Damian
dieser Mann ihr zärtliche, liebevolle Dinge ins Ohr flüstert, sie unter seinen Händen dahin schmilzt und er ihr mit seinen Küssen die Luft zum Atmen stiehlt, dann vergisst Rachel alles um sich herum und jeglicher Argwohn und jegliches Misstrauen sind plötzlich wie weggeblasen. Es ist zum Verzweifeln. Damian hat eine unglaubliche Anziehungskraft auf sie und fast schämt sie sich ein wenig dafür, dass sie ihm so leicht vertraut. Wo bleibt dein Verstand?, fragt sie sich. Aber was soll der Verstand schon ausrichten, wenn das Herz nur für ihn schlägt?
Beim Frühstück plaudern sie zunächst über das, was sie im British Museum zu finden hoffen. Rachel betrachtet Damian prüfend. Er sieht müde aus und ist blass. Er versucht sich jedoch nichts anmerken zu lassen. Ab und zu erwischt sie ihn dabei, wie er nachdenklich die Augenbrauen zusammenzieht und offensichtlich über etwas grübelt. Natürlich isst er wieder nichts und begründet es mit seiner Appetitlosigkeit nach der gestrigen Nacht.
„Du sagtest eine Frau hätte Dich mit einem Erreger angesteckt. Was ist das für ein Erreger?“ Damian stellt seine Tasse Tee zur Seite und sucht nach den richtigen Worten. Ist jetzt schon die Gelegenheit gekommen ihr zu sagen, was er ist? Er schaut auf und sieht ihr prüfend ins Gesicht.
„Es war eine im wahrsten Sinne des Wortes kranke Beziehung, in der nur sie die Macht hatte“, beginnt er. „Sie hat meine Schwäche ausgenutzt, war mir in so vieler Hinsicht überlegen.“ Er sieht, dass Rachel Schwierigkeiten hat ihm zu folgen. „Sie war ein intrigantes, selbstsüchtiges Miststück, das nur darauf aus war, mich zu besitzen. Und sie wusste, sie könne mich nur unterwerfen, wenn sie mich von sich abhängig macht.“ Die Fragezeichen in Rachels Gesicht werden immer größer.
„Sie hatte diese seltene Blutkrankheit. Sie wusste es und gab sie absichtlich an mich weiter.“ Chance vertan!, zischt es höhnisch in seinem Kopf.
„Was ist das genau für eine Erkrankung und kannst Du sie weitergeben?“ Er hört die Angst und Sorge in Rachels Stimme.
„Ich könnte sie weitergeben, aber nur wenn mein Blut sich mit dem Blut eines anderen Menschen vermischt. Es ist kein Virus, wie Aids.“
„Und es gibt keine Medikamente, keine Therapie, die Dir helfen könnte?“, fragt Rachel ungläubig. Damian schüttelt den Kopf.
„Ich muss damit leben. Auf ewig.“ Rachel bestreicht gedankenverloren ihren Muffin mit Butter. Sie spürt, wie schwer es ihm fällt darüber zu reden.
„Es tut mir leid, dass Du das gestern miterleben musstest. Ich wünschte, ich hätte Dich nicht so sehr erschreckt“, gibt Damian offen zu. Rachel blickt auf und sieht in sein blasses, trauriges Gesicht.
„Ich möchte, dass Du weißt, dass ich für Dich da bin. Immer. Ich war gestern Nacht so verwirrt, weil ich mit so etwas nicht gerechnet habe“, erklärt Rachel ihm mitfühlend. „Ein Glück wusste Mrs. Handerson sofort, was zu tun ist.“
Damian nickt. Mrs. Handerson ist eine Dairun. Das sind Sterbliche, die oft aus einer langen familiären Tradition heraus den Vampiren dienen. Sie erhalten einmalig, während einer Zeremonie, Vampirblut und altern dadurch weniger schnell, als normale Sterbliche. Ihre Aufgabe war es in früheren Zeiten, den Vampiren zu helfen, während der damals noch todbringenden Tageslichtstunden. Die Vampire haben sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt und an der Evolution teilgenommen wie alles andere Leben auf Erden. Heute können Sie für eine gewisse Zeit durchaus dem Sonnenlicht ausgesetzt sein, ohne sofort zu Staub zu zerfallen. Damian kennt Mrs. Handerson nun schon seit einhundertfünf Jahren. Aber ihre Zeit geht zu Ende, er hat es an ihrem Duft wahrgenommen. Der Tod wird sehr bald nach ihr greifen.
Nach dem Frühstück fahren sie in Damians Wagen zum Museum. Damian ist fürsorglich und charmant wie immer und doch glaubt Rachel zu fühlen, dass er irgendwie unter Anspannung steht. Im Museum werden sie bereits erwartet. Man führt sie in die hergerichteten Ausstellungsräume und zeigt ihnen auf Skizzen und Folien, wie die Papyri dem Besucher dargeboten werden. Während sich Damian interessiert mit dem Museumsbediensteten austauscht, schleicht sich Rachel unbemerkt davon und geht den Weg zurück, den sie gekommen sind. Sie erreicht den Raum aus der ägyptischen Abteilung, der ihre Aufmerksamkeit ganz besonders erregt hat. Sie bleibt vor einem über einen Meter hohen grauen Stein stehen, in den
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