Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke
Augustiner Edelstoff im Kofferraum zeigt: »Ou wou wou, was ham mir denn da?«
Aber ein paar Schilder an der Autobahn wären nicht schlecht. Auf Wiedersehen in Niederbayern. Willkommen in der Oberpfalz. Oder eine Durchsage der siebengescheiten Stimme im Navigationsgerät: »Sie überschreiten die Grenze zur Oberpfalz, wenn möglich, bitte wenden.«
Nein, Blödsinn, wir wollen ja in die Oberpfalz, in jenen bayerischen Regierungsbezirk, den neun von zehn Schulkinder bei der Aufzählung regelmäßig vergessen. Und was die Orientierung anbetrifft, da halten wir uns einfach an die Schilder von Autobahnausfahrten. Schließlich kommen wir ja nicht auf der Brennsuppe dahergefahren.
Abensberg ist noch Niederbayern, Bad Abbach ist noch Niederbayern, Pentling … ist des jetzt …? Moment! Pentling! Da hat doch »unser« Papst gewohnt, als er noch keiner war, oder? Schnell entschlossen fahren wir von der A 93 ab. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir das Papsthaus nicht finden könnten, in dem der Kardinal Joseph Ratzinger, der stille Star so mancher von uns geschriebenen Kabarettnummer, während seiner Regensburger Jahre bis 1977 gewohnt hat.
Na bitte, da haben wir’s doch schon! Kaum in Pentling angekommen, sehen wir auch schon einen großen, weißen Wegweiser. »Haus Benedikt« steht drauf. Das geht ja schneller als erwartet, wunderbar. Aber der Weg führt nur in eine Sackgasse. Dort erweist sich das »Haus Benedikt« als Seniorenwohnheim, direkt neben dem Feuerwehrhaus, und der, nach dem wir suchen, wohnt nachweislich in einem anderen Seniorenheim namens Vatikan. *
Während Helmut weiter durch den Ort fährt, führt Thomas eine mobile Internetrecherche durch, findet auf die Schnelle aber nur einen Forumsbeitrag, in dem eine Frau auf die Frage nach dem Papsthaus in Pentling kundtut, dass sie dessen Adresse sehr wohl kenne, sie aber auf keinen Fall öffentlich machen wolle. Fürchterliche Übergriffe hätten nämlich dort stattgefunden, fanatische Gläubige und Souvenirjäger aus aller Welt hätten im Garten des armen Papstes nicht nur Blumen abgezupft, sondern ganze Zaunpfähle ausgerissen und sogar Wasser aus der Regentonne gestohlen. Wasser! Ein echtes Problem in der von zunehmendem Wüstenklima gekennzeichneten Oberpfalz. Oder wollte sich da jemand ein ganz spezielles Weihwasser ergaunern? Diese Frage beantwortet die geheimnisvolle Forumsfrau natürlich nicht, aber dafür erfahren wir, dass der Papst in spe vor seinem Haus sogar einmal vom Hund der Nachbarin gebissen wurde. Sie wisse das genau, die Forumsfrau, weil die Hundebesitzerin eine Freundin von ihr sei.
»Wenn dich ein Hund in die eine Wade zwickt, halte ihm auch die andere hin«, murmeln wir, und dann liest Thomas weiter aus dem Beitrag vor:
Jetzt hätten die anderen Nachbarn des Hauses sich gleichfalls einen Schäferhund angeschafft, der auch noch die Schutzhund-Prüfung macht. »Warum wohl?«, fragt die Schreiberin suggestiv, und als eine erweiterte Suche im Internet auch noch ergibt, dass der eigens zum Schutz des Papsthauses angeschaffte Wachhund angeblich ein Nachfahre des vierbeinigen Fernseh-Superstars Kommissar Rex sei, ist uns klar: Dieses Haus muss gefunden werden, koste es, was es wolle.
Aber wo mag es sich nur verstecken?
Wir ziehen unsere Suchschleifen durch den Ort. Alles hier scheint auf einmal eine ganz andere, neue Bedeutung zu bekommen, auch die banalsten Dinge des Alltags. Sind sie allesamt am Ende Bruchstücke eines geheimen Codes, dessen einziger Zweck es ist, Wissende zur casa papae zu führen, Nicht-Eingeweihte hingegen so lange in die Irre zu schicken, bis sie entnervt aufgeben? Was will uns die St. Nikolaus-Apotheke sagen, was die Werbung für das Bischofshof-Bier? »Das Bier, das uns zu Freunden macht« – zu Freunden des Papstes vielleicht? Was ist mit dem Gasthaus Altes Tor, dessen fehlerhaften Frakturschriftzug man auch als »Alter Tor« lesen könnte? Sollte hier am Ende das Papsthaus sein? Nein! Solche Respektlosigkeit gegenüber dem bekanntesten Ehrenbürger Pentlings ist schlicht weg unvorstellbar.
Langsam durch den Ort rollend, halten wir in den Schaufenstern von Bäckereien, Schreibwarengeschäften und Versicherrungsagenturen Ausschau nach winkenden, segnenden oder betenden Päpsten. Wer schon einmal in Marktl am Inn, dem Geburtsort von Joseph Ratzinger, war, der weiß, was mit einer bayerischen Ortschaft passieren kann, die einen Papst hervorgebracht hat oder sich dies zumindest auf ihre Fahnen schreibt,
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