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Dancing Jax - 01 - Auftakt

Dancing Jax - 01 - Auftakt

Titel: Dancing Jax - 01 - Auftakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Martin war ratlos. Er warf einen raschen Blick zur Schiebetür und sah, dass Mrs Hughes sie mit aufgerissenem Mund anstarrte.
    Dann sprang Shiela auf. »Ich muss los.« Sie schlotterte. »Ich darf nicht hier sein. Aber denken Sie daran, was ich gesagt habe, okay?«
    »Geh noch nicht«, bat Martin. »Wir können im Büro des Direktors eine schöne Tasse Tee oder Kaffee trinken. Bestimmt finden wir auch noch ein paar Kekse. Lass uns in Ruhe über alles reden.«
    Die junge Frau wandte den Blick ab. Es gab nichts, was er tun konnte, um zu helfen. Er war immer ihr Lieblingslehrer gewesen und sie hatte ihr Möglichstes versucht, um ihn zu warnen. Doch er hörte nicht auf sie und glaubte kein Wort von dem, was sie sagte – und das konnte sie ihm nicht einmal übel nehmen. Sie betrachtete die kleinen Kunstwerke und Ankündigungen, die das Schwarze Brett am Empfang schmückten, und atmete ein letztes Mal den vertrauten Geruch der Schule ein. Ein schwaches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. »Hier war ich glücklich«, sagte sie leise. Dann öffnete sie die Tür des Haupteingangs und verschwand.
    Martin Baxter sah zu, wie sie durch das Außentor schritt, dann schaute er Mrs Hughes an.
    »Genau wie Amy Winehouse«, jammerte sie mit einem bedauernden Kopfschütteln.
    Der Mathematiklehrer fragte sich, wie sie das meinte. Das Gespräch mit Shiela hatte ihn davon überzeugt, dass sie im Augenblick nicht unter Drogen stand, aber ihre Paranoia und das unsinnige Gerede konnten eigentlich nur eine Folge davon sein.
    »So viel vergeudetes Talent«, erklärte die Sekretärin. »Shiela Doyle war so ein intelligentes und aufgewecktes Mädchen. Traurig, was aus ihr geworden ist.«
    »Ja, wirklich traurig«, stimmte Martin ihr zu.
    »Was hat sie da von einem Buch geredet?«
    Martin zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.« Doch die beschwörenden Bitten des Mädchens ließen ihm keine Ruhe. Er beschloss, sich Pauls Flohmarkt-Errungenschaft heute Abend genauer anzusehen.
     
    Auf dem Heimweg von der Schule, zurück zum Hafen und INK-XS, bemerkte Shiela nicht, dass sie beobachtet wurde. Eine Gestalt ganz in Schwarz trat aus ihrer Deckung hinter einem der Pressebusse und fixierte Shiela, die langsam in der Ferne verschwand.
    Queenie klappte ihren Fächer zu und klopfte sich damit in die offene Hand. »Was hast du vor, Mylady Labella?«

13
    Lockpick, der Schlüsselmeister, verfügt über Schlüssel zu jeder Tür im Weißen Schloss und trägt sie an neun scheppernden und klirrenden Ringen an seinem Gürtel. Deshalb kennt man ihn auch als den rasselnden Jangler. Kein Raum und keine Kassette kann ihm den Einlass verwehren. So geschickt ist er in der Kunst, Schlösser anzufertigen und zu öffnen, dass der Ismus ihn zum Wächter der Kronjuwelen ernannt hat. In demselben Gewölbe schläft er, Nacht für Nacht, auf einer unbehaglichen hölzernen Pritsche, umgeben von ausgestreuten Eier- und Walnussschalen, auf dass er jeden höre, der sich des nächtens anzuschleichen wagt.
     
    Die Kanzlei Hankinson and Webb war ein alteingesessenes Familienunternehmen in Ipswich, dessen Gründung ins Jahr 1911 zurückreichte. An der Old Foundry Road gelegen, galt es als respektabel, verlässlich und traditionsverhaftet. Hier gab man sich nicht mit Schadenersatzklagen tollpatschiger Klienten ab, die auf nassen Böden ausrutschten oder die falschen Leitern benutzten. Noch nicht einmal mit Scheidungen, nein, einzig mit Testamenten, Testamentseröffnungen und Nachlassverwaltung. Inzwischen gab es zwar keine Webbs mehr in der Firma – der Letzte hatte sich 1954 zur Ruhe gesetzt –, doch nur Hankinson klang wie etwas, womit man sich die Nase putzte, und Hankinson und Söhne klang einfach nur dämlich.
    An diesem Montagmorgen saß Arnold Hankinson mit einem neuen Klienten zusammen, einem gewissen Mr Rackley, der zum ersten Mal Wohneigentum erwerben wollte, und Arnold ging mit ihm gerade den Ablauf durch. Im Laufe seiner unspektakulären Karriere hatte er das schon über tausendmal gemacht. Bereits in seinen frühen Vierzigern war er Teil der Einrichtung geworden und war um ein Haar so dürr wie der Hutständer neben seiner Bürotür, der seinen Hut und seinen Mantel mit mehr Elan trug, als Mr Hankinson je besitzen würde.
    Seine eintönige, leiernde Stimme lullte den Klienten ein, dessen Augenlider immer wieder zufielen und der seine Aufmerksamkeit infolgedessen anderen Dingen zuwandte. Das Büro war ein Sammelsurium an Akten und überquellenden Schubladen. Ganze

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