Crime
fragt sich, was für ein Spielchen sie spielen, dass die Mädchen wie zwei angeschlagene, traumatisierte Boxveteranen in einer schmierigen Muckibude mit nervöser Energie um ihn herum pendeln, abducken und rollen. Sie sind offenbar willig, für ihre Drinks eine Gegenleistung zu erbringen.– Du bist süß, kichert Robyn. Lennox sieht, dass sie betrunken ist, sind sie wahrscheinlich beide, aber Starry steckt es besser weg.
Während ihres Thekengesprächs werden seine Ohren rasch für den oberflächlichen Glamour des amerikanischen Akzents desensibilisiert, und er kann sich die beiden Frauen auch in einer beliebigen Kaschemme in Edinburgh vorstellen. Lebenslanger Zigarettenkonsum scheint den gesamten Rauch der Bar auf Robyns graue Haut und ihre schrillen Billigklamotten zu ziehen wie ein Magnet Eisenspäne.
– Du kennst also ein paar befremdliche Frauen, sagt Starry, und ihr Blick wandert zu seiner verbundenenHand.– Macht dich das zu einem befremdlichen Kerl? Ach, was frag ich, gibt’s überhaupt andere?
Lennox hat sich in zu vielen Anmachschuppen in Edinburgh solche Geplänkel geliefert, um sich von pseudofeministischen Sticheleien aus der Ruhe bringen zu lassen.– Im Blödsein sind wir große Klasse, sagt er,– aber im Verrücktsein schlagt ihr Mädchen uns um Längen. So sind wir nun mal.
Starry lacht und reißt dabei ihre Fänge so weit auf, dass es aussieht, als könnte sie die ganze Bar mitsamt ihrem Inhalt verschlingen. Lennox starrt in die geriffelte, rosa Tiefe der Mundhöhle, die hervortretende rote Zunge ein einladender roter Teppich, der sich schnell zu einer Angst einflößenden Schlange ringelt.– Und dass du mir das nicht vergisst!
– Entschuldigt mich mal eine Sekunde, Ladys, der Ruf der Natur. Lennox rutscht von seinem Hocker und steuert die Klos an.
Warum nennen die das hier Ruheraum?
Irgendwie wäre Lennox wirklich sehr danach, sich auszuruhen. Sich auf den gekachelten Boden in den Schmier und Schmutz von Männerpisse, Schuhsohlenabrieb und Zigarettenasche zu legen und zu schlafen wie ein Baby. Stattdessen streckt er seine bandagierte Hand aus und beginnt mit der gesunden, den elastischen Verband abzuwickeln. Der innere Verband ist verfärbt und riecht unangenehm. Plötzliche packt ihn ein Angstkrampf, und er rechnet fast schon damit, ein verschrumpeltes, schwarzgrünes und gangränöses Etwas darunter vorzufinden. Wie sich erweist, ist seine Hand steif, rot und um die Knöchel herum leicht geschwollen und entzündet, und ihm treten Tränen in die Augen, als er versucht, eine Faust zu ballen. Aber sie ist noch da, seine Hand, und wahrscheinlich auf dem Weg der Genesung. Er vertraut ihr das Halten und Ausrichten seines Penis an underträgt es nicht, zuzusehen, wie sein dunkler und abgestandener Urin gegen das Metall des Pissoirs spritzt.
Lennox wäscht sich sorgfältig die Hände und begrüßt die lädierte wieder im Schoß der Familie.
Er brauchte nur fünfunddreißig Sekunden, sie zu packen, in den Frachtraum des Vans zu schaffen, mit Isolierband zu knebeln, zu fesseln und wegzufahren.
Er hält die Hände unter den Trockner; genießt das Gefühl der Hitze an seiner tauben, wunden Pfote.
Die beiden Frauen sehen Lennox frontal an, als er zurück in die Bar kommt. Starry hat sich die Perfect Bride genommen und blättert darin. Aber mittlerweile ist noch jemand dazugestoßen, ein anderer Mann, der aus dem Halbdunkel hinten in der Bar aufgetaucht ist und sich im selben Moment wie der zurückkehrende Lennox zu den Frauen gesellt. Lennox sieht Starry verständnislos an.
Lennox konstatiert, dass der andere etwa so groß ist wie er selbst, um die 1,85, und gleichfalls Mitte dreißig.– Ich bin Vertreter, sagt er grinsend zu Starry und Robyn, über Lennox hinweg, der schon auf kleiner Flamme köchelt. Die Fotze hat belauscht, was ich gesagt hab, und denkt jetzt, er kann sich über mich lustig machen .
Lennox zieht den Kerl an der Schulter und schwenkt ihn zu sich herum.– Ich kann dir sagen, was du bist, wenn du dich nicht sofort verpisst. Ein Typ mit Ärger am Hals. Klar?
Der Mann blinzelt überrascht.
– He …, sagt Starry und legt das Magazin wieder auf die Theke, … ist doch kein Grund zur Aufregung!
– Hör mal zu, Sportsfreund …, fängt der Mann an, doch Lennox erkennt, dass ihm bereits alle innere Überzeugung flöten geht.
Lennox spürt, wie die Gewaltbereitschaft in ihm gärt. Der Typ denkt, mit ihm kann er’s machen.– Ich bin nicht dein Sportsfreund.
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