Coogans Fluch (German Edition)
dich kräftig genug, um dich auf mich zu stützen? Ja? Gut, dann lass uns aufbrechen. Ich schätze unsere Kameraden können jedes weitere Gewehr gut gebrauchen. Wenn die Wölfe etwas von ihnen übrig gelassen haben.“
„Wölfe? Was redest du da, Mann?“
„Wenn ich's dir erzähle, glaubst du es ohnehin nicht. Doch komm, ich helf' dir hoch.“ Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, Jeff auf die Beine zu bekommen und eng umschlungen schleppten sich die Männer vorwärts.
„Verdammt, was ist das?“, stieß Jeff hervor, als sie die breite Fährte der Wolfspfoten erreichten
Nick brummte, doch dann erzählte von den Wölfen und dass er Coogans Fluch nur wenige Schritte gegenüber gestanden hatte. „Er ist viel größer als ich je zu glauben gewagt hätte, doch ich schwör dir, ein Tier ist er nicht.“
„Wie kommst du darauf?“
„Seine Augen, Jeff. Das war nicht der Blick eines Tieres. Als wollte er mir etwas sagen oder – ach verdammt! Auf jeden Fall waren es nicht die Augen eines Wolfes.“
Jeff entgegnete nichts und schweigend setzten die beiden Männer ihren Weg fort. Plötzlich erschütterte heftiges Beben die Erde und die Männer stürzten zu Boden. Nach wenigen Sekunden war es vorüber, doch ein weit entferntes, unheilschwangeres Grummeln drang an ihre Ohren.
„Gott im Himmel, sieh nur, der Berg“, Nick deutete auf den Berg in ihrem Rücken, von dessen Gipfel schwarze Rußwolken zum Himmel aufschossen.
„Wir sollten sehen, dass wir von hier wegkommen“, sagte Jeff.
„Ich weiß nicht, ist verdammt weit weg, dieser Berg.“
„Red' nicht, Nick. Vor einigen Jahren habe ich weiter unten im Süden die Spuren eines Vulkanausbruches selbst gesehen. Das Land war auf Meilen verwüstet. Los, hilf mir hoch.“
„He, kommt da nicht wer?“
Jeff dreht seinen Kopf und tatsächlich hielt ein Schlitten auf sie zu.
„Das ist Graham“, meinte Nick freudestrahlend. „Gott sei dank. Ich hatte schon befürchtet, unsere Kameraden wären in den Mägen der Wölfe gelandet.“
Jonathan kauerte mit dem Rücken an die Stollenwand gelehnt, lauschte in seiner Erinnerung der Stimme Miriams, den Worten des Schamanen und seinem Hass auf den Narbigen.
Siehst du es endlich? Fragte er sich anschließend. Dein eigener Hass ist es, der dich schwächt und dem Feind verrät. Der Narbige lebt vom Hass und der Wut anderer, er kann sie spüren und lenken.
Unwillkürlich ballte Jonathan die Fäuste. Endlich gelang ihm etwas, das ihm bisher niemals gelungen war. Seinen Hass zu kontrollieren und vor allem, ihn zu lenken. Er kehrte seine Gefühle in sein Innerstes, verschloss sie vor den Empfindungen seines Umfelds und wurde so endlich wirklich zum Jäger. Nicht mehr die unbeherrschte Wut seiner Rache trieb ihn an, sondern lauernde, berechnete Kaltblütigkeit ergriff von ihm Besitz. Er erhob sich. Es war an der Zeit, dennoch bewegte er sich ohne Hast.
Sickerwasser trat platschend und glucksend aus Spalten und Risse des Gesteins, rann an den Wänden oder tropfte von der Decke herunter und bildete am Boden kleine Rinnsale, die sich rasch vereinigten und bald watete der Jäger bis zu den Knöcheln im Wasser. Dann erreichte seine Empfindung endlich eine vorerst kaum wahrnehmbare, dennoch wohlvertraute Aura. Mit jedem weiteren Schritt gewann diese Aura an Präsenz, bis sie die stickige, klamme Luft verschlang und den Stollen ausfüllte – der Narbige. Auch er würde die Nähe des Jägers fühlen und obwohl es Jonathan gelang, wie noch niemals zuvor, seine Gefühle verborgen zu halten, wusste er, dass er seine Anwesenheit dem Narbigen nicht vollends verheimlichen konnte.
Das Licht seiner Fackel fiel auf die Umrisse heruntergebrochener Gesteinsbrocken, die den Gang bis zur halben Höhe ausfüllten. Der Einsturz schien vom letzten Beben herzurühren, frisch und jungfräulich glänzte das Gestein an der Abbruchstelle. Er blieb stehen, lauschte und witterte die Aura des Feindes, die weiterhin an Intensität gewann.
„Ein guter Platz. Was meinst du, Miriam?“, knurrte Jonathan ohne eine Antwort zu erhalten. Aber er hatte auch keine erwartet.
Achtsam legte er seine Waffen zurecht, ging hinter dem Geröllhaufen auf die Knie und löschte die Fackel im Sickerwasser, dann wartete er.
Seine Gedanken wanderten, ohne dass er es gewollt hätte, zurück nach Fairbanks, an sein letztes Treffen mit Frank Buteau, erinnerte sich an dessen Worte und auch an diese Frau, Sally
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