Daemonenmal
überhaupt noch wusch, waren inzwischen nutzlose Lumpen. Ich würde mir zwei oder drei neue Dies-Irae -T-Shirts zulegen müssen. Ohne mich wäre die Baumwollindustrie bestimmt schon pleitegegangen.
Du hast dich gerade an Navoshtay Niv Arkady vergriffen.
Perry war davongeeilt, um zu tun, was auch immer Dämonen so tun, wenn sie mir nicht gerade den Tag versauen. Außerdem wollte er sein diplomatisches Geschick spielen lassen, um den Kopf der New Yorker Schattenwelt zu besänftigen.
Ich drückte ihm die Daumen. Gaaanz fest. Natürlich dachte Perry, dass ich ihm noch nützlich sein könnte, deshalb wollte er vermeiden, dass Arkady mich tötete. Zumindest was das anging, war ich mit Perry absolut einer Meinung – auch wenn er eine Höllenbrut war.
Meine Hände beruhigten sich, der Kopf auch. Das Silber darauf schlug an. Ich hatte ein Kupferarmband über mein Handgelenk gestreift, was die übernatürliche Sinnesschärfe trübte – ein willkommenes und gleichzeitig erschreckendes Gefühl. Es roch nach gedünsteten Zwiebeln – Saul war wieder in der Küche zugange. Verschaffe einem Werwesen eine Nahtoderfahrung, und es wird sich im Haushalt abreagieren. Mit Kochen zum Beispiel – oder dem Versuch, meine Wäsche zu machen, bis ich ihn regelrecht anschnauzte, mich verdammt noch mal in Ruhe zu lassen.
Treib eine Jägerin an den Rand des Todes, und sie kriegt das Nervenflattern. – Das ganze Adrenalin kann einfach nirgends sonst hin.
Unter dem Trenchcoat bildete sich eine Lache, in die dickes Rot und dünne, brackige Schwärze tropfte. Ich musste ihn mit dein Schlauch abspritzen und wegwerfen – und alles von den Taschen meines alten in den neuen Mantel umräumen. Aber ich stand nur da und zitterte.
Ich hätte sterben können. Ohne Saul wäre ich tot. Die Höllenbrut hatte mich schon wie eine Forelle am Haken. Er hätte mich nur noch an Land ziehen müssen und …
Das Zittern wollte einfach nicht aufhören. Vom Kopf bis zu den Füßen rächte sich die triebgesteuerte Seite meines Körpers an mir. Er wusste, wie knapp er dem Tod entkommen war, und ließ sich weder von meinen arbeitenden Lungen noch dem pochenden Herzen verarschen. Michail hatte diesen Zustand „Hase, der im Loch bibbert“ genannt. Wann immer wir es einmal mehr aus einer brenzligen Situation geschafft hatten, hatte er ein langes, kompliziertes nissisches Gebet gesprochen.
Ich dagegen, ich schlotterte nur. Und schlotterte weiter.
Ich hängte den Mantel an einen Haken und zwang mich dazu, mich zu bewegen. Meine Waschküche war in einem freundlichen, strahlend hellen Gelb gestrichen. Das Sonnenschwert war wieder bei Galina. Dort würde es sich morgen im Gewächshaus einen ganzen Tag lang mit der Energie der Wüstensonne aufladen. Sie hatte kein Wort gesagt, nur die Augen aufgerissen und das Schwert ohne jeden Kommentar entgegengenommen.
Ich war nicht lange bei ihr im Laden geblieben. Wahrscheinlich, weil ich erwartete, dass jeden Moment die nächste Katastrophe über mich hereinbrechen würde. Ich war völlig fertig mit den Nerven.
Der Boden hier war gefliest, also griff ich mir den Schlauch und spritzte sowohl den Mantel als auch die Fliesen ab. Als das Wasser endlich klar floss, bibberte ich so schlimm, dass ich meine Hände kaum noch klar sehen konnte.
Ich schaffte es bis ins Wohnzimmer, eilte hindurch und fegte in die Küche. Der Boden unter meinen nackten Sohlen war kalt. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und holte die Flasche Scotch runter. Es klappte erst beim zweiten Versuch: Ich stieß sie vom Regal und fing sie auf.
„Steak mit Zwiebeln. Ich war mir nicht sicher, ob du welche magst, aber ohne fehlt einem Steak einfach was. Du brauchst Proteine.“ Saul klang erstaunlich ruhig. „Und Salat. Wir haben kein frisches Brot mehr, also gibt es nur Toast mit Butter aus dem Laden. Tut mir leid.“
Ich drehte den Verschluss auf. Warf einen Blick auf die Gläser im Regal unter dem Schnaps.
Scheiß drauf.
Ich nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Der Großteil an Alkohol läuft einfach durch mich durch – weil mein Stoffwechsel mittlerweile so schnell ist. Es war echt eine Schande, denn betrunken zu sein klang wirklich verlockend.
Ich setzte die Flasche ab. Musste Luft holen. Dann hob ich sie wieder an und nahm noch einen Schluck. Es brannte wie die Hölle, und endlich konnte ich eingestehen, was mir so große Sorgen machte.
Ach, und, Jill, meine hübsche kleine Julian, hast du auch nur annähernd eine Vorstellung davon, was du
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