COLLECTION BACCARA Band 0269
ihn?“
„Doch, sicher. Jeden Tag.“ Sie nickte versonnen.
„Und wieso bist du nicht daran zerbrochen?“
Ihre Mutter überlegte. „Ich hatte ja euch. Ihr habt immer dafür gesorgt, dass etwas los ist, und habt mich auf Trab gehalten. Wenn ich den ganzen Tag daran gedacht hätte, dass er abends vielleicht nicht nach Hause kommt, wäre ich wahrscheinlich wahnsinnig geworden.“
„Aber eines Tages kam er abends tatsächlich nicht mehr heim.“
„Stimmt.“ Sie hörte auf, sich mit den Essensresten zu beschäftigen. „Doch darauf kann man sich nicht vorbereiten. Aber dein Vater und ich, wir hatten eine wunderbare Zeit miteinander, die ich um nichts in der Welt missen möchte.“
Aus den Worten ihrer Mutter war nicht zu entnehmen, wie schlimm die Situation damals wirklich gewesen war. Doch Fiona hatte es selbst erlebt und wusste es.
„Und wenn du schon vorher gewusst hättest, wie es werden würde? Hättest du dich dann darauf eingelassen?“
Mit ihren wachen Augen blickte Moira McNeill ihre Tochter prüfend an. „Wie in aller Welt kommst du auf diese Frage?“
Fiona zuckte die Achseln und fixierte ihr Weinglas, als könnte sie darin die Zukunft lesen. „Wir haben noch nie darüber gesprochen.“
„Eben. Dabei haben wir schon so oft über deinen Vater geredet. Aber diese Frage hast du mir noch nie gestellt. Du weißt, dass ich deinen Dad mehr geliebt habe als mein eigenes Leben. Und ich liebe ihn bis heute.“
„Ich weiß“, antwortete Fiona lächelnd. „Das geht mir genauso. Aber ich muss es wissen, es ist wichtig: Wenn du die Chance hättest, noch einmal neu zu beginnen, würdest du Dad dann wieder heiraten?“
„Aber natürlich, meine Kleine. Wenn wir uns immer nur Sorgen machen würden wegen der schlimmen Dinge, die uns vielleicht passieren werden, dann könnten wir das Haus ja überhaupt nicht mehr verlassen!“
Diese Antwort brachte Fiona auch nicht weiter. „So einfach ist das nicht. Wenn man weiß, welche Schmerzen einem zugefügt werden können, ist es doch nur natürlich, wenn man sich dagegen schützen will.“
Ihre Mutter studierte ihr Gesicht aufmerksam. „Hat diese Unterhaltung zufällig etwas mit Shane Dwyer zu tun?“
Fiona runzelte die Stirn. „Hat Eddie etwas gesagt?“
„Nein, kein Wort. Aber das würde erklären, warum er nicht hier ist und Eddie dir während des Essens böse Blicke zugeworfen hat.“
Erwischt. „Also gut, es hat etwas mit Shane zu tun“, gab Fiona notgedrungen zu.
Im Gesicht ihrer Mutter ging schlagartig die Sonne auf. „Oh, wie schön! Shane ist so ein netter, gut aussehender Junge! Ich habe schon letzte Weihnachten bemerkt, wie er dich angeschaut hat!“
„Mum!“
„Wenn ich nur zwanzig Jahre jünger wäre …“, sagte ihre Mutter träumerisch, während sie sich mit der Hand Luft ins Gesicht fächelte.
„Mum!“
„Und wenn er etwas mit dir anfängt, muss er wirklich ernsthafte Absichten haben, wenn man seine familiäre Vergangenheit bedenkt.“
„Unglaublich! Du weißt auch davon?“, fragte Fiona verblüfft. „Bin ich eigentlich die Einzige, der man diese Information vorenthalten hat?“
„Du weißt doch, Shane ist kein großer Redner.“
„Aber mit dir hat er geredet.“ Fiona legte den Kopf schief und zog die Augenbrauen hoch.
„Ja, schon, aber das ist etwas anderes. Ich bin wie eine Mutter für ihn. Beim dritten oder vierten Weihnachtsfest, das er hier verbrachte, sind wir auf seine Familie zu sprechen gekommen. Den Rest habe ich stückchenweise aus ihm herausgelockt.“
Da war sie erfolgreicher gewesen als Fiona. Warum fiel es ihr und Shane nur so schwer, mit anderen Mitteln als ihrem Körper zu kommunizieren?
„Ich glaube, er trägt bis heute einiges mit sich herum. Es ist bestimmt nicht leicht für ein Kind, wenn sein Vater eine neue Familie gründet und sein erstes Kind vollkommen ignoriert. Deshalb tut er sich wahrscheinlich so schwer damit, jemanden an sich heranzulassen. Aber wir haben doch alle unsere Altlasten, ohne die wir nicht die wären, die wir sind.“
Sie brach ab und überlegte. „Verstehe ich das richtig: Du willst keine Beziehung zu Shane, weil dein Vater bei einem Einsatz ums Leben gekommen ist?“
Fiona nickte wortlos. Sie spürte, wie einmal mehr Tränen in ihr hochstiegen. In letzter Zeit entwickelte sie sich zu einer richtigen Heulsuse.
„Nicht doch, Kleines.“ Ihre Mutter nahm sie liebevoll in den Arm und strich ihr über den Kopf. „Du kannst dir dein Lebensglück doch nicht durch den
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