Confusion
in einem knöchellangen schwarzen Gewand versperrt: Gabriel Goto trat aus dem Schutz eines Hauseingangs hervor und stellte sich so hin,
dass er das Nadelöhr blockierte. Im Augenblick schien er unbewaffnet; dennoch ließ er die Franzosen unvermittelt anhalten, indem er die rechte Hand hob und ein paar feierliche Worte auf Latein murmelte. Jack war kein Papist, aber er hatte genug Schlachten und Armenhäuser erlebt, um den Ritus der Letzten Ölung zu erkennen, das letzte Sakrament, das Menschen kurz vor ihrem Tod gespendet wurde.
Da er Musketenfeuer aus der gegenüberliegenden Straße hörte – der, die Jewgeni genommen hatte -, drehte Jack sich dorthin um und sah eine etwas breitere Straße, die zu der durch die Musketiere gebildeten Straßensperre zu führen schien. Zehn oder zwölf Yard entfernt, genau da, wo sie an einer Biegung außer Sichtweite geriet, lag eine Leiche ausgestreckt auf dem Rücken.
Jack drehte sich wieder zu Gabriel Goto um, der sich inzwischen diesseits des Nadelöhrs aufgepflanzt hatte und in einer frommen Haltung dastand, während die Franzosen auf ihn zukamen. Der Samurai wartete, bis sie nur noch knapp zwei Yard von ihm entfernt waren. Dann griff er unter seinen Umhang, zog seinen beidhändig zu führenden Säbel heraus, glitt wie eine Schlange über das Gras in derselben Bewegung vorwärts und zeichnete mit der Säbelspitze ein kompliziertes Diagramm in die Luft. Dann wich er zurück, und Jack merkte, dass Kopf, Hals und rechter Arm eines Franzosen fehlten – abgetrennt durch einen einzigen diagonalen Schnitt.
Da Gabriel Goto die Situation am Nadelöhr gut im Griff zu haben schien, ging Jack in die andere Richtung und verlangsamte seinen Schritt, als er sich der Leiche, die auf der Straße lag, näherte. Es war der Türke von Monsieur Arlancs Ruderbank. Er war mit einer Muskete in den Kopf geschossen worden, eine höfliche Umschreibung der Tatsache, dass eine Bleikugel mit einem Durchmesser von dreiviertel Zoll ihn mit einer Geschwindigkeit von mehreren hundert Meilen in der Stunde zwischen den Augen getroffen und einen Großteil seines Schädels in einen dampfenden Krater verwandelt hatte. Das brachte Jack auf die Idee aufzublicken, und das war sein Glück, denn er entdeckte einen französischen Musketier, der auf einem Dach oberhalb von ihm kniete und eine Muskete direkt auf ihn richtete. Rauch wirbelte aus der Pulverpfanne empor. Jack machte einen Satz zur Seite. Eine Musketenkugel krachte in die Ecke einer Steinmauer über ihm und jagte ihm einen Regen aus Steinsplittern ins Gesicht, ohne ihn aber wirklich zu verletzen. Jack sprang wieder hervor, schaute nach oben und sah, dass Nasr al-Ghuráb auf dem Dach war und sich gerade
mit einem Dolch auf den Musketier stürzte. Den Kampf gewann der Raïs binnen kürzester Zeit. Doch dann wurde er von einer Musketenkugel, die aus wenigen Yard Entfernung von einem Janitscharen abgefeuert worden war, ins Bein getroffen. Während er fiel, hielt er krampfhaft sein Bein umklammert, warf dem Burschen, der auf ihn geschossen hatte, einen ebenso erstaunten wie entsetzten Blick zu und rief ein paar Worte auf Türkisch.
Derweil rannte Jack los, bog um eine Kurve und stand vor einer Gabelung. Die linke Abzweigung führte zu einem Punkt auf der Hauptstraße, unmittelbar vor der Stellung der Musketiere; jeder, der dort auch nur seinen Kopf hinausstreckte, würde ihn im nächsten Moment abgeschossen bekommen. Die rechte Abzweigung führte zu einem Punkt hinter den Musketieren, war also genau die richtige; allerdings waren die Franzosen so klug gewesen und hatten eine Barrikade aus einem auf die Seite gekippten Wagen errichtet. Schon wurden zwei Musketen auf Jack abgefeuert, woraufhin der ohne nachzudenken in den Rinnstein sprang, der in der Mitte der Straße verlief. Das Abwasser tröpfelte nur spärlich über dessen Boden; er war mit Steinen eingefasst und schützte Jack (wegen der leichten Krümmung der Straße) vor dem Musketenfeuer.
Jack rollte sich auf den Rücken, richtete seinen Blick nach oben und bekam mit, wie dem Heckenschützen, der auf al-Ghuráb geschossen hatte, von Nyazi, der irgendwie auf das Dach gelangt war, die Kehle durchgeschnitten wurde. Doch statt sich weiter vorwärtszubewegen, musste Nyazi sich flach auf den Bauch werfen, um dem Beschuss durch ein paar andere Janitscharen zu entgehen, die sich auf dem angrenzenden Dach befanden. Obwohl Jack nicht viel Türkisch oder Arabisch verstand, konnte er die beiden Sprachen an ihrem
Weitere Kostenlose Bücher