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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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schlimm das mit dem Fluchen war. Tourette-Syndrom, erklärte Dr. Robertson. Ein Nebeneffekt des neurologischen Defekts, den er erlitten hatte. »Posttraumatisch. Kommt ziemlich selten vor, aber es gibt eine Handvoll dokumentierter Fälle.« Es äußerte sich auf unterschiedliche Weise. Manchmal schien Gary willkürlich einzelne Wörter gewissermaßen als Interpunktion in Sätze einzubauen: »Deshalb muss ich – ficken – erst mal im Bett bleiben …« Dann wieder haute er ganze Sätze dazwischen, die beinahe für sich stehen konnten: »Könntest du mir bitte – Fotzeduverficktenuttedu – das Wasser reichen?« Gelegentlich hatte das Fluchen einen sexuellen Unterton: Als sie eines Morgens auf dem Weg zur Cafeteria im Krankenhausflur einer Schwester mit großer Oberweite begegneten, hatte Gary sie mit »Oh, Möpse, du geile Schabracke! Riesentittenfick!« begrüßt. Ab und an war es beängstigend spezifisch: Zwei Handwerker, ein Inder und einer mit mächtig Übergewicht, betraten eines Morgens sein Krankenzimmer, um einen Heizkörper zu reparieren. Sie wurden empfangen mit den Worten: »Ficken. Verfickter Paki,
fettes Arschloch, du fetter Wichser und Paki du.« Stevie hatte die verblüfften Männer aus dem Zimmer geführt. Hin und wieder wurde das Fluchen auch von animalischem Grunzen, Bellen und Kreischen begleitet.
    Robertson hatte Cathy und Pauline erklärt, dass all das unfreiwillig geschah, dass es sich dabei um eine spastische Reaktion handelte, die sich unwesentlich von einem Schluckauf unterschied, und dass Gary häufig gar nicht wahrnahm, was er da tat. Dennoch fiel ihnen auf, dass er den Kraftausdrücken manchmal eine hastige Entschuldigung oder einen durchaus bewussten Fluch aus Frustration über seinen Zustand folgen ließ. Ein solcher Satz hörte sich dann folgendermaßen an: »Hi, Mum, ich war bloß – O MANN! Du geile Sau, ficken -’tschuldigung! – blöde Kuh, lutsch meinen – SCHEISSE! – lutsch meinen Schwanz. SCHEISSE! SORRY! Grrr!«
    So schlimm Cathy das alles fand, sie betrachtete es dennoch als einen geringen Preis dafür, ihren Sohn von den Toten zurückbekommen zu haben. Sie hatte sich dafür entschieden, bloß einen Schluckauf zu hören, wann immer ein neuerlicher Schwall von Obszönitäten aus Gary Mund strömte.
    Pauline war weniger stoisch. »Wie lange wird er so sein?«, fragte sie sofort.
    »Das ist schwer zu sagen«, antwortete Dr. Robertson. »Wir hoffen, dass es zunehmend nachlässt, wenn das Gehirn sich von dem Trauma erholt.«
    Herr im Himmel, dachte Pauline, das darf ja wohl nicht wahr sein. Noch mehr schlechte Karten, die das Leben ihr zuspielte.
    Stevie hielt es für ein Gebrechen, das einem Golfer auf seltsame Weise angemessen war. Wenn man auf einem gut besuchten Golfplatz stand und der Wind aus der richtigen Richtung wehte, würde es einem niemand verübeln, wenn man zu der Überzeugung gelangte, dass die Hälfte der Spieler am Tourette-Syndrom erkrankt war.

    Sie behielten Gary eine Woche zur Beobachtung da und schickten ihn dann nach Hause. Er bekam die Auflage, mindestens zwei Wochen absolute Bettruhe einzuhalten.
    Gary steckte sich eine Traube in den Mund, testete die Flexibilität ihrer dünnen Haut und rollte sie mit der Zunge herum, während er den Geräuschen aus dem Haus – um ihn herum und im Stockwerk darunter – lauschte: Türenschlagen, durch Kupferrohre rauschendes Wasser, das leise Pfeifen eines Heizkörpers, seine Mum und Sadie, die sich in der Küche unterhielten, das Kratzen und Trippeln von Bens Pfoten auf dem glatten Holzboden, während das Mistvieh von Zimmer zu Zimmer schlingerte, sein regelmäßig in Salven kurzer, spitzer Kläffer mündendes Dauerknurren. Hin und wieder fragte sich Gary, ob Ben wohl die gleiche Show abzog, wenn er und Pauline außer Haus waren, dann stellte er sich vor, wie Ben mangels Alternativen eine Tür oder ein Kissen anstarrte und verzweifelt versuchte, in dem leeren Haus einen Kampf anzuzetteln.
    Wie unglaublich langweilig ihm in Wahrheit war, wurde Gary erst so richtig bewusst, als er sich dabei ertappte, wie er die DVDs im Regal neben dem Fernseher zählte. Es waren achtundsechzig, aber zählte man die DVD-Boxen nur als eine DVD?
    Noch so eine Woche?
    Er durchquerte das Schlafzimmer und betrachte sich in dem Ganzkörperspiegel in Paulines Kleiderschrank. Er hob eine Ecke des Mullturbans auf seinem Kopf an und legte die Spitze des kleinen Fingers vorsichtig in die Vertiefung in seiner rechten Schläfe: eine Kuhle mit

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