COLLECTION BACCARA Band 0287
hatte sie ihm überhaupt nicht gesagt, dass sie fortgehen wollte, obwohl sie ihm Offenheit versprochen hatte. Aber er verdrängte diese Gedanken schnell, um nichts Unbedachtes zu sagen. „Schön. Annette und ich müssen weiter. Wir zwei wollen ein bisschen herumfahren.“
Sie lächelte. „Du bist ein wundervoller Vater.“
Jetzt überkam ihn doch die Neugier. „Was für Häuser will Lily dir eigentlich zeigen?“
„Farmhäuser“, sagte Esme stolz. „Sie kennt einige wunderschöne Fleckchen.“
„Ach wirklich?“ Er versuchte, etwas mehr Begeisterung zu zeigen. Aber er empfand fast körperliche Schmerzen bei dem Gedanken, sie bald nicht mehr in seiner Nähe zu haben. Warum war sie nur so schrecklich umtriebig?
„Ich suche nach einem großen Haus, wo ich Rollstuhlrampen einbauen kann und die Kinder genug Platz zum Spielen haben.“
An ihn dachte hier wohl niemand! „Wollen deine Eltern hierher ziehen?“
Sie nickte. „Es wird den Richter bestimmt positiv beeinflussen. Außerdem brauchen sie mich, wie du weißt.“
Natürlich wusste er das, aber es störte ihn, dass Esme ihre Entscheidungen ohne ihn traf. Er kam sich vollkommen überflüssig vor. Schließlich hatte sie ihm ihre Jungfräulichkeit geschenkt, da sollte man eigentlich annehmen, dass er ihr etwas bedeutete.
„Dann werdet ihr also demnächst zusammenleben, und du wirst als Lehrerin arbeiten, anstatt Löwen zu bändigen.“
Sie lächelte überglücklich.
„Ich kann dir gar nicht genug für alles danken, Last. Der Ort hier ist ideal für meine Familie. Es ist ganz allein dein Verdienst, wenn wir bald in geordneten Verhältnissen leben.“
Last kratzte sich am Kinn und wog seine Möglichkeiten ab. „Du kannst sicher Hilfe beim Umzug gebrauchen.“ Dann würde er kräftig anpacken. Eine Chance, Esme und den Kindern nahe zu sein.
„Mal sehen“, antwortete sie. „Du hast doch schon so viel für uns getan. Außerdem haben wir genug Hilfe. Der Zirkus bringt meine Eltern mit. Der ganze Zirkus zieht nämlich hierhin um.“
Last blinzelte. Gleich würde er noch einen nervösen Tic bekommen! „Der Zirkusdirektor, der Löwenbändiger und der Gorillamann?“
„Genau.“ Esme lächelte. „Sie glauben, dass die Gegend hier neue Möglichkeiten eröffnet. Delilah Honeycutt hatte die Idee, dass Lonely Hearts Station neben dem monatlichen Rodeo eine Dauerattraktion gebrauchen könnte.“
Er war sprachlos. „Auf die Idee wäre ich nie gekommen.“
„Ich auch nicht“, gab Esme zu. „Es grenzt fast an Magie, wie sich eins zum andern fügt. Manchmal kommt es mir vor wie ein Traum.“
Last hatte den Schock noch nicht verarbeitet, dass der Zirkus bald nachkommen würde. Die Idee war natürlich ausgezeichnet. Typisch Delilah. Der Zirkus würde Lonely Hearts Station scharenweise Touristen und Einnahmen bringen.
Das bedeutete allerdings auch, dass für ihn nur noch wenig Platz in Esmes Leben sein würde. Der Gedanke machte ihn traurig. Trotzdem sagte er: „Gratuliere. Das ist ja wundervoll.“
Esme strahlte. „Jetzt muss ich aber los. Es gibt noch viel zu erledigen.“
Last fühlte sich leer. Aber vielleicht war es so das Beste für sie beide. Er hatte Esme geholfen, solange sie Hilfe gebraucht hatte. Sie und er hatten von Anfang an klargestellt, keine feste Beziehung zu wollen. Es gab also keinen Grund mehr, weiter Teil ihres Lebens zu sein. Höchstens als Freund.
Er hatte seine Pflicht getan. „Ich freue mich für dich“, sagte er schließlich. „Viel Glück!“
„Ohne dich hätte ich das nie geschafft“, sagte Esme leise, lehnte sich durch das Fenster und gab ihm einen langen, schmerzhaft vertrauten Kuss.
Last wollte sie am liebsten in den Truck ziehen und sie für einen Liebesnachmittag entführen.
Die Tür zur Bäckerei wurde geöffnet und schlug laut wieder zu.
Esme küsste Last ein letztes Mal auf die Wange.
Amelia schnallte Annette sorgfältig an, und sie und Curtis winkten Last zum Abschied zu. Dann stiegen die drei in ihren geliehenen Truck und fuhren davon.
Last fragte sich, was da eigentlich gerade passiert war. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass ihn hinter den Spitzengardinen des Salons zahlreiche neugierige Gesichter beobachteten. Der alte Mann in der Bingostube der Kirche machte die Tür verstohlen noch etwas weiter zu; vermutlich schlossen sie dort gerade neue Wetten ab.
Vom Bürgersteig aus winkten ihm Delilah und ihr Verlobter Jerry zu und stiegen mit Lily in einen Truck. Offensichtlich wollten sie mit Esme
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