Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
hingebungsvoller Treue. Asa Thatcher zückte lächelnd
seine Brieftasche, gab Derora eine beträchtliche Summe und versprach, ihr durch
seine Bank in St. Louis noch mehr zukommen zu lassen, um sie für ihre Ausgaben
zu entschädigen.
Derora bemühte sich, eine erstaunte
Miene aufzusetzen. »Oh, das ist aber viel zuviel, Mister Thatcher«, log sie.
»Schließlich ist Olivia meine Schwester ... es war meine Pflicht ...«
Asa befand sich bereits auf dem Weg
zur Tür. »Nein, es wäre meine Pflicht und Schuldigkeit gewesen, mich um
meine Familie zu kümmern, und ich wünschte, ich hätte es getan.«
Derora mußte ihre ganze Beherrschung
aufbieten, um nicht zu lachen und den dicken Packen Banknoten zu zählen, den
Asa ihr gegeben hatte. Aber ihre Neugierde war noch stärker als ihre Geldgier.
»Mister Thatcher, Sie lieben meine Schwester sehr, nicht wahr? Dann sagen Sie
mir doch bitte, warum Sie Tess und Olivia so ... so abrupt aus ihrem Haus
geworfen haben.«
Seine schmalen Schultern sackten
herab, ein wehmütiger Blick erschien in seinen Augen. »Das war das Werk meiner
verstorbenen Frau und meiner Tochter Millicent. Ich habe nichts davon gewußt,
bis es zu spät war.«
»Wollen Sie damit sagen, daß es Ihre
Frau und Ihre Tochter waren, die Tess und Olivia fortschickten? Daß es nicht
auf Ihre Veranlassung hin geschah?«
»Ich hätte lieber auf mein tägliches
Brot verzichtet, als Livie oder unser kleines Mädchen aufzugeben. Aber da ich
mich zu jener Zeit auf einer Geschäftsreise befand, war es ein leichtes für die
Anwälte meiner Frau, Livie zu überzeugen, daß der Räumungsbefehl von mir kam.
Als ich aus New York zurückkam ...« Sein blasses Gesicht verzerrte sich vor
echter, tiefempfundener Qual. »Da waren sie fort.«
»Die Briefe!« erinnerte Derora sich
plötzlich. »Olivia hat Ihnen so viele Briefe geschrieben ... und Tess ebenfalls.«
»Ich habe nie Briefe erhalten«,
entgegnete Asa Thatcher, und Derora glaubte ihm. »Erst nach dem Tod meiner
Frau — vor knapp zwei Wochen — fand ich heraus, was geschehen war. Millicent,
meine Tochter, hatte sich verliebt, und dieses Gefühl muß so etwas wie Mitleid
in ihr ausgelöst haben. Jedenfalls gestand sie mir, daß ihre Mutter und sie die
Briefe abgefangen und verbrannt hatten.«
»Mein Gott!« rief Derora entsetzt,
in Erinnerung an Olivias Verzweiflung und Tess' Haß.
Asa nahm ihre Hand und drückte sie.
»Ich muß jetzt meine liebe Olivia suchen. Tausend Dank, Madam, für Ihre
übergroße Freundlichkeit.«
Derora spürte die Geldscheine in
ihrer Hand und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Gern geschehen, Mister
Thatcher«, erwiderte sie aufrichtig. »Möge Gott Sie auf Ihrer Reise begleiten.«
Thatcher lächelte sein trauriges
Lächeln, dann war er fort.
Juniper stand mit großen Augen in
der Tür. »Dieser Mann ist das lebendige Abbild von Abraham Lincoln!« rief sie
verblüfft.
Derora zeigte ihr lächelnd die
Geldscheine. »Was hältst du von der Idee, dein eigenes Gästehaus zu haben, Juniper?«
fragte sie lockend. »Fünf Dollar Anzahlung, fünf Dollar pro Woche, und dieses
Haus gehört dir ganz allein!«
»Abgemacht!«
Tess begann sich erst Gedanken um die
kommende Nacht zu machen, als sie weit entfernt waren von der kleinen Stadt, wo
Keith das meiste seiner Ware verkauft hatte, und anhielten, um das Lager
aufzuschlagen.
Graue Wolken ballten sich am Himmel
zusammen, ein Sturm lag in der Luft. Keith band den Maulesel unter einem Baum
an, wo er Schutz vor dem Regen finden würde, und dicht neben einem Bach, der
ihn mit Wasser versorgte.
Tess lehnte mit verschränkten Armen
am Wagen und schaute argwöhnisch zu, wie Keith ein Feuer anzündete.
»Willst du mir nicht helfen«, fragte
er schroff, »anstatt herumzustehen und mich anzugaffen?«
»Es wird regnen«, antwortete Tess
mit einem besorgten Blick auf den Himmel.
Keith zuckte nur die Schultern. Er
wußte sehr gut, worüber Tess sich Sorgen machte, aber er dachte nicht daran,
sie zu beruhigen. Mit vielsagendem Lächeln ging er an ihr vorbei und kletterte
in den Wagen. Nachdem er die Suche sehr geräuschvoll veranstaltet hatte, kam er
mit einem Stück Leinwand zurück, das an vier Pfosten befestigt war.
Immer noch lächelnd errichtete er
eine Art Schutzdach, das ihr Feuer vor dem Verlöschen bewahren würde, falls es
tatsächlich regnen sollte.
»Was ist so lustig?« erkundigte sich
Tess gereizt. Warum grinste er die ganze Zeit?
»Du«, antwortete er kurz und
überprüfte die
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