Daemonen kuesst man nicht
Türrahmen nicht an.«
Natürlich nicht.
Ich hatte inzwischen gelernt, keine Fragen zu stellen, auf die ich keine Antworten haben wollte, also machte ich mich auf den Weg zu Großmutter.
Ich öffnete die Tür zu einem drittklassigen Hotelzimmer, das zeitgemäß passend für eine Biker-Hexe eingerichtet war. An silbernen Reißnägeln in der braunen Holzverkleidung der Wände waren Streifen Zahnseide befestigt, die sich wie Partygirlanden quer durch das Zimmer zogen. Die Zahnseide bog sich unter dem Gewicht der Reste einer bunten Bettdecke, die in Streifen zerschnitten an den Fäden hing und tropfte – warum auch immer. Es roch nach Schimmel und Kool-Aid mit Kirscharoma.
Ich ging geduckt unter den schlaff herabhängenden Hexenutensilien hindurch und suchte Großmutter.
Sie war nicht schwer zu finden. Ich hörte sie im Badezimmer einen Song von Prince singen.
»Großmutter?« Ich hoffte verzweifelt, dass wir nicht in eine Szene wie aus Pretty Woman platzten.
Rasch tauschte ich einen Blick mit Dimitri. Er zwinkerte mir aus seinen grünen Augen zu, während er einem tief hängenden Stofffetzen auswich. Wenigstens er schien sich zu amüsieren.
Und mein Hund offensichtlich ebenfalls. »Parate, hör auf herumzuhüpfen.«
Großmutter begann, eine Melodie zu summen, und ich hörte noch etwas anderes – ein Knurren.
Hoffentlich hatte sie nicht irgendwelche Kreaturen zu sich gerufen. »Großmutter.« Ich hämmerte an die Tür und sprang zur Seite, als mich eine brühend heiße Flüssigkeit an der Stirn traf. »Heiliger Himmel!«
»Lizzie!« Dimitri kam auf mich zugerannt und wischte mir mit bloßen Fingern die Säure ab. »Bist du in Ordnung?«
»Und du?«, entgegnete ich und versuchte, mich wieder zu fangen, während der Schmerz zu einem dumpfen Pochen verebbte. »Mir geht es gut«, sagte ich, als ich begriff, dass er sonst nicht aufhören würde, mich zu untersuchen.
Dimitri drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Geh zurück.« Er lehnte sich gegen die alte braune Tür, bereit, sie aufzubrechen, als sie von selbst aufflog.
Großmutter stand, einen Bleistift hinter dem Ohr und einen Handtuchhalter unter dem Arm, vor uns. An jedem Ende der Stange hingen Gipsbrocken. Sie hatte sich rote Streifen von der Bettdecke wie Schweißbänder des armen Mannes um die Handgelenke gebunden und sich aus den Dingern sogar ein Halsband gebastelt. »Ihr kommt spät«, meinte sie und führte uns in ein winziges Badezimmer mit einer abblätternden Cowboy-Tapete und einer zusätzlichen Toilettenschüssel, die gegen eine gelbe Badewanne aus den 70er Jahren gelehnt war. Hier drin war es mindestens zehn Grad wärmer – und stickig. Ich fragte mich, warum wir immer wieder in einem Badezimmer landeten.
»Und wo sind jetzt meine Schutzmittel?«, murmelte Großmutter und wühlte in dem Schrank unter dem Waschbecken, bevor sie in einen gehäkelten rosabraunen Klopapierhalter spähte. »Ich hatte doch einige getrocknete …«
Parate steckte gemeinsam mit Großmutter seinen Kopf unter das Waschbecken, und ich schob mich vorsichtig an den beiden Hinterteilen vorbei und stellte mich neben meinen zwar gelenkigen, aber doch recht eingeengten Greif. Als er versuchte, mir Platz zu machen, trat er versehentlich auf den buschigen roten Schwanz eines Fuchses. Das Tier jaulte auf und verkroch sich hinter einem fleckigen geflochtenen Papierkorb.
»Oje.« Großmutter reichte Dimitri den Handtuchhalter und
bückte sich zu dem Fuchs hinunter. »Ich brauche Fußnägel eines glücklichen Fuchses, und das ist schon schwierig genug, weil Füchse es nicht ausstehen können, wenn man ihnen die Krallen schneidet.« Sie hob den Fuchs hoch und nahm ihn auf den Arm. »Braver Junge«, beschwichtigte sie ihn und streichelte ihn. »Ja, alles in Ordnung, Zippy.«
»Zippy?« Parate neigte den Kopf zur Seite.
Großmutter vergrub ihre Finger in dem flaumigen weißen Fell am Hals des Fuchses. »Ja. Das Mädchen, das diesen Laden führt, ist selbst ein bisschen neben der Spur. Aber ich will mich nicht beklagen. Immerhin hat uns das AIA diese Unterkunft zur Verfügung gestellt, während wir ein paar Gargyle vertreiben.«
»Gargyle?« Automatisch sah ich an die hohe Decke und in die Ecken des Badezimmers. Keine Gargyle. Nur abblätternde Farbe.
»Ja. Ein paar kann man behalten, um die bösen Geister abzuwehren, aber diese Dinger vermehren sich wie die Kaninchen.« Großmutter kraulte Zippy am Kinn, und er begann wieder zu knurren. Oder vielleicht
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