COLLECTION BACCARA Band 0269
und wohl auch niemals haben würde.
Seit der Hochzeit ihrer besten Freundin steckte Janey in einem Stimmungstief. Obwohl sich eigentlich nichts geändert hatte. Sara und sie arbeiteten immer noch zusammen und sahen sich täglich. Sie teilten weiterhin die wichtigsten Dinge miteinander, und trotzdem fühlte sich ihr Leben irgendwie leerer an.
Sie legte beide Hände an ihren schmerzenden Rücken, streckte sich und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Dabei atmete sie tief ein und aus, bis sie spürte, dass der Frust und das Gefühl der Einsamkeit etwas von ihr abfielen.
„Welch reizender Anblick.“
Janey schreckte zusammen und schnappte nach Luft. Diese Stimme … Ihr wurde erst heiß, dann kalt. Er kann es nicht sein, sagte sie sich. Er konnte nicht einfach ohne jegliche Vorwarnung hier auftauchen.
Sie blickte über die Schulter, wollte eine schlagfertige Antwort geben, doch sie brachte keinen einzigen zusammenhängenden Satz zustande, sondern starrte einfach nur den Mann an, der auf der anderen Seite des schmiedeeisernen Zauns stand.
Seine Stimme hatte sich verändert. Tiefer und irgendwie rauer. Doch das Gesicht war unverkennbar. Zehn Jahre lang hatten sie schöne und weniger schöne Erinnerungen an dieses Gesicht verfolgt. „Noah Bryant“, murmelte Janey und musterte ihn von oben bis unten.
Er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, und kräftiger. Damals war er eher schlaksig und dünn gewesen, auch wenn er immer schon breite Schultern gehabt hatte. Und das freche Glitzern in seinen grünen Augen hatte jedes Frauenherz schneller schlagen lassen. Auch ihr eigenes. Schon beim ersten Kennenlernen hatte sie sich in Noah verliebt. Damals in der vierten Klasse. Und ihre Liebe war dieselbe geblieben, bis er schließlich ohne jeden ersichtlichen Grund die Stadt verlassen hatte.
Das war vor zehn Jahren. Seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Immer wieder hatte sie sich ein Wiedersehen ausgemalt. Doch in ihrer Fantasie hatte er nicht in einem eleganten Anzug vor ihr gestanden, der wahrscheinlich mehr kostete, als sie im Monat verdiente, während sie in einem mit Farbe bekleckerten T-Shirt auf dem Holzfußboden saß. „Du wolltest doch nie wieder nach Erskine zurückkommen“, sagte sie. „Na, ja, aber du konntest schließlich noch nie ein Versprechen halten.“
Sein Lächeln verschwand. „Du hast mir offensichtlich immer noch nicht verziehen.“
„Lächerlich. Ich habe schon seit Jahren nicht mehr an dich gedacht.“
„Nun, ich habe an dich gedacht, Janey, oft sogar. Du bist die einzig schöne Erinnerung, die ich an diesen Ort habe.“
„Du hast dich hier nie wohlgefühlt“, sagte sie und blickte die ruhige Straße entlang. Hundert Jahre alte Häuser mit perfekt gemähten Rasenflächen, eingerahmt von Blumenbeeten hinter weißen oder schmiedeeisernen Zäunen. In seinen Augen war Erskine einfach nur ein Ort in Montana, langweilig, bieder und öde. Für Janey war es ein Zuhause.
„Stimmt, aber ich habe immer bedauert, wie wir auseinandergegangen sind.“
Bedauert? Er hatte keine Ahnung, was dieses Gefühl für sie bedeutete. Sie warf einen Blick über ihre Schulter, obwohl sie eigentlich wusste, dass die Haustür fest verschlossen war. Dann lief sie die Treppe hinunter Richtung Zaun, um absolut sicher zu sein, dass ihre Stimme nicht bis ins Hausinnere drang. „Warum bist du zurückgekommen?“, fragte sie.
„Ich habe in dieser Gegend geschäftlich zu tun, und als ich dich sah …“
Sie warf ihm einen scharfen Blick zu.
„Okay, ich habe verstanden. Ich mache mich wieder auf den Weg“, sagte er. Doch statt einfach zu gehen, besaß er die Frechheit, näher an den Zaun zu treten und ihr die Hand zu reichen.
Janey nahm sie. In dem Moment hörte sie die Stimme ihrer Tochter.
„Mom“, rief Jessie. Sie kam aus dem Haus gestürmt, sprang die Treppe hinunter und umarmte ihre Mutter stürmisch. „Sara Devlin hat angerufen. Sie bringen an diesem Wochenende die Kälber auf die Weide, und sie hat gefragt, ob ich mitkommen möchte. Sie meint, ich könnte morgen nach der Schule mit Joey nach Hause fahren und über Nacht bleiben, wenn du nichts dagegen hast.“
„Mom?“, sagte Noah, und die Überraschung sprang ihm geradezu aus dem Gesicht. Nicht, dass er sich Janey nicht als Mutter vorstellen konnte; er kannte niemanden, der Kinder mehr liebte als Janey. Es war nur, dass sie in seinen Gedanken immer noch siebzehn war, immer noch frei und ungebunden, und nicht eine erwachsene Frau mit einem
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