DÄMONENHASS
dass die Männer umkehren sollten. Der Graue war ihr Führer. Mit seinem Vampirbewusstsein drang Shaitan in seinen Verstand und führte ihm das Verhängnis vor Augen, das ihn ereilen würde, sollte er in die Höhle kommen.
Der Wolf scharrte am Eingang in den Überresten der Mahlzeit, die sie dorthin geworfen hatten, aber er kam nicht näher. Die Männer, Szgany Hagi waren es, sahen Fell, Haar und Knochen und erkannten die Reste als die einer Ziege. Einer von ihnen sagte: »Ein Bär, wahrscheinlich ziemlich groß. Hier hat er wohl seine Höhle. Seht doch, die Reste sind frisch. Er könnte vielleicht sogar zu Hause sein!« Und so gingen sie weiter.
Shaitan wartete kurz, dann schlich er zum Eingang. Während er sich von dem gleißenden Licht fernhielt, strengte er die Augen an, um die Männer abziehen zu sehen, und staunte gewaltig, dass sie sich offenbar ohne Schaden in der grellen Sonne bewegen konnten! Bitterer Hass erfüllte ihn. Sie lebten dort, wo er nicht leben konnte, sie jagten und lebten von den einfachen Dingen der Erde, was er ebenfalls nicht konnte. Dieser Ort gehörte ihnen, er war ihnen Zuflucht (und Paradies?) und konnte niemals ihm gehören, außer ... bei Nacht.
Nun, sollten sie doch hier leben und jagen! Tatsächlich machten sie ja sogar Jagd auf ihn! Aber morgen und übermorgen war auch noch ein Tag, und darauf folgten lange, dunkle Nächte, in denen er seinerseits Jagd machen würde – auf Menschen! Oh ja, und dann würde er ihr Paradies in eine Hölle verwandeln.
Das schwor Shaitan sich ...
Shaitan kam es so vor, als wolle der lange, lange Tag der Sonnseite niemals enden. Doch schließlich wurden die Schatten länger, die Sonne war nur noch ein heißes, rauchig rotes Geschwür am südöstlichen Himmel, und über den Graten des Grenzgebirges zeigten sich funkelnd die ersten blassen Sterne. Die Dämmerung setzte ein, und es war Zeit zur Weiterreise.
Die durch eine Ablenkung verzögert wurde.
Als Shaitan vom Höhleneingang in die Abenddämmerung trat, zuckte er zusammen, denn er hörte ein Heulen und Klagen und sah, wie zwei Gestalten sich näherten – die er sogleich wiedererkannte. Die eine, die aufschrie und sich die Haare raufte, erwies sich letztlich als keine große Überraschung. Es handelte sich um den verräterischen Knecht Vidra Gogosita, der sich allem Anschein nach in einem wahrhaft schlechten Zustand befand. Doch die zweite Gestalt, die hohlwangig, mit glühenden Augen und schweigend mit raschen Schritten auf Shaitan zukam, bot fürwahr einen erschreckenden Anblick. Denn ...
... es war ein Toter! Und zwar Dezmir Babeni!
Doch er hatte sich verändert. Er trug immer noch seinen Bart und war an Rumpf und Gliedern so kurz wie ehedem, aber etliches von seinem Fett war ihm abhanden gekommen, sodass er nicht mehr wie ein Fass wirkte. Dezmir Babeni war magerer geworden, gewiss, aber er war immer noch derselbe. Und er war nicht mehr tot.
Das war etwas Neues. Vor Babeni hatte Shaitan weder Mensch noch Trog so weit ausgesaugt, dass er daran gestorben wäre. Die Geschöpfe, die zu seinen Knechten geworden waren, hatten nicht den Tod erlitten, sondern lebten – um seinen Bedürfnissen zu willfahren. Dieser Mann war allerdings gestorben! Babeni war tot ... oder untot?
»Meister! Meister!« Der junge Gogosita stürzte mit bebenden Händen auf Shaitan zu. »Nimm mich wieder auf, ich flehe dich an! Ich habe keinen anderen Ort, an den ich gehen oder mein Leben fristen kann.« Shaitan sah ihn nicht einmal an, sondern schob ihn beiseite. Denn sein Blick haftete hingerissen auf Babeni. Der erwiderte diesen Blick voller Hass!
Der Untote knurrte, kam steifbeinig näher und streckte die bleichen, grauen Hände aus. Seine Augen glühten wie Schwefelgruben, in deren Mitte ein Feuer glost. »Du!«, sagte er anklagend mit rauer, krächzender Stimme. »Du, Shaitan, du hast mir das angetan. Und jetzt sagt mir dieser Junge, dass du meiner Tochter noch ganz andere Dinge angetan hast!«
Er stürzte sich auf Shaitan, packte ihn und schlug ihm die Zähne in den Hals. Und Shaitan erkannte, dass diese Zähne zu Fängen herangewachsen waren! Der Schreck ließ ihn zunächst erstarren, doch schließlich nahm er seine vampirische Kraft zusammen, schleuderte den anderen von sich und warf sich auf ihn, um ihn zu erwürgen. Unter der zermalmenden Kraft von Shaitans Händen wandelte sich Babenis graue Gesichtsfarbe zu einem tiefen Dunkelrot. Doch er wehrte sich noch immer, und sein Körper bäumte sich mit
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