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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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im Salon?«
    »Ich hatte einen Haarschnitt und eine Massage bitter nötig. Außerdem hatte sie an dem Tag frei. Mai fühlt sich offenbar zu Höherem berufen. Laut Aussage der Mädchen nimmt sie ihre Friseurlehre nicht richtig ernst.
    Angeblich hat sie sogar gesagt, der Salon sei für sie nur eine Zwischenstation.«
    »Die junge Dame wil also hoch hinaus.«
    »Scheint so.«
    »Und Sie glauben, das war dem Genossen Grund genug, mal eben seine Frau um die Ecke zu bringen?«

    »Warum nicht?«
    »Na, weil er fein raus war. Darum nicht. Er hatte sein angetrautes Eheweib zur Wahrung des Scheins sowie zur Repräsentation bei offiziel en Anlässen, und er hatte seine Friseuse zum…«
    »…eingehenden Studium des Kapitals.«
    »Genau. Er hatte nichts davon. Sie schon.«
    »Sie sind ein verdammt gerissener Hund, Dr. Siri. Und wie ist sie an die Tabletten herangekommen?«
    Siri blickte aufs Wasser hinaus und stel te sich vor, er hätte eine Pfeife im Mund. »Viel eicht hatte sie ja einen Helfer.«
    »Wil sagen?«
    »Einen Freund. Einen richtigen Freund. Oder sie gehört einer anarchistischen Bewegung an. Es wäre für al e Beteiligten von Vorteil, wenn man die Zweitfrau beim Genossen Kham einschleusen könnte. Die Welt ist klein. Es brauchte bloß jemand nahe genug an sie heranzukommen, um sich ihre Tabletten ausleihen und ihr das Zyanid unterschieben zu können.«
    »Sie meinen, bei der Frauenunion?«
    »Oder bei einem Empfang. Sie hat schließlich gern mal ein Bier zu viel getrunken.«
    »Aber das ist doch Unsinn. Wenn Kham nicht an der Sache beteiligt war, warum…«
    »Darf’s noch was sein?«, rief die Mama von der Bar herüber. Sie winkten höflich ab.
    »Warum gibt er sich dann solche Mühe, den Mord zu vertuschen? Und warum reicht er einen gefälschten Bericht ein?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe die Akten eingesehen. Ihr Protokol ist als offiziel er Obduktionsbericht registriert.«
    »Aber er war noch nicht fertig. Meine Unterschrift fehlte.«

    »Jetzt nicht mehr.«
    »Dieses Schwein. Können wir ihn nicht wegen Urkundenfälschung drankriegen?«
    »Woher wol en Sie wissen, dass er es war?«
    »Ich hab’s gesehen. Er hat ihn von meinem Schreibtisch gestohlen. Vor meinen Augen.«
    »Dann steht ein Wort gegen das andere.«
    Siri trank einen gewaltigen Schluck Rum und wäre fast an einem Eiswürfel erstickt. Phosy klopfte ihm auf den Rücken.
    »Danke. Und was machen wir jetzt?«
    »Vor al em weiter Stil schweigen bewahren. Ich wil sehen, was ich über die Friseuse in Erfahrung bringen kann, und ein paar diskrete Erkundigungen über den Genossen Kham einziehen. Wir haben noch nicht genug in der Hand, um ihn anzuzeigen, nicht einmal, wenn wir wüssten, bei wem.«
    »Es ist zum Kotzen. Ich dachte, wir hätten die Macht übernommen, um mit gesel schaftlichen Missständen aufzuräumen. Dabei haben wir der Korruption lediglich ein neues Gesicht gegeben.«
    »Seien Sie nicht so negativ. Das ist doch nur ein Einzelfal . Sie wissen genau, dass sich al es zum Besseren gewendet hat. Im Gegensatz zu früher kann man hier und heute guten Gewissens Kinder in die Welt setzen.«
    »Spricht da die Stimme der Umerziehung?«
    »Nein. Ich glaube fest daran. Mit Laos geht es bergauf.«
    Die Sonne landete irgendwo in Thailand, und der rosarote Himmel färbte sich erst violett, dann mauve. Auf einem Felsen am Ufer saßen, im Sicherheitsabstand von einem guten halben Meter, ein Junge mit der obligatorischen Kurzhaarfrisur und ein Mädchen mit der obligatorischen Langhaarfrisur. Händchen halten war streng verboten.
    Der Rum war al e, und Phosy schlug Siris Angebot aus, ihn zur Klinik zu begleiten, um sein Rad zu holen. Vor dem Hotel gaben sie sich die Hand, Genossen im Kampf gegen das Verbrechen. Siri hielt Phosys Hand fest umklammert.

    »Danke für Ihre Hilfe. Ich weiß, dass Sie damit ein großes Risiko eingehen.«
    »Ich? Ach was. Ich bin ein wiedergeborener Kommunist. Für mich interessiert sich niemand mehr. Aber Ihre Freunde sol ten sich in Acht nehmen. Wer weiß sonst noch Bescheid?«
    »Nur Lehrerin Oum aus dem Lycée. Sie hat die Tests durchgeführt.«
    »Dann sagen Sie ihr, sie sol vorsichtshalber mit niemandem darüber sprechen.«
    »Das weiß sie.«
    »Gut. Ich melde mich.«
    Siri ging durch die menschenleeren Straßen nach Hause. Es war zwar erst acht Uhr abends, aber die Setthathirat lag da wie ausgestorben. Auf dem Heimweg fuhr nur ein Fahrrad ohne Licht an ihm vorbei, sonst nichts. An den Ecken schwelten kleine Scheiterhaufen

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