Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
langen Nacht in regelmäßigen Abständen gegen ein anderes Pferd eingetauscht hatte, blieb nun keine Wahl mehr, als den Tieren endlich eine Rast zu gewähren. Brakandaran hätte jedes Ross Medalons für ein hythrisches, aus Magiezucht stammendes Pferd hingegeben; für einen Hengst wie Himmelsstürmer, der, wann immer er mit seinem Reiter eine geistige Einheit bildete, die Kräfte dreier gewöhnlicher Pferde entfalten konnte. Im Kampf war ein derartiges Ross, wenngleich die Harshini sie nie für Kriegszwecke gezüchtet hatten, dank seiner Klugheit fast unbezwingbar. Zu Tausenden waren solche Pferde durch Schwester Param und die Schwesternschaft abgeschlachtet worden. Der Hang der Menschen, alles zu vernichten, was sie nicht verstanden, war eine wahrhaft verhängnisvolle Eigenschaft.
Er blickte sich nach den Gefährten um und gelangte zu der Einsicht, dass sich nicht nur die Pferde am Ende ihrer Kräfte befanden. Infolge der unaufhörlichen nächtlichen Regenfälle klebten seinen Leidensgenossen die Kleider am Leib, sie waren völlig durchnässt und froren. Dacendaran wirkte am wenigsten mitgenommen, aber schließlich war er ein Unsterblicher. Die dralle Court'esa und die alte Schwester erregten den Eindruck, zum Umfallen müde zu sein. Tarjanian hielt den Rücken noch aufrecht und die bewusstlose R'shiel an sich gedrückt, doch Brakandaran wusste, es war lediglich eine zornige Entschlossenheit, die den Rebellen im Sattel hielt.
Er grummelte einen weiteren Fluch und zog den Rückschluss, dass der Verlauf der Unternehmung keineswegs als zufrieden stellend bezeichnen konnte. Ihm kam es auf nichts anderes an, als R'shiel unversehrt im Sanktuarium abzuliefern und so bei den Harshini seine Schuld zu begleichen. Sobald sie dort weilte, war alles Übrige Korandellens Sache. Als er erfahren hatte, was die Götter von dem Dämonenkind wollten, hatte er nämlich entschieden, den Harshini-König darüber befinden zu lassen, ob R'shiel für die vorgesehene Aufgabe die Richtige sei oder ob man sie als zu gefährlich ansehen musste, als dass sie am Leben bleiben durfte. In dieser Hinsicht wünschte Brakandaran kein Urteil zu fällen. Er hatte R'shiel bei den Rebellen erlebt, ebenso beobachtet, was sie mit Loclon angestellt hatte, und obendrein erkannt, was sie ihm von Herzen gern noch Schlimmeres angetan hätte. Tief in dieser Halbmenschin lauerte die Neigung zur Grausamkeit. Nach Brakandarans Auffassung lag vor ihnen allen noch ein schwieriger Weg. Allein sich damit abfinden zu müssen, dass sie lediglich zur Hälfte eine menschliche Natur hatte, mochte sich für sie als unüberwindliche Hürde erweisen.
Dass Dacendaran die Flüchtigen begleitete, empfand Brakandaran keinesfalls als harmlose Unannehmlichkeit. Er zählte zu den Haupt-Gottheiten und gebot über ausreichend Macht, um sich jede beliebige Gestalt zu verleihen, und doch musste er innerhalb der Schranken bleiben, die ihm die Art seiner Göttlichkeit zog. Als Gott der Diebe war und blieb er im Wesentlichen unehrlich und unverlässlich, und er hatte kein Rückgrat. Mit Gewissheit blieb Dacendaran nur so lange bei ihnen, wie es ihm behagte, und ließ sie voraussichtlich genau im allerungünstigsten Zeitpunkt im Stich. Als echte Hilfe könnte er sich nur bewähren, wenn sie irgendetwas stehlen mussten. Ob es sich so verhielt, weil er keine wirklich nützliche Hilfe leisten konnte oder es gar nicht wollte, wusste Brakandaran nicht zu sagen. Vielleicht war es klüger, nicht danach zu fragen. Trennende Meinungsverschiedenheiten mit Göttern galt es zu vermeiden.
Brakandaran hatte keine Vorstellung, wer die Mollige sein mochte - er vermutete, sie war eine Freundin R'shiels. Sie konnte noch zur Last werden. Was die andere Frau betraf, so fühlte Brakandaran seine Wangen erbleichen, sobald er bloß an sie dachte. Er versuchte sich Korandellens Miene auszumalen, wenn er mit einer ehemaligen Ersten Schwester vor den Toren des Sanktuariums erschien. Wie, bei den Sieben Höllen, war sie nur in die Flucht verwickelt worden?
Und dann war da auch noch Tarjanian Tenragan.
Brakandaran hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass mit ihm weitere Widrigkeiten bevorstanden. Tarjanian glaubte, er hätte ihn in der Testraer Schänke seinem Schicksal ausgeliefert. Brakandaran erwartete nicht, dass Tarjanian an einer Erklärung gelegen war, wie er sich dessen Sicht entzogen hatte oder was auch immer geschehen war. Der einstige Hüter war ein Krieger, und Kriegsleute sahen die Welt
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