Crossfire. Versuchung: Band 1 Roman (German Edition)
in das sichere Versteck meines Apartments zurückzukehren, wo ich von dem Zwang befreit wäre, Selbstkontrolle zu heucheln, die ich nicht besaß.
Das hast du dir selbst eingebrockt, erinnerte ich mich. Da musst du jetzt durch.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und verließ die Kabine. Vor mir stand Magdalene Perez, die mit verschränkten Armen am Schminktisch lehnte. Offenbar hatte sie auf mich gewartet. Ausgerechnet in so einem Moment musste ich ihr begegnen. Ich zögerte. Dann ging ich zum Waschbecken.
Ich sah, dass sie mich im Spiegel beobachtete, und ich musterte sie ebenfalls.
Sie war noch schöner als auf den Fotos, hochgewachsen und schlank, mit großen dunklen Augen und üppigem, glattem braunem Haar, vollen roten Lippen und hohen, fein gezeichneten Wangenknochen. Ihr Kleid war dezent aufreizend, nicht zu eng, aus cremeweißem Satin, der einen wunderbaren Kontrast zu ihrer olivfarbenen Haut bildete. Wie ein verdammtes Supermodel mit exotischem Sexappeal sah sie aus.
Ich nahm das Handtuch entgegen, das die Toilettenfrau mir reichte. Da sprach Magdalene sie auf Spanisch an und bat sie, uns allein zu lassen.
»Por favor, gracias«, ergänzte ich die Bitte, woraufhin Magdalene mich erstaunt ansah. Ich erwiderte ihren Blick so cool wie möglich.
»Ach du meine Güte«, murmelte sie, nachdem die Frau außer Hörweite war. Dann machte Magdalene ein tss -Geräusch, das wie Fingernägel auf einer Schiefertafel an meinen blanken Nerven kratzte. »Sie haben es schon mit ihm getrieben.«
»Und Sie nicht.«
Verblüfft sah sie mich an. »Stimmt. Und wissen Sie auch, warum nicht?«
Ich nahm fünfzig Cent aus meiner Tasche und warf sie auf das Silbertablett für das Trinkgeld. »Weil er nicht will.«
»Und ich will es genauso wenig, denn er kann sich nicht binden. Er ist jung, unglaublich schön und steinreich. Das genießt er.«
»Ja, zweifellos.«
Sie kniff die Augen leicht zusammen, wodurch sie etwas weniger schön aussah. »Er respektiert die Frauen, die er fickt, nicht. In dem Moment, in dem er seinen Schwanz in Sie reingesteckt hat, hat er Sie erledigt. So wie all die anderen. Aber ich bin immer noch da, denn mich will er fürs ganze Leben.«
Ich bewahrte meine coole Fassade, obwohl Magdalene genau dort getroffen hatte, wo es besonders wehtat. »Wie armselig …«
Schnellen Schrittes ging ich hinaus und blieb erst neben Stantons Limousine wieder stehen. Ich drückte noch kurz Carys Hand, dann stieg ich ein und brach zum Glück erst in Tränen aus, nachdem der Chauffeur schon losgefahren war.
»Hey, Süße!«, rief Cary, als ich am nächsten Morgen ins Wohnzimmer tappte. Er lag nur mit einer ausgeleierten Jogginghose bekleidet auf dem Sofa und hatte die Beine gekreuzt auf dem Couchtisch abgelegt. Offensichtlich fühlte er sich sehr wohl in seiner Haut. Und selbst jetzt sah er mit seinen zerzausten Haaren wahnsinnig gut aus. »Wie hast du geschlafen?«, fragte er.
Ich reckte den Daumen und ging zur Küche, um mir einen Kaffee zu holen. Auf der Frühstückstheke lag ein riesiger Strauß roter Rosen. Der Duft war göttlich, und ich atmete ihn ganz tief ein. »Was ist das?«
»Wurde vor ’ner Stunde abgegeben. Sonntagslieferung. Wunderschön und schweineteuer.«
Ich zog die Karte aus der Plastikhülle. Eine Nachricht in Großbuchstaben:
ICH MUSS DIE GANZE ZEIT AN DICH DENKEN.
GIDEON
»Von Cross?«, fragte Cary.
»Ja.« Ich fuhr mit dem Daumen über das, was ich für Gideons Handschrift hielt. Eigenwillig, maskulin, sexy. Eine romantische Geste für einen Mann, für den Romantik eigentlich nicht zum Repertoire gehörte. Ich ließ die Karte auf die Theke fallen, als hätte ich mich daran verbrannt, und schenkte mir einen Kaffee ein. Ich hoffte, das Koffein würde mir Kraft geben und mich wieder zur Vernunft kommen lassen.
»Du scheinst nicht besonders beeindruckt«, bemerkte Cary. Er sah sich ein Baseballspiel im Fernsehen an und drosselte jetzt die Lautstärke.
»Er ist einfach nicht gut für mich. Er ist ein Trigger, er löst einfach alles Mögliche in mir aus. Ich muss mich von ihm fernhalten.« Da Cary die gleiche Therapie durchgemacht hatte wie ich, wusste er, wovon ich redete, auch wenn ich in Fachjargon verfiel.
»Das Telefon klingelt schon den ganzen Morgen. Ich hab es auf lautlos gestellt, damit’s dich nicht stört.«
Als ich mich auf der Couch zusammenrollte, spürte ich immer noch den brennenden Schmerz zwischen den Beinen. Ich widerstand der Versuchung, die Mailbox abzuhören, um
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