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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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entgegenzunehmen.«
    »Heute ist der 5. Oktober. Man weiß also seit fünfunddrei­ßig Tagen nichts von ihm.«
    »Nein, Dottore. Die Sekretärin in Bologna hat gesagt, dass sie ihn am 28. August zum letzten Mal gesehen hat. Bei der Gelegenheit hat Gargano zu ihr gesagt, er würde am nächsten Tag, also am Neunundzwanzigsten, abreisen. Da der Monat einunddreißig Tage hat, ist Ragioniere Gargano seit achtunddreißig Tagen verschwunden.«
    Der Commissario sah auf die Uhr, griff zum Telefon und wählte eine Nummer. »Pronto?«
    Mariastella Cosentino saß in dem menschenleeren Büro und hatte beim ersten Klingelton mit hoffnungsvoller Stimme abgenommen. Bestimmt träumte sie davon, dass eines Tages das Telefon klingelte und am anderen Ende die warme, verführerische Stimme ihres geliebten Chefs erklang.
    »Hier ist Montalbano.«
    »Ah.«
    Die Enttäuschung der Frau nahm Gestalt an, schlüpfte in das Kabel, sauste hindurch und bohrte sich dem Commis­sario in Form eines gräßlichen Juckreizes ins Ohr. »Ich bräuchte eine Auskunft, Signorina. Wie reiste der Ra­gioniere hier in Vigàta an?«
    »Mit dem Auto. Mit seinem Auto.«
    »Ich muss mich genauer ausdrücken. Fuhr er von Bologna bis hierher mit dem Auto?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe ihm ja immer die Rück­fahrkarte besorgt. Er nahm die Autofähre Palermo-Neapel, und für ihn buchte ich eine Einzelkabine.« Er dankte, legte auf und sah Fazio an. »Jetzt erklär ich dir, was du zu tun hast.«

Sieben
    Als er die Haustür öffnete, sah er, dass Adelina ein bisschen Zeit gefunden haben musste und zum Aufräumen gekom­men war, denn alles war in Ordnung, die Bücher abge­staubt, der Fußboden blitzblank. Aber es war nicht seine Haushälterin gewesen, auf dem Küchentisch lag ein Zettel: »Totori, ich schik inen meine Nichte Cuncetta zum helfen die ist ein ordentliches und fleisiges Medchen und macht inen auch was zum esen ich kom übermorgen wieder.« Concetta hatte die Waschmaschine geleert und alles auf den Wäscheständer gehängt. Montalbano zog es das Herz zusammen, als er den Pullover hängen sah, den Livia ihm geschenkt hatte und der auf die Größe eines Zehnjährigen geschrumpft war. Er war eingelaufen, Montalbano hatte nicht bedacht, dass dieses Kleidungsstück bei einer ande­ren Temperatur als die übrige Wäsche gewaschen werden musste. Panik ergriff ihn, er musste ihn sofort verschwin­den lassen, und zwar spurlos. Die einzige Chance war, ihn zu verbrennen, einzuäschern. Er nahm ihn ab, aber er war noch zu feucht. Was tun? Ja, genau: ein tiefes Loch in den Sand graben und das Corpus Delicti verbuddeln. Und zwar jetzt, wo es dunkle Nacht war, er musste vorgehen wie ein Mörder. Er wollte gerade die Glastür öffnen, die auf die Veranda hinausführte, als das Telefon klingelte.
    »Pronto?«
    »Ciao, Liebling, wie geht's?«
    Livia war dran. Es war absurd, aber da er sich auf frischer Tat ertappt fühlte, stieß er einen leisen Schrei aus, ließ den verfluchten Pullover fallen und versuchte, ihn mit dem Fuß unter den Tisch zu schieben. »Was ist denn mit dir los?«, fragte Livia eindringlich. »Nichts, ich habe mich an der Zigarette verbrannt. War dein freier Tag schön?«
    »Wunderbar, das war aber auch nötig. Und du? Gibt's was Neues?«
    »Das Übliche.«
    Weiß der Himmel, warum, sie waren immer irgendwie verlegen, genierten sich, ein Gespräch anzufangen. »Wie vereinbart, bin ich übermorgen da. « Da? Was hieß »da«? Kam Livia nach Vigàta? Warum denn? Er war glücklich darüber, klar, aber von welcher Vereinba­rung sprach sie? Er musste nicht nachfragen, schließlich kannte Livia ihn.
    »Natürlich hast du vergessen, dass wir vor vierzehn Tagen dieses Datum ausgemacht haben. Wir haben gesagt: lieber zwei Tage früher.«
    »Livia, sei nicht sauer, ich bitte dich, verlier nicht die Ge­duld, aber…«
    »Bei dir würde sogar ein Engel die Geduld verlieren.« O Gott, nein! Diese Plattheiten! Ein Lotterleben führen, wie ein Scheunendrescher fressen, das Fell des Bären ver­kaufen, bevor man ihn hat, mit der unverständlichen Vari­ante: Wer vorher rechnet, muss zweimal rechnen! »Bitte, Livia, rede nicht so mit mir!«
    »Entschuldige, mein Lieber, aber ich rede wie alle norma­len Leute.«
    »Dann wäre ich deines Erachtens also nicht normal?«
    »Vergiss es, Salvo. Wir hatten ausgemacht, dass ich zwei Tage vor Mimìs Hochzeit komme. Hast du die auch verges­sen? Mimìs Hochzeit?«
    »Ja, ich geb's zu. Fazio musste mich sogar daran

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