Cryptonomicon

einlädt. Diese Seite ihrer Persönlichkeit bietet jede Menge Anlass zu Missverständnissen, und deshalb ist sie ausgestiegen. Lieber wollte sie, in Gesellschaft ihrer Musik von intelligenten Sängerinnen und Liedermacherinnen, in einem abgelegenen Teil der Welt einsam, sich selbst treu und niemandem Rechenschaft schuldig sein, als in Amerika missverstanden und bedrängt zu werden.
    »Ich liebe dich«, sagt er. Amy wendet den Blick ab und stößt einen tiefen Seufzer aus, als wollte sie sagen Endlich kommen wir ein Stück weiter. Randy fährt fort: »Seit unserer ersten Begegnung bin ich in dich verknallt.«
    Jetzt schaut sie ihn wieder erwartungsvoll an.
    »Und dass ich so lange gebraucht habe, bis ich es dir, äh, richtig zeigen oder auf dich zugehen konnte, lag vor allem daran, dass ich nicht sicher war, ob du vielleicht lesbisch bist.«
    Amy schnaubt verächtlich und verdreht die Augen.
    »... und später einfach an meiner Zurückhaltung. Die dummerweise auch ein Teil von mir ist, genau wie dieser da.« Nur eine Mikrosekunde lang schaut er an sich hinunter.
    Voller Verwunderung sieht sie ihn kopfschüttelnd an.
    »Die Tatsache, dass der naturwissenschaftlich Forschende fünfzig Prozent seiner Zeit mit nichtrationalen Mitteln arbeitet, wird nicht hinreichend zur Kenntnis genommen«, sagt Randy.
    Amy setzt sich auf seiner Seite auf den Tisch, zieht schwungvoll die gestreckten Beine hoch, vollführt auf ihrem Hinterteil eine geschickte halbe Drehung und rutscht auf der anderen Seite wieder hinunter. »Ich werde über das, was du gesagt hast, nachdenken«, verspricht sie. »Halt die Ohren steif, Kumpel.«
    »Na klar, Amy.«
    Amy schenkt ihm über die Schulter hinweg ein kleines Lächeln und geht dann direkt zum Ausgang. Um sich davon zu überzeugen, ob er ihr nachschaut, wendet sie sich auf der Schwelle noch einmal um.
    Er tut es. Und sein Gefühl sagt ihm, dass das die richtige Antwort ist.

Blendwerk
    Ein paar Trupps japanischer Luftwaffensoldaten, die mit Gewehren und Nambus bewaffnet sind, verfolgen Bobby Shaftoe und sein Grüppchen Huks in Richtung Kaimauer an der Manila Bay. Falls es so weit kommt, dass sie stehen bleiben und die Sache ausschießen müssen, können sie wahrscheinlich eine Menge Nips umbringen, ehe sie selbst überwältigt werden. Aber sie sind hier, um die Altamiras zu finden und ihnen beizustehen, nicht, um den Heldentod zu sterben, und so ziehen sie sich durch Ermita zurück. Eine von MacArthurs kreisenden Piper Cubs macht einen der japanischen Trupps aus, als dieser gerade über die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes kraxelt, und fordert Artilleriefeuer an – schon schrauben sich von Norden her Granaten heran wie lange Pässe bei einem Football-Spiel. Shaftoe und die Huks zählen die Sekunden zwischen den Einschlägen, versuchen abzuschätzen, aus wie vielen Rohren auf sie gefeuert wird, und von einer Deckung zur nächsten zu laufen, wenn sie meinen, dass ein paar Sekunden lang keine Granate kommt. Ungefähr die Hälfte der Nips werden durch diesen Geschosshagel getötet oder verwundet, aber Shaftoes Huks kämpfen mittlerweile auf derart kurze Entfernung gegen sie, dass auch zwei von ihnen fallen. Bei dem Versuch, einen von ihnen aus der Gefahrenzone zu schleifen, sieht Shaftoe, als er nach unten blickt, dass er über einen Haufen zerbrochenen weißen Geschirrs stampft, das den Namen eines Hotels trägt – desselben Hotels, in dem er an dem Abend, als der Krieg ausbrach, mit Glory getanzt hat.
    Die verwundeten Huks sind noch imstande, sich zu bewegen, und so setzt sich der Rückzeug fort. Shaftoe beruhigt sich ein wenig und denkt mit klarerem Kopf über die Situation nach. Die Huks finden eine gute Verteidigungsposition und halten die Angreifer ein paar Minuten lang auf, während er sich orientiert und einen Plan zurechtlegt. Eine Viertelstunde später räumen die Huks ihre Position und lassen sich, jedenfalls dem Anschein nach, in Panik zurückfallen. Ungefähr die Hälfte des japanischen Trupps stürzt ihnen nach und sieht sich in eine tödliche Falle gelockt, eine Sackgasse, die durch den teilweisen Einsturz eines Gebäudes in ein kleines Sträßchen entstanden ist. Einer der Huks eröffnet mit einer Maschinenpistole das Feuer, während Shaftoe – der, in einem ausgebrannten Auto versteckt, zurückgeblieben ist – die anderen mit Granaten eindeckt, sie so festnagelt und daran hindert, ihren Kameraden zu Hilfe zu kommen, die geräuschvoll abgeschlachtet werden.
    Aber diese Nips