Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
jegliche menschliche Schändlichkeit hinausging – einen abartigen Zweig des Lebensbaums, der sich auf eine den Menschen unvorstellbare Weise entwickelt hatte. Es waren nicht die schrecklichen Zuckungen und Verrenkungen und die unzüchtige Haltung des Jungen, die ihn abstießen, sondern die kosmische Obszönität dieser Kreaturen, die die abgrundtiefen Geheimnisse im dunkelsten Winkel der menschlichen Seele ans Licht zu bringen vermochten und Freude an der Offenbarung dieser Dinge fanden, die nicht einmal in schreckerregenden Alpträumen angedeutet werden sollten.
Plötzlich nahm der schwarze Foltermeister die Flöte von den Lippen. Er erhob sich und beugte sich über die sich windende weiße Gestalt. Grob packte er den Jungen an Nacken und Gesäß, drehte ihn um und stieß ihn kopfüber in das grüne Becken. Conan sah das Schimmern des weißen Körpers im grünen Wasser, während der Schwarze seinen Gefangenen tief unter der Oberfläche hielt. Die anderen Schwarzen bewegten sich. Vorsichtshalber duckte Conan sich schnell hinter die Brüstung und wagte auch nicht, kurz darüber zu spähen, um nur ja nicht irgendwie entdeckt zu werden.
Doch nach einer Weile übermannte seine Neugier wieder die Vorsicht. Er hob den Kopf über die Brüstung. Die Schwarzen schritten in einer langen Reihe durch einen Torbogen in einen anderen Hof. Einer von ihnen stellte gerade etwas auf ein Sims der gegenüberliegenden Mauer. Conan erkannte ihn als den, der den Jungen gequält hatte. Er war größer als die anderen und trug ein edelsteinbesetztes Stirnband. Von dem jungen Zingarier war nichts zu sehen. Der Riese folgte seinen Artgenossen, und schließlich sah Conan sie aus dem Torbogen kommen, durch den er in diese Burg des Grauens gelangt war, und über die grünen Hügel marschieren, in Richtung auf die Bucht. Sie trugen keine Waffen, aber er spürte, daß sie etwas gegen die Freibeuter im Schilde führten.
Ehe er aufbrach, die ahnungslosen Kameraden zu warnen, wollte er sehen, was aus dem Jungen geworden war. Kein Laut störte die Stille. Er nahm an, daß er als einziger in dieser seltsamen Ansammlung von Höfen und Türmen zurückgeblieben war.
Schnell rannte er die Treppe hinunter, überquerte den Hof und eilte durch den Torbogen in den Hof mit dem grünen Becken. Jetzt sah er die Gegenstände auf den Simsreihen. Es waren Tausende von Figurinen, nicht viel größer als eine Männerhand. Und so kunstvoll und geschickt waren sie geformt, daß Conan die verschiedenen rassischen Merkmale ohne weiteres erkannte und sofort zu sagen wußte, welches Nachbildungen von Zingariern waren, von Argossanern, von Ophiten und kushitischen Korsaren. Die ersteren waren aus grauem Stein, die letzteren schwarz, wie auch in Wirklichkeit.
Conan war sich eines dumpfen Unbehagens bewußt, während er diese blicklosen Figuren betrachtete. Sie wirkten irgendwie allzu lebensecht. Er berührte sie. Sie waren nicht aus Stein, wie er ursprünglich angenommen hatte, das Material war ihm unbekannt, wenn es sich nicht um versteinerte Knochen handelte, aber er konnte sich nicht vorstellen, daß sie in dieser Menge hier zu finden waren.
Ihm fiel jetzt auf, daß die Figuren, die Rassen verkörperten, wie sie ihm vertraut waren, sich alle auf den höheren Simsen befanden. Auf den unteren standen Figurinen, deren Gesichtsschnitt ihm völlig unbekannt war. Entweder hatten die Künstler sie nach ihrer schöpferischen Phantasie geformt, oder sie stellten Angehörige von Rassen dar, die schon längst vom Antlitz der Erde verschwunden und vergessen waren.
Kopfschüttelnd wandte Conan sich dem Becken zu. Da der kreisrunde Hof keinerlei Versteck bot und der Junge nirgendwo zu sehen war, mußte seine Leiche am Grund des Beckens liegen.
Er näherte sich dem ruhigen grünen Wasser – oder was immer es war – und starrte hinein. Ihm war, als blickte er durch dickes grünes Glas, das irgendwie trügerisch wirkte. Das Becken war nicht allzugroß und mit grünem Jade eingefaßt. Als er sich vorbeugte und hinunterblickte, konnte er den leicht gewölbten Boden sehen, doch unmöglich schätzen, wie tief das Becken genau war. Aber da ihm beim Hinabschauen fast ein Schwindelgefühl beschlich, so als blickte er in einen ungeheuren Abgrund, mußte es ungewöhnlich tief sein – und deshalb staunte er, daß er den Grund überhaupt sehen konnte, wenn auch verschwommen und trügerisch, wie durch die dichten Schleier weiter Entfernung. Er bildete sich ein, ein schwaches Leuchten
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