt dessen die Ballade vom alten Seemann , mit der ich mich auf der High School hatte herum quälen müssen. „Den Film mußt du dir unbedingt ansehen! Es gibt ihn auch auf DVD. Warum führe ich mich eigentlich so bescheuert auf? Warum komme ich nicht um vor Angst?"
„Der
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