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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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– wenigstens das schaffte er alleine. Unter den Verbänden um seine zerstörte Nase ragte ein Luftschlauch hervor.
    Ich fand meine Stimme wieder. „Officer Cheung.“ Mein Tonfall war sanft, respektvoll. Da rammte mich Dustcircle von hinten. Ich gab ihm einen unauffälligen Schubser, schob ihn mit der Hüfte weg. „Ich bin es. Jill. Jill Kismet.“
    Das Auge weitete sich. Blinzelte. Sein anderes Auge war völlig unter einem Mullpad verborgen. Und ich schätze, ich war froh darüber. Der Atemrhythmus veränderte sich nicht, und auch sein Herzschlag blieb gleichmäßig. Es war unheimlich, auf dem EKG-Gerät die Ausschläge des Pulses zu sehen, den ich mit meinem übernatürlichen Gehör wahrnahm.
    Der Wer kam wieder näher, stieß mich erneut an. Ich ließ es über mich ergehen, mein Blick wanderte von dem bandagierten Gesicht zu dem strahlend weißen Kissen. Die Decke war bis über seine Brust gezogen, und ich roch den scharfen Duft von Urin. Er musste einen Katheter haben, auf keinen Fall konnte er in seinem Zustand aufs Klo gehen.
    Gott im Himmel! Leg dich mit der Schattenwelt an, und das ist die Quittung. Sogar, wenn du selbst nichts dafür kannst. Mach deine Arbeit, Jill.
    „Ich werde denjenigen kriegen, der Ihnen das angetan hat“, versprach ich dem schlaffen Gesicht auf dem Kissen. „Aber Sie müssen mir helfen und alles erzählen, woran Sie sich erinnern können. Wenn es geht, dann nicken Sie. Oder blinzeln Sie oder so.“ Ich sprach betont leise, beruhigend. „Wenn Sie das irgendwie schaffen, wäre mir das wirklich eine große Hilfe.“
    Als er sprach, war ich baff. Seine Stimme war näselnd, aber kräftig, und seine Lippen schränkte kein Verband ein. Sie waren blutleer, und an den Mundwinkeln war eine dünne Kruste – die Rückstände von Erbrochenem. „Es war eine Frau.“ Er atmete aus, holte rasselnd Luft, und ich nahm den eigenartigen Geruch von Krankheit wahr, die einen menschlichen Körper verzehrte, während dieser darum kämpfte, den Schaden wieder zu reparieren. „Es kam per Funk rein – sie meinten, sie hätten irgendwas am Straßenrand entdeckt – einen Hund. Oder einen Kojoten. Nur war irgendwas an ihm … falsch. Als wir dort ankamen …“ Er hustete leicht, und ich warf einen Blick auf den Infusionsbeutel. Man hatte ihm Morphium gegeben, was den verschlafenen Tonfall und seine Gleichgültigkeit erklärte. „Sie kam direkt durch die Windschutzscheibe. Hat … das Autodach abgerissen. So schnell. Und leise, man hörte nur das Metall knirschen …“
    „Wie hat sie ausgesehen?“ Ich sprach leise, achtungsvoll.
    „Blond. Hübsch. Rote Augen.“ Sein eines Auge schloss sich kurz. Wurde wieder groß. „Sie wollte mich töten, aber das Ding kletterte über die Motorhaube, und sie ist ihm hinterher.“
    Mir stockte der Atem. „Ding?“ Kojote? Hund? Ein Hundewerwesen, das zwischen seiner menschlichen und der Tiergestalt feststeckte? Möglich, aber stell lieber keine Mutmaßungen an, Jill. Die Infos sind zu spärlich.
    Doch mehr war nicht aus ihm rauszukriegen. Sein Auge fiel wieder zu, der Rhythmus der piepsenden Maschine wurde langsamer, verschwand in dunklen Tiefen, sank ab wie ein U-Boot.
    Blond. Hübsch. Rote Augen. Das Glühen einer wütenden Höllenbrut? Das würde bedeuten, dass sie kein Trader war -deren Augen veränderten sich nicht, sondern nahmen nur diesen matten, stumpfen Glanz an.
    Außerdem hätte es kein Trader mit mir und Harp aufnehmen können. Das war nicht möglich. Trotzdem spürte ich ein leichtes Unbehagen und war froh, wenigstens eine solide Auskunft bekommen zu haben, um diese Vermutung bestätigt zu wissen.
    Ich bückte mich. Michails Ring an meiner Linken glitzerte. Meine mittleren zwei Finger berührten den groben Mull über seiner Hand, dann den äußersten Rand eines Knöchels, der zwischen den weißen Verbänden und der zugepflasterten Fusionsnadel hindurchlugte. Seine Haut war kalt.
    „Versprochen“, flüsterte ich. „Ich kümmere mich um die Angelegenheit. Ruhen Sie sich aus.“
    Er antwortete nicht. Ich zog meine Hand zurück, richtete mich auf und prallte schon wieder gegen Dustcircle, wobei mir überdeutlich auffiel, wie viel größer er doch war. Verflucht! Was soll das denn? Ich machte eine halbe Drehung, drängte mich mühsam an ihm vorbei und steuerte die Tür an. Mir schlug das Herz bis zum Hals, als er sich mit tänzerischer Anmut umwandte, um mir zu folgen.
    Der Wer ließ die Tür wieder einen Spaltbreit offen. Draußen spiegelte sich

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