Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
mußte, ehe Eure Meister zuschlugen. Wenn sie dem König jetzt ein Ende machen können, weshalb töteten sie ihn da nicht schon vor Monaten?«
»Selbst die Künste, die Ihr Zauberei nennt, werden von kosmischen Kräften geleitet«, antwortete der Mann mit dem grünen Turban. »Die Sterne lenken sie, genau wie alles andere auch. Nicht einmal meine Meister können am Lauf der Sterne etwas verändern. Erst als sie richtig standen, vermochten sie diesen Zauber zu wirken.« Mit einem langen fleckigen Fingernagel zeichnete er die Konstellationen auf den Marmorboden. »Die Neigung des Mondes wies auf Schlimmes für den König hin. Die Sterne sind in Bewegung, die Schlange steht im Haus des Elefanten. Während einer solchen Stellung der Gestirne sind die unsichtbaren Beschützer vom Geist Bhunda Chands getrennt. Ein Pfad öffnete sich in übernatürliche Reiche. Sofort konnte eine Verbindung hergestellt werden, und mächtige Kräfte wurden auf den Weg gesetzt.«
»Diese Verbindung, kam sie durch Bhunda Chands Haarlocke zustande?« fragte der andere.
»Ja. Alle von einem Körper entfernten Teile bleiben auch weiterhin ein Stück von ihm und hängen nach wie vor auf unerklärliche Weise mit ihm zusammen. Die Asurapriester haben den Hauch einer Ahnung davon. Deshalb sorgen sie dafür, daß alles ausgekämmte oder abgeschnittene Haar, alle Fingernagelstückchen und andere Abfallprodukte aller Personen der königlichen Familie sorgfältigst zu Asche verbrannt werden und diese Asche gut durch Vergraben versteckt wird. Doch auf das Flehen der Prinzessin von Kosala hin, die Bhunda Chand liebte, ohne daß ihre Liebe erwidert wurde, schenkte er ihr als Trost eine Locke seines langen schwarzen Haares. Als meine Herren sich für seinen Tod entschieden, stahlen sie die Locke aus ihrem edelsteinbesetzten goldenen Döschen unter dem Kopfkissen der schlafenden Prinzessin und ersetzten sie durch eine ähnliche, so daß sie den Unterschied gar nicht erkennen konnte. Dann reiste die Locke mit einer Kamelkarawane den weiten Weg nach Peshkhauri, von dort hoch zum Zhaibarpaß, wo sie in die Hände jener gelangte, die sie hatten entwenden lassen.«
»Nur eine Haarlocke«, murmelte der Edle.
»Durch die eine Seele aus dem Körper durch die unendlichen Schluchten des Raumes gezogen wird«, entgegnete der Mann auf der Matte.
Der Edle betrachtete ihn nachdenklich.
»Ich weiß nicht, ob Ihr ein Mensch oder ein Dämon seid, Khemsa«, sagte er schließlich. »Wenige von uns sind, was wir zu sein scheinen. Ich, den die Kshatriyas als Kerim Shah kennen, ein Prinz von Iranistan, verstelle mich nicht mehr als die meisten. Fast alle sind auf die eine oder andere Weise Verräter, und die Hälfte weiß nicht, wem sie dient. In dieser Hinsicht, zumindest, habe ich keine Zweifel: Ich diene König Yezdigerd von Turan.«
»Und ich den Schwarzen Sehern von Yimsha«, sagte Khemsa. »Und meine Meister sind größer als Eure, denn durch ihre Künste vollbrachten sie, was Yezdigerd nicht mit hunderttausend Schwertern fertigbrachte.«
Das Wehklagen Tausender stieg zu den Sternen empor, die die drückende Nacht mit ihrem Glitzern zu verschönern suchten, und die Muschelhörner brüllten wie gequälte Ochsen.
Im Palastgarten spiegelten sich die Fackeln in den glänzenden Helmen, den Krummsäbeln und den goldverzierten Harnischen. Alle Streiter Ayodhyas von edler Geburt hatten sich im und um den gewaltigen Palast gesammelt, und an jedem der breiten Bogenportale hatten Schützen mit gespannten Bogen Posten bezogen. Aber der Tod schlich durch den Königspalast, und niemand vermochte ihn aufzuhalten.
Der König auf dem Diwan unter der goldenen Kuppel schrie erneut auf, von schrecklichen Krämpfen geschüttelt. Wieder erklang seine Stimme wie aus unsagbar weiter Ferne, und wieder beugte die Devi sich über ihn, von Furcht erfüllt, die schlimmer war als die Angst vor dem Tod.
»Yasmina!« rief die Stimme gespenstisch. »Hilf mir! So fern bin ich meiner sterblichen Hülle! Hexer zerrten meine Seele durch sturmgepeitschte Finsternis. Sie wollen den Silberfaden durchtrennen, der mich an meinen sterbenden Leib bindet. Sie scharen sich um mich mit ihren Krallenfingern und den Augen, die rot wie Flammen in der Dunkelheit glühen. Rette mich, meine Schwester! Ihre Finger versengen mich! Sie wollen meinen Körper vernichten und meine Seele verdammen! Was schaffen sie da herbei? – Ahhhh! «
Das Grauen, das dieser Schrei verriet, ließ Yasmina schrill wimmern und sich
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