Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
…«
»Schon, aber wegen eines plötzlichen Trauerfalls mussten meine Freunde ein paar Tage früher abreisen.«
»Hören Sie, Commissario, ich weiß nicht, ob Sie den Vertrag gelesen haben.«
»Ich hab ihn überflogen. Warum?«
»Weil darin klar geschrieben steht, dass wir dem Kunden nichts schuldig sind, wenn die Abreise vorzeitig stattfindet.«
»Aber wer verlangt denn irgendetwas von Ihnen, Signor Callara?«
»Ach so, na dann. Aber Sie brauchen nicht extra hierherzukommen. Ich schicke jemanden ins Kommissariat, der den Schlüssel abholt.«
»Ich muss mit Ihnen sprechen und Ihnen dann etwas zeigen.«
»Kommen Sie vorbei, wann immer Sie wollen.«
»Catarella? Montalbano hier.«
»Ich hatte Sie schon wegen Ihrer Stimme erkannt, die wirklich genau wie Ihre eigene ist, Dottori !«
»Gibt's was Neues?«
»Nein, Dottori, nichts. Außer Filippo Ragusano, den kennen Sie, das ist derjenige, welcher der ist, der das Schuhgeschäft in der Nähe der Kirche hat, und der hat auf seinen Schwager Manzella Gasparino geschossen.«
»Hat er ihn getötet?«
»Nein, Dottori, der Schuss hat ihn nur gestreift.«
»Und wieso hat er geschossen?«
»Er hat gesagt, weil der Manzella Gasparino ihn provoziert hat und weil es so furchtbar heiß war und eine Fliege auf seinem Kopf herumkrabbelte, was ihn ungeheuer störte, da hat er eben auf ihn geschossen.«
»Ist Fazio da?«
»Nein, Dottori. Der ist irgendwo in der Nähe von der Eisenbrücke unterwegs, weil da irgendeiner seiner Frau den Schädel eingeschlagen hat.«
»Alles klar. Ich wollte dir sagen…«
»Aber da gab es schon etwas, das passiert ist.«
»Ach ja? Ich dachte schon, dass gar nichts los ist. Was ist denn passiert?«
»Passiert ist, dass der Vizeinspektor Virduzzo Alberto, der sich an eine matschige Örtlichkeit begeben hatte, auf derselben mit beiden Beinen ausgerutscht ist, von denen eins gebrochen ist. Gallo hat ihn ins Krankenhaus gefahren.«
»Hör zu, ich wollte dir sagen, dass ich spät komme.«
»Sie sind der Chef, Dottori.«
Signor Callara war mit einem Kunden beschäftigt. Montalbano ging hinaus, um eine Zigarette im Freien zu rauchen. Es war so heiß, dass sich der Asphalt fast auflöste, die Schuhe blieben ein bisschen an ihm kleben. Sobald Signor Callara frei war, rief er persönlich Montalbano herein. »Kommen Sie mit in mein Büro, Commissario. Dort habe ich eine Klimanalage.« Was Montalbano hasste. Na, sei's drum. »Bevor ich Sie mitnehme, um Ihnen etwas zu zeigen …«
»Wohin wollen Sie mich denn mitnehmen?«
»In die Villetta, die Sie meinen Freunden vermietet haben.«
»Wieso? Gibt es denn etwas, das nicht funktioniert hat? Ging irgendwas zu Bruch?«
»Nein, alles in Ordnung. Aber es wäre trotzdem gut, wenn Sie mitkommen.«
»Wie Sie wollen.«
»Ich meine mich zu erinnern, dass Sie mir, als Sie mich zur Villetta gebracht haben, um sie zu besichtigen, gesagt haben, dass ein Gastarbeiter aus Deutschland, Angelo Speciale, das Haus bauen ließ. Dieser Speciale hatte eine deutsche Witwe geheiratet, deren Sohn Ralf, der, meine ich, mit seinem Stiefvater hierhergekommen war, auf geheimnisvolle Weise während der Rückreise verschwunden ist. Stimmt das so?« Callara sah ihn voller Bewunderung an. »Was Sie für ein Gedächtnis haben! Das stimmt so.«
»Sie haben natürlich den Namen, die Adresse und die Telefonnummer von Signora Speciale?«
»Sicher. Warten Sie eine Sekunde, ich suche die Daten von Signora Gudrun gleich heraus.«
Montalbano übertrug sie auf einen Zettel, und Callara wurde ganz neugierig. »Aber wozu brauchen Sie denn…«
»Das werden Sie nachher verstehen. Ich meine mich auch zu erinnern, dass Sie mir den Namen des Landvermessers gesagt haben, der die Villetta entworfen und die Bauarbeiten geleitet hat.«
»Ja. Das war der Landvermesser Michele Spitaleri. Wollen Sie seine Telefonnummer?«
»Ja.«
Er schrieb auch diese ab.
»Sagen Sie, Commissario, wollen Sie mir nicht erzählen, warum…«
»Das erzähle ich Ihnen alles während der Fahrt. Hier ist der Schlüssel, nehmen Sie ihn mit.«
»Wird es länger dauern?«
»Kann ich nicht sagen.«
Callara blickte ihn fragend an. Doch Montalbanos Miene glich einer ausdruckslosen Maske.
»Vielleicht ist es besser, wenn ich meiner Mitarbeiterin Bescheid sage«, sagte Signor Callara.
Sie fuhren mit Montalbanos Auto, und er erzählte Signor Callara während der Fahrt, wie der kleine Bruno verschwunden war, wie lange sie nach ihm gesucht und wie sie ihn endlich
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