Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
aber der Donner war nun weiter entfernt, und der Wind hatte begonnen nachzulassen. Sie drängten sich durch ein Netz aus Zweigen und Unterholz und erreichten bald die Mitte des Gehölzes, wo sie im rötlichen Licht ihrer Cerylle die Leichen der Eulenweisen und ihres Ersten sahen. Jessamyn starrte blicklos ins Dunkel, und Peredurs Kopf und Hals saßen in einem unmöglichen Winkel auf seinem Oberkörper. Jessamyns weiße Eule hockte auf ihrem Arm und betrachtete die Magier und ihre Vögel misstrauisch. Als sie näher kamen, zischte der Vogel bedrohlich, weigerte sich aber, die Eulenweise zu verlassen. Sartols eigene Eule plusterte sich auf und nahm eine drohende Haltung an.
»Wonach suchen wir hier, Baden?«, fragte Trahn leise. Baden versuchte, seine Gefühle angesichts der Leichen seiner Freunde zu beherrschen und Stärke und Gelassenheit zu bewahren. »Nach dem, was wir hier gesehen haben«, sagte er zu seinem Freund, »und was wir von Sartol erfahren haben, habe ich zwei Fragen. Ich glaube, sie stehen miteinander in Verbindung, und ich glaube, die Antworten werden uns verraten, wieso Orris die Eulenweise und den Ersten getötet und warum er versucht hat, Alayna und Jaryd zu töten.« Trahn nickte ihm ermutigend zu; Sartol war näher zu ihnen getreten, um zu hören, was sie besprachen. »Erstens, was wollte Jessamyn hier in diesem Gehölz, so weit vom Lager entfernt? Und zweitens, woher hat Jaryd einen Ceryll erhalten?«
»Jaryd?«, fragte Sartol erstaunt. »Was bringt dich darauf zu glauben, dass Jaryd einen Ceryll hatte?«
»Das blaue magische Feuer, das wir gesehen haben, stammte von Jaryd.«
»Bist du sicher?«
Baden nickte. »Ich hatte vor langer Zeit eine Vision von Jaryd, wie er aussehen würde, nachdem er sich seiner Macht bewusst wurde. Der Ceryll, den er in dieser Vision benutzte, schimmerte in demselben Blau, das Trahn und ich heute Nacht gesehen haben.« Ohne ein weiteres Wort begann er, das Gehölz nach Hinweisen zu durchsuchen, die ihm vielleicht erklären konnten, wieso Orris etwas so Schreckliches getan hatte. Trahn und Sartol folgten seinem Beispiel. Als er an Jessamyns Leiche vorbeikam, blieb Baden stehen, bückte sich vorsichtig, um die weiße Eule nicht zu erschrecken, und schloss die Augen der Eulenweisen. Die Eule zischte ihn erneut an, flog aber nicht weg. »Baden!«, rief Sartol, der nur ein paar Schritte entfernt war. »Ich glaube, ich habe die Antwort auf deine erste Frage gefunden.«
Rasch ging Baden zu der Stelle, wo der Eulemieister sich auf ein Knie niedergelassen hatte. Trahn hatte ebenfalls aufgehört zu suchen und wandte seine Aufmerksamkeit Sartol zu, kam aber nicht näher.
»Sieh dir das mal an«, sagte Sartol und zeigte auf mehrere Äste, die nebeneinander am Boden lagen.
Baden nickte. »Fackeln. Aber natürlich. Wir hätten sie gebraucht, wenn wir ohne Cerylle in den Hain gegangen wären.« Er schüttelte den Kopf und lächelte bedauernd. »Es war typisch für Jessamyn, sie selbst zu holen, statt jemanden zu schicken.«
Sartol lächelte bei dieser Bemerkung. »Ja«, stimmte er zu, »so war sie.« Er stand wieder auf. »Aber was könnte die Tatsache, dass Jessamyn Fackeln vorbereiten wollte, damit zu tun haben, dass Jaryd einen Ceryll gefunden hat?«, fragte er.
Baden fuhr sich mit der Hand durch sein nasses Haar und seufzte. »Das weiß ich nicht«, erwiderte er schließlich. »Ich weiß es einfach nicht.«
»Ich bin nicht sicher, ob wir wirklich genügend Zeit haben, das so ausführlich miteinander zu besprechen«, meinte Trahn. »Wenn Sartol Recht hat, was Orris angeht -«, er warf dem Eulenmeister widerstrebend einen zustimmenden Blick zu, »- und das scheint tatsächlich möglich zu sein, dann müssen wir Amarid noch vor Orris erreichen und die anderen warnen. Die Eulenmeister müssen auch ein neues Oberhaupt wählen; der Orden sollte nicht zu lange ohne Führung sein.«
»Aber wenn Orris vorhat, Alayna und Jaryd zu töten«, entgegnete Baden, »sollten wir dann nicht hier bleiben, um sie zu schützen, wenn sie aus dem Hain kommen?« Trahn legte Baden die Hand auf die Schulter. »Sie könnten schon tot sein, Baden.«
»Aber vielleicht leben sie auch noch«, entgegnete der Eulenmeister gereizt.
»Vielleicht sollten wir uns trennen«, schlug Sartol vor und schaute von einem zum anderen.
Baden nickte. »Gute Idee. Ich bleibe hier.«
Trahn schüttelte den Kopf. »Du musst gehen, und das weißt du auch. Als Eulenmeister musst du bei der Wahl anwesend sein. Ich
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