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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Ingenieurswissenschaften und schnitt darin immer schlechter ab, sodass die Universität ihm in seinem letzten Studienjahr schließlich nahe legte, er möge einen nützlichen Beruf wie zum Beispiel die Dachdeckerei ergreifen. Er ging umgehend vom College ab, geradewegs in die ausgebreiteten Arme der Navy.
    Man unterzog ihn einem Intelligenztest. Die erste Frage im mathematischen Teil hatte mit Booten auf einem Fluss zu tun: Port Smith liegt 100 Meilen stromaufwärts von Port Jones. Der Fluss fließt mit 5 Meilen pro Stunde dahin. Das Boot fährt mit 10 Meilen pro Stunde durchs Wasser. Wie lange braucht man von Port Smith bis Port Jones? Und wie lange für den Rückweg?
    Lawrence erkannte sofort, dass es sich um eine Fangfrage handelte. Man müsste praktisch schwachsinnig sein, um von der oberflächlichen Annahme auszugehen, dass die Strömung die Geschwindigkeit des Bootes um 5 Meilen pro Stunde erhöhen bzw. vermindern würde. 5 Meilen pro Stunde war eindeutig nichts weiter als die Durchschnitts geschwindigkeit . In der Mitte des Flusses wäre die Strömung schneller, an den Ufern langsamer. An Biegungen des Flusses waren noch kompliziertere Abweichungen zu erwarten. Im Grunde handelte es sich um eine Frage der Hydrodynamik, die sich unter Verwendung bestimmter wohl bekannter Differentialgleichungen angehen ließ. Lawrence vertiefte sich in das Problem und füllte dabei rasch (jedenfalls in seinen Augen) zehn Blatt Papier beidseitig mit Berechnungen. Zwischendurch ging ihm auf, dass ihn eine seiner Annahmen in Verbindung mit den vereinfachten Navier-Stokes-Gleichungen mitten in eine Untersuchung einer besonders interessanten Familie partieller Differentialgleichungen geführt hatte. Ehe er sich’s versah, hatte er ein neues Theorem bewiesen. Wenn das nicht seine Intelligenz bewies, was dann?
    Dann ertönte die Klingel und die Papiere wurden eingesammelt. Lawrence schaffte es, sein Schmierpapier zu behalten. Er nahm es mit ins Studentenwohnheim, schrieb es auf der Maschine zusammen und schickte es einem der zugänglicheren Mathematikprofessoren von Princeton, der prompt dafür sorgte, dass es in einer Pariser Mathematikzeitschrift veröffentlicht wurde.
    Ein paar Monate später erhielt Lawrence in San Diego, Kalifornien, zwei frisch gedruckte Belegexemplare der Zeitschrift, und zwar beim Postappell an Bord eines großen Schiffes mit Namen U.S.S. Nevada. Das Schiff hatte eine Musikkapelle und die Navy hatte Lawrence den Job gegeben, darin das Glockenspiel zu spielen, weil ihre Testverfahren bewiesen hatten, dass er für alles andere nicht intelligent genug war.
    Der Postsack, der Lawrences Beitrag zur mathematischen Literatur enthielt, kam gerade noch rechtzeitig an. Lawrences Schiff und ziemlich viele seiner Schwesterschiffe waren bis dato in Kalifornien stationiert gewesen. Doch in ebendiesem Moment wurden sie alle an einen Ort namens Pearl Harbor auf Hawaii verlegt, um den Nips zu zeigen, wer Chef im Ring war.
    Lawrence hatte im Grunde nie gewusst, was er mit seinem Leben anfangen wollte, aber er kam rasch zu dem Schluss, dass zu Friedenszeiten Glockenspiel-Spieler auf einem Schlachtschiff in Hawaii zu sein ein ganzes Stück weit vom schlimmstmöglichen Leben entfernt war, das man führen konnte. Der unangenehmste Teil des Jobs bestand darin, dass man manchmal bei sehr warmem Wetter herumsitzen oder marschieren und gelegentlich verkorkste Töne von anderen Musikern ertragen musste. Er hatte reichlich Freizeit, die er damit zubrachte, an einer Reihe neuer Theoreme auf dem Gebiet der Informationstheorie zu arbeiten. Das Gebiet war von seinem Freund Alan erfunden und weitgehend abgehandelt worden, aber es gab noch reichlich Detailarbeit zu tun. Er, Alan und Rudi hatten einen allgemeinen Plan dessen skizziert, was noch bewiesen oder widerlegt werden musste. Lawrence raste förmlich durch diese Liste. Er fragte sich, was Alan und Rudi in England bzw. Deutschland so trieben, aber er konnte ihnen nicht schreiben und es herausfinden, und so behielt er seine Arbeit für sich. Wenn er nicht gerade Glockenspiel spielte oder Theoreme ausarbeitete, gab es Bars und Tanzveranstaltungen zu besuchen. Waterhouse betätigte sich selbst mit seinem Penis, bekam den Tripper, wurde geheilt 1 , kaufte Kondome. Alle Matrosen taten das. Sie glichen Dreijährigen, die sich Bleistifte in die Ohren stecken, feststellen, dass das wehtut, und damit aufhören. Lawrences erstes Jahr war im Nu vorüber. Die Zeit sauste nur so vorbei. Nirgendwo

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