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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gegeben, und ich bin stolz darauf. Oder
    gehören Sie etwa auch zu der Sorte Leute von nebenan?«
    »Nein. Außerdem bin ich nur dienstlich hier. Also noch
    mal: Kannten Sie Cavalier Misuraca?«
    »Natürlich habe ich ihn gekannt. Er hat seine Tage damit
    verbracht, durch diese Tür hinein- und wieder hinauszugehen
    und mich mit seiner Rostlaube zu ärgern.«
    »Was hat er denn gemacht?«
    »Was er gemacht hat? Er hat immer vor dem Laden
    geparkt, auch an dem Tag, an dem er mit dem Laster
    zusammengestoßen ist.«
    »Hatte er direkt hier geparkt?«
    »Rede ich etwa chinesisch? Genau hier. Ich bat ihn,
    seinen Cinquecento woanders hinzustellen, aber er fing sofort
    an zu streiten und schrie mich an, er könne seine Zeit nicht mit
    mir verschwenden. Da war ich wirklich sauer und habe ihn
    genauso angefegt. Na ja, jedenfalls wären wir beinahe
    aufeinander losgegangen. Zum Glück kam dann ein Junge
    vorbei, sagte zu dem seligen Cavaliere, er könne ihm das Auto
    ja wegfahren, und ließ sich den Schlüssel geben.«
    »Wissen Sie, wo er es abgestellt hat?«
    »Nein.«
    »Würden Sie diesen Jungen wiedererkennen? Haben Sie
    ihn vorher schon mal gesehen?«
    »Ab und zu habe ich gesehen, wie er durch die Tür
    nebenan gegangen ist. Wahrscheinlich gehört der auch zu
    dieser netten Gesellschaft.«
    »Der Parteisekretär heißt Biraghìn, nicht wahr?«
    »Ja, soviel ich weiß. Er arbeitet im Amt für
    Sozialwohnungsbau. Er stammt aus der Gegend von Venedig,
    um diese Zeit ist er im Büro. Hier machen sie erst gegen sechs
    auf, es ist noch zu früh.«

    »Dottor Biraghìn? Hier ist Commissario Montalbano aus
    Vigàta, entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie im Büro störe.«
    »Aber ich bitte Sie, womit kann ich dienen?«
    »Vielleicht können Sie mir mit ihrem Gedächtnis helfen.
    Die letzte Parteisitzung, an der der arme Cavalier Misuraca
    teilgenommen hat, was für eine Art Sitzung war das?«
    »Ich verstehe Ihre Frage nicht.«
    »Ich bitte Sie, Sie brauchen sich nicht aufzuregen, eine
    reine Routineuntersuchung, um die Umstände von Misuracas
    Tod zu klären.«
    »Warum, ist irgendwas unklar?«
    Eine ziemliche Nervensäge, der Dottor Ferdinando
    Biraghìn. »Alles sonnenklar, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Und was wollen Sie dann?«
    »Ich muß die Akte schließen, verstehen Sie? Ich kann die
    Sache ja nicht in der Schwebe lassen.«
    Bei den Worten Sache und Akte war Biraghìn, der
    Bürokrat des Istituto case popolari, plötzlich wie
    ausgewechselt.
    »Ach, das kann ich sehr gut verstehen. Es handelte sich
    um eine Sitzung des Parteivorstands, an der teilzunehmen der
    Cavaliere kein Recht hatte, aber wir haben eine Ausnahme
    gemacht.«
    »Also eine Sitzung im engsten Kreis?«
    »Ein Dutzend Personen.«
    »Kam jemand, der den Cavaliere sprechen wollte?«
    »Nein, wir hatten die Tür abgeschlossen. Das wüßte ich
    noch. Aber er wurde am Telefon verlangt.«
    »Verzeihen Sie, ich nehme an, Sie kennen den Tenor des
    Gesprächs nicht?«
    »Ich kenne nicht nur den Tenor, sondern auch den
    Bariton, den Baß und den Sopran!«
    Er lachte. Wie witzig Ferdinando Biraghìn war! »Sie
    wissen doch, wie der Cavaliere geredet hat, so als wären alle
    anderen taub. Es war schwierig, ihn nicht zu hören, wenn er
    redete. Stellen Sie sich vor, einmal...«
    »Entschuldigen Sie, Dottore, ich habe wenig Zeit. Sie
    konnten also den...«
    Er stockte und verwarf das Wort »Tenor«, um Biraghìns
    tragischem Humor nicht noch mal in die Falle zu gehen.
    »... also verstehen, worum es im Kern ging?«
    »Natürlich. Es war jemand, der dem Cavaliere den
    Gefallen getan hatte, sein Auto woanders abzustellen. Und
    zum Dank beschimpfte ihn der Cavaliere, weil er es zu weit
    weg geparkt hatte.«
    »Haben Sie mitbekommen, wer angerufen hat?«
    »Nein. Warum?«
    »Darum«, sagte Montalbano und legte auf.
    Der Junge hatte also nicht nur in der Werkstatt
    irgendeines Komplizen hinter verschlossenen Türen den
    tödlichen Service erledigt, sondern sich auch noch einen Spaß
    daraus gemacht, den Cavaliere spazierengehen zu lassen.
    Montalbano erklärte einer freundlichen Angestellten von
    »Retelibera«, wie hoffnungslos unfähig er war, sobald etwas
    nach Elektronik aussah. Er konnte zwar den Fernseher
    einschalten, die Programme suchen und den Apparat wieder
    ausmachen, das schon, aber ansonsten – Fehlanzeige.
    Geduldig und liebenswürdig legte das Mädchen die Kassette
    ein und ließ, sobald Montalbano darum bat, die Bilder
    zurücklaufen und anhalten.

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