Confusion
einem der Hinterwäldlermädchen am rechten Ufer geschlafen hatte, zum Ausgestoßenen erklärt worden.
»Unterscheidet sich eine Kartoffel wirklich so sehr von der anderen?«, fragte sein Zamindar philosophisch.
»Im Allgemeinen nicht – aber in unserem Jagir gibt es keine andere!«
»Trotzdem – angenommen, an dem vorbestimmten Tag findet sich irgendeine Kartoffel auf Eurem Teller ein, ist das Schicksal einer speziellen Kartoffel dann wirklich von so großer Bedeutung?«
»Ihr seid Steuereintreiber und kein Philosoph – bleibt bei Euren Leisten.«
»Verzeiht, Eure königliche Hoheit, aber wir haben schon philosophiert, als die Großeltern des Aristoteles noch Steine aufeinanderschlugen.«
»Und wohin hat euch das gebracht ?«
Weiter vorne konnte Schwert des Göttlichen Feuers den Flachen Braunen Felsen sehen, der – zusammen mit dem etwa hundert Yard entfernten Kleinen Grauen Felsen – im Wesentlichen die örtliche Topographie bildete. Der vierte Mäander machte einen kurzen Schlenker um ihn herum. Über den Clan des Flacher-Brauner-Felsen-Schlenkers sagte man, er habe die erlesensten Gartenbauexperten des ganzen Grabens, von denen es hieß, dass sie in kalten Nächten wach blieben und auf ihren Kohlköpfen saßen wie Hennen, die ihre Eier ausbrüteten. Normalerweise wandten sie sich mit einem stolzen Lächeln ihrem Monarchen zu. Heute dagegen kauerten sie zusammengesunken am Ufer und weigerten sich, ihn anzuschauen. Schwert des Göttlichen Feuers konnte sich keinen Reim darauf machen, bis er merkte, dass sich in der Menschenreihe eine Lücke auftat. Obwohl sie schon Schulter an Schulter dahockten, fanden sie einen Weg, zur Seite zu rücken und eine zwei Yard breite Öffnung zu bilden, die sich allmählich auf drei erweiterte. In der Mitte dieser Öffnung beugte sich eine knochige, armselig gekleidete Frau über eine tote Pflanze.
Die Reaktion von Schwert des Göttlichen Feuers war kurz und bündig: »Scheiße!« Die Frau zuckte zusammen, als hätte er sie mit einer Lederpeitsche geschlagen. Dann: »Was ist mit unserer Kartoffel geschehen...?«
»Eure Majestät, kaum dass ich davon erfahren hatte, habe ich begonnen, Nachforschungen anzustellen. Der Khud-Kashta des Vierten Mäanders wurde streng zur Rechenschaft gezogen. Zudem habe ich mich beim Herrn des gerechten Blutbads sowie bei Shambhaji erkundigt, ob es wohl möglich wäre, eine Ersatzkartoffel zu kaufen...«
»Jetzt aber mal langsam! Wo soll denn das Geld dafür herkommen? Wir können ja nicht einmal den Ochsen füttern.«
»Wenn wir den Kauf eines neuen Seils noch aufschieben...«
»Das Seil ist so oft gespleißt worden, dass es nur noch aus Spleißen besteht. Und überhaupt: Shambhaji !? Den hast du gefragt? Herrgott noch mal, ich bin hierhergeschickt worden, um gegen Shambhaji Krieg zu führen.«
»Aber Ihr habt in Jahren keine einzige Offensive gegen ihn gestartet.«
»Was? Ich belagere seine Zitadelle!«
»Ihr nennt es Belagerung – andere würden es als ein ausgedehntes Picknick bezeichnen.«
»Wie auch immer – Shambhaji ist der Feind.«
»In Hindustan ist alles möglich.«
»Und wo ist nun meine verfluchte Kartoffel?!«
Schweigen. Dann warf die Frau sich zu Boden und begann, Schwert des Göttlichen Feuers um Gnade anzuflehen.
»Na prima! Jetzt wird sie sich wahrscheinlich gleich anzünden oder so was«, murmelte der König. Dann seufzte er. »Was haben Eure Nachforschungen ergeben?«
»Es kann Sabotage gewesen sein.«
»Die vom rechten Ufer, meint Ihr?«
»Vergeltung für viele Grabenüberspringungen.«
»Also einen Krieg will ich nicht vom Zaun brechen«, sinnierte Schwert des Göttlichen Feuers, »sonst ist meine Gelbe Kohlrübe als Nächstes dran.«
»Den Vhadriyas vom rechten Ufer würde ich alles zutrauen, sie stehen kaum höher als Affen.«
»Sagt ihnen, es ist meine Schuld.«
»Wie beliebt, Eure Majestät?«
»Karma. Ich habe eine Kuh schräg angeschaut, oder so was..., denkt Euch irgendeinen Blödsinn aus. Darin seid Ihr doch gut, oder?«
»Wahrlich, Ihr seid der weiseste Herrscher, den dieses Königreich je hatte...«
»Tja, zu dumm, dass meine Amtszeit in vier Monaten zu Ende ist.«
Eine halbe Stunde später stieg Schwert des Göttlichen Feuers von seinem Esel, sein Zamindar kam aus dem Palankin heraus, und zusammen standen sie am Rand des Großen Lochs in der Erde. Das ganze Wasser, das sich aus dem Ende des Grabens herausquälte, ergoss sich in dieses Loch. Angehörige der ortsansässigen Kuli-Kaste
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