Con molto sentimento (German Edition)
ein großer Schritt und obwohl ich ihn über alles liebe und es sicher nie einen anderen Mann geben wird«, hier seufzte Federico. Anscheinend hatte er über dieses Thema auch schon sehr lange und ausgiebig nachgedacht.
»Ich habe Angst davor«, schloss er dann lahm.
»Ein bisschen Angst ist auch ganz normal, ist ja nur für den Rest deines Lebens«, zwinkerte Claude. »Gott, ich bin richtig neidisch.«
»Unsinn. Aber es ist schade, dass Alexis in St. Petersburg bleiben musste, es wäre schön gewesen mit ihm noch einmal hier in Genf zu sein. Dort wo alles angefangen hat.«
»Hat er noch Konzerte in Russland?«
»Bis zum Herbst nicht, aber er möchte seine Dissertation abschließen und dazu braucht er seine Ruhe und einen freien Kopf. Daher ist es ganz gut, dass ich jetzt hier bin und nicht mehr in Russland. Er kann so besser arbeiten. Er weiß ich, ich weiß es.«
Das klang alles ganz vernünftig, aber mit Sicherheit war es für das Paar schwer getrennt zu sein.
»Aber du vermisst ihn?«
»Natürlich, jeden Tag. Was für eine dumme Frage!«
Sie hatten das Bistro erreicht und ließen sich auf ihrem alten Stammplatz in der Ecke nieder. Dort, wo man die Fenster im Blick hatte, um die Passanten zu beobachten. Aber auch bequem auf den Fernsehen am anderen Ende des Raums betrachten konnte.
»Schon merkwürdig wie schnell die Zeit vergeht«, befand Claude und rechnete nach. »Aber Alexis legt ein ganz schönes Tempo vor.«
»Er hat sich in den Kopf gesetzt, die Ausarbeitung noch vor seinem dreißigsten Geburtstag abgegeben zu haben. Die Disputatio ist dann wahrscheinlich im Winter.«
»Wieso macht er überhaupt seinen Doktor? Er hat ein Diplom der Meisterklasse und selbst ich weiß, dass er in der europäischen Orgelszene mittlerweile als ausgewiesener Experte gilt. Und früher hat er doch immer darauf beharrt, dass Titel nicht das Wichtigste wären.«
»Mhm«, Federico stimmte ihm nickend zu während er die Speisekarte studierte. »Ein bisschen hängt es wohl mit der Verwandtschaft zusammen, der er etwas beweisen will. Und zum anderen,« an dieser Stelle grinste Federico ein bisschen spitzbübisch, »er hat es am Anfang etwas schwer genommen, dass meine Gagen mittlerweile fast dreimal so hoch sind wie seine. Deshalb muss er das an einer anderen Stelle kompensieren.«
»Ach ja, das alte Spiel: Wer hat den Größeren?«
»So etwas in der Art... Salut .« Federico lächelte die Kellnerin an, die diesen letzten Wortwechsel gerade noch mitgehört hatte und nun unsicher das Lächeln erwiderte.
»Dreimal so hoch, wirklich?«, vergewisserte sich Claude wenig später und rührte unterdessen in seinem Milchkaffee, mit dem er sich die Wartezeit auf die Pasta versüßte. Natürlich wusste er, dass man den Kaffee eher nach dem Essen bestellte, aber ihm war heute danach.
»Im Vergleich zu Konzertpianisten sind Organisten noch nie hoch bezahlt worden«, führte Federico aus.
Natürlich würde Claude nicht nach dem genauen Geldbetrag fragen. Doch er gönnte es Federico von ganzem Herzen. Immerhin hatte der Pianist noch vor vier Jahren jeden Franken ausquetschen müssen. Das Geld, das Federico regelmäßig von einer Stiftung als Unterstützung für seine Studien bekommen hatte, hatte gerade so gereicht, um über die Runden zu kommen. Doch allzu oft hatte Federico auf so manchen Luxus verzichten müssten, ja sogar am Monatsende am Essen sparen müssen.
Noch dazu, dass er sich mit Alexis oft in die Haare gekriegt hatte, weil dieser von der Miete bis hin zu Federicos Klamotten alles gezahlt hatte. Da war es Federico wohl heute Genugtuung den Spieß herumzudrehen.
»Und mit deiner Hand, da gab es nie mehr Probleme?« Claude schob seinen Teller weg, während sich Federico noch einen Nachtisch orderte. »Du scheinst ja wirklich Hunger zu haben«, kommentierte er ein wenig neidisch. Er selbst versagte sich die Kalorienbombe.
»Ich habe von Alexis höchstselbst die Bescheinigung, dass ich ein bisschen mehr auf den Rippen vertragen könnte«, verteidigte Federico seine Dessertauswahl, die eine doppelte Portion Tiramisu beinhaltete. »Gehst du eigentlich noch in dieses Fitnessstudio, ich dachte wir könnten zusammen trainieren?«
Claude bejahte.
»Gut. Ich hatte letztes Jahr pünktlich nach dem Saisonabschluss noch einmal Probleme.« Federico hob seine linke Hand hoch und krümmte den Ringfinger. »Meine Ärztin und Alexis haben mir
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